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Schattenbruch

Schattenbruch

Titel: Schattenbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markolf Hoffmann
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Cornbrunn schüttelten sie ab und traten näher an die Weide heran. Der Großmerkant griff ein Büschel der Zweige und teilte das Dickicht.
    Am Stamm lehnte ein Mann; er war dürr, sein Gesicht sonnengebräunt und mit Bartstoppeln übersät. Seine Kleidung war zerrissen, das lange Haar ebenso zottig wie das Geflecht der Weidenruten. Er blinzelte den beiden Troubliniern zu.
    »Ich habe die zwei aus dem Teich gezogen. Sie plumpsten hinein, als sie miteinander stritten.« Er lächelte. Grimm und Knauf rasten auf ihn zu, schnaubten begeistert, als er sich niederkniete und sie an seinen Fingern lecken ließ. »Kluge Kerlchen. Sie wissen, daß ich sie gerettet habe.« Aelarian räusperte sich. »Eure großherzige Absicht in Ehren, aber Kieselfresser kommen in der Regel gut im Wasser zurecht. Sie sind in den Sümpfen aufgewachsen und können schwimmen wie Fische.« »Kieselfresser …« Der Mann zwinkerte erneut. »Solche Geschöpfe sehe ich zum ersten Mal. Sie sind niedlich, nicht wahr, meine Freunde?« Die Schatten der Zweige huschten über sein Gesicht und verliehen seinen Zügen etwas Maskenhaftes. Nun sahen Aelarian und Cornbrunn mehrere Holzstäbe, die vor dem Fremden im Moos steckten; sie hielten feine Scherenschnitte aus dunklem Papier - filigrane Figuren, Männer, Frauen, Tiere, allesamt sorgfältig gefertigt. Grimm schnüffelte an ihnen, stupste sie vorsichtig mit der Schnauze an. Der bewegliche Arm eines Scherenschnitts fiel samt dem an ihm befestigten Hölzchen herab, und Grimm sprang erschrocken zurück.
    »Dann seid Ihr der Bewohner dieses Parks«, sagte Aelarian, ohne sich näher in den Schatten der Weide zu wagen. »Wir haben uns schon gefragt, wer wohl an diesem wunderlichen Ort lebt.«
    »Wunderlich, ja, das ist er wohl.« Der Fremde hielt die Hand vor seine Augen, als wollte er sie vor dem Licht schützen. »Aber er gefällt Euch, nicht wahr? Er ist nicht mehr so schön, wie er einst war, doch schlägt er noch immer alle Besucher in den Bann.«
    Cornbrunn drängte sich an Aelarians Seite. »Kümmert Ihr Euch allein um dieses Grundstück?« Der Mann schüttelte den Kopf. »Nein, meine Freunde helfen mir in der Nacht. Im Mondlicht fahren ihre Sensen durch das Gras, kappen ihre Messer die wilden Triebe, glätten ihre Rechen die Kieswege.« Wie zur Bebilderung nahm er einen Scherenschnitt auf; es war die Figur eines Bauern, mit einem breitkrempigen Hut und einer Sichel, sein Rücken gebeugt, das Gesicht bärtig. Die Schattenfigur ließ erstaunlich viele Feinheiten erkennen: die Scharten der Sichel, das zerzauste Ende des Bartes, der Faltenwurf des Mantels - ein filigranes Kunstwerk.
    »Eure Freunde möchten wir gern kennenlernen.« Aelarian deutete eine Verneigung an. »Mein Name ist Aelarian, und dies ist mein Gefährte Cornbrunn. Wir sind - Reisende.«
    »Reisende …« Der Fremde spielte mit dem Arm der Figur, so daß die Sense des Bauern hin- und herfuhr. »Es kommen selten Reisende nach Tula. Eigentlich nie.« Er ließ den Scherenschnitt sinken. »In welchem Nest hat man Euch von diesem Park erzählt und Euch die Richtung gewiesen, meine Freunde?«
    »Oh, das ist uns entfallen«, behauptete Aelarian. »Wir ziehen von Dorf zu Dorf, und nicht immer können wir uns die Namen all jener gastfreundlichen Weiler merken. Doch wo wir schon von Namen sprechen - wie war gleich der Eure?«
    Der Fremde zwinkerte; es schien eine lästige Angewohnheit von ihm zu sein. »Mein Name? Der ist lange vergessen und wird ungern gehört. Nennt mich einfach den Schattenspieler, denn ein solcher bin ich.« Er deutete auf die Figuren. »Ich kann euch wundersame Dinge zeigen. Kinder lieben mein Spiel, und ihre Eltern ebenso, nicht wahr, Freunde?« Er blickte auf die Kieselfresser, die seinen Worten aufmerksam lauschten. »Wo gebt Ihr denn Eure Künste zum Besten?« fragte Aelarian verwundert. »Diese Insel scheint mir doch recht verlassen zu sein.«
    »Ihr zieht von Dorf zu Dorf, könnt Euch kaum die Namen all jener Weiler merken, und haltet Tula dennoch für verlassen?« Der Schattenspieler setzte einen Schritt auf Aelarian zu; ein harziger Duft ging von seinen Kleidern aus. »Ich glaube vielmehr, Ihr seid gestrandet. Ich sah Euch von der Seeseite her kommen, und vor Tagen zog eine gyranische Flotte an Tula vorbei. Kann das ein Zufall sein?« Er schmunzelte.
    Cornbrunn mischte sich wieder in das Gespräch ein.
    »Aelarian und ich suchen nach einem Unterschlupf, werter Herr Schattenspieler; die Reise hat uns ermüdet, und zu gerne

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