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Schattenbruch

Schattenbruch

Titel: Schattenbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markolf Hoffmann
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konnte ich nichts für Euch tun. Ich mußte warten, bis der Kaiser Euch von der Eisernen Insel fortbrachte - und so ließ ich Gendor bewachen.«
    »Von den Stakern, nehme ich an.« Wieder löste sich ein Wassertropfen von der Decke, zerplatzte auf Baniters Handrücken. »Die zwielichtigen Kahnleute im Bund mit Varas Oberschicht - eine seltsame Verschwörung führt Ihr da an!« Zitternd zog er die Wolldecke empor, um sich vor der Kälte zu schützen; denn durch den Raum kroch ein kühler Luftzug, pfiff um die hervorstehenden Mauersteine. »Wie habt Ihr meine Spur aufgenommen? Ihr konntet nicht wissen, wohin mich Ulimans Gardisten bringen wollten.«
    Sinustre schürzte die Lippen. »Der Palast von Vara ist recht hellhörig - vor allem der Thronsaal. Die früheren Kaiser wußten dies, nicht aber Uliman. Denn unter dem Saal liegt eine verborgene Kammer, erbaut von unserem gemeinsamen Bekannten Sardresh; dort habe ich Eure Unterhaltung mit dem Kaiser belauscht. So wußte ich, welches Ziel die Gardisten ansteuerten: das Haus der Verschwiegenen Schwestern. Und ich wußte auch, daß Uliman kurz darauf seine Meinung änderte und Euch jenes Biest hinterhersandte, das Euch töten sollte.« »… den schwarzen Schwan«, entfuhr es Baniter. »Der Kaiser hat ihn also auf mich gehetzt. Eure Staker haben mich gerettet.« Er tastete nach der Stirn, die ebenfalls mit einem Verband umwickelt war. »Aber der Kahn! Das Metall, aus dem er gefertigt war … und die Mauer! Der Kahn glitt durch eine Mauer, durch massives Gestein! Sie hätte uns zerschmettern müssen!«
    »Ich weiß, das alles mag verwirrend für Euch sein. Deshalb wollte ich Euch damals in Gendor nichts über den Fluchtplan verraten - Ihr hättet mich für verrückt erklärt.
    Und vielleicht bin ich es auch. Dieser Ort richtet seltsame Dinge mit uns an.« Sinustre deutete um sich. »Ahnt Ihr langsam, wo Ihr seid, Baniter Geneder?«
    Der Raum erwies sich bei genauer Betrachtung als ein breiter Gang, erhellt von den Moosbrocken, die in allen Ritzen gediehen. »Ist dies das Verlies der Schriften?«
    »Ja und nein, Fürst Baniter. Der Gang ist mit dem Verlies verbunden, doch er gehört zu einem Abschnitt, der den Priestern der Tathrilya unbekannt ist.« Sie trat zur Seite. Am Ende des Ganges war eine zweite Person erschienen; langsam humpelte sie auf Baniter zu. »Es ist wohl besser, wenn Euch der Baumeister die genauen Zusammenhänge erklärt.«
    Baniter konnte ein Seufzen nicht unterdrücken, als er den Herannahenden erkannte. »Sardresh von Narva … natürlich! Ich ahnte bereits, daß wir uns hier unten wiederbegegnen.«
    Baumeister Sardresh, wie immer gekleidet in ein lottriges Rüschenhemd, schob seinen Lederhut empor und streckte grinsend die Hände nach der niedrigen Decke aus. »Ja, Baniter Geneder. Hier unten. Unter dieser Decke aus Stein sind wir alle vereint. Unter dem Himmelszelt des alten Vara. Der Stadt unter der Stadt. Der Welt unter der Welt.«
    Baniter konnte sich noch gut an das Gefasel des Baumeisters erinnern. Mehrfach hatte ihn Sardresh mit seinen Geschichten über die verborgene Stadt behelligt, die er angeblich vor Jahren mit Baniters Großvater erkundet hatte. Beweise war Sardresh ihm stets schuldig geblieben, und so hatte Baniter die Worte nicht ernst genommen. »Dann ist dies der Ort, den Ihr mir die ganze Zeit zeigen wolltet.« Baniter richtete sich auf; der Schmerz in seinem Bein raubte ihm fast den Atem. »Die Überraschung ist Euch gelungen, Sardresh. Lange habt Ihr Euch bemüht, mich in das Verlies der Schriften zu locken, selbst noch an jenem Tag, als Uliman die Fürsten ermordete. Nun habt Ihr es endlich geschafft, mich hierherzubringen«
    »Der Pfad Eurer Bestimmung. Euer Großvater hat ihn ebenfalls beschritten. Nur zu schnell. Zu unbedacht.« Sardresh ließ die Hände sinken und rieb sie genußvoll gegeneinander. »Ein zweiter Geneder wagt sich hinab in die Tiefe. Ihr werdet erfolgreicher sein als Norgon. Ihr werdet der Stadt ein neues Gesicht verleihen.«
    »Euren wirren Bauplänen habt Ihr offenbar noch nicht abgeschworen.« Baniter blickte mißtrauisch die Dame Sinustre an. »Habt Ihr mich befreit, damit ich Sardresh in sein Labyrinth der absurden Ideen folge? Ich dachte, Ihr wolltet den Aufstand gegen Uliman proben - und mich an die Spitze der Erhebung stellen.« Sinustre hob beschwichtigend die Hände. »Eines nach dem anderen, Fürst Baniter. Sardresh glaubt, daß Ihr die Kräfte des Verlieses für unsere Sache gewinnen könnt. Es

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