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Grünmantel

Grünmantel

Titel: Grünmantel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles de Lint
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Malta, August 1983

    Zu dem Zeitpunkt, als Eddie ›der Quetscher‹ Pinelli kaum fünf Stunden tot war, hatte Valenti an Bord einer Boeing 747 den Atlantik schon zur Hälfte überquert. Er nahm einen kräftigen Schluck von dem Bier, das der Steward ihm serviert hatte, und starrte aus dem Fenster in die Dunkelheit. Gewöhnlich verspürte er ein ehrliches Bedauern darüber, daß die Dinge erst so weit kommen mußten, wie es geschehen war, ehe man ihn einschaltete. Doch diesmal war es anders. Pinelli war capo in der Cerone Familie in New York gewesen, einer von Don Cerones besonderen Jungs. Aber jetzt war der Hurensohn tot, und als das einzig Besondere an ihm blieb nur die Tatsache, daß seine berühmten Finger niemanden mehr zerquetschen würden. Und das verursachte Valenti ein Hochgefühl.
    Don Magaddino war der Auftraggeber gewesen - Valentis oberster Boss. »Es geht um was Persönliches«, hatte er Valenti erklärt. »Und deshalb habe ich dich gerufen, capito? Aber die Sache bleibt unter uns, Tony, okay? Ich will dieses pezzo di merde , dieses Stück Scheiße, tot sehen - und dann sprechen wir nie mehr über die Sache.«
    Eddie war ein bißchen zu geil und hochgradig verrückt gewesen, sich mit Hilfe seiner Technik eins der Girls gefügig zu machen, die der Don für sich reserviert hatte. Valenti konnte seinen Boss gut verstehen. Für ihn war diese Sache ebenfalls eine persönliche Angelegenheit gewesen, denn Eddie war auch seinem eigenen Mädchen Beverly Grant zu nahe gekommen. Nur daß Bev danach nicht mehr aufstehen und weggehen konnte wie wenige Stunden zuvor an diesem Abend die Freundin des Dons, als er bei ihr und Eddie aufkreuzte. Bev hatte zwangsweise den freien Fall aus dem zwölften Stock geübt, und was nachher von ihr übriggeblieben war, hätte man wohl kaum gern davongehen sehen mögen. Damals schon hätte Valenti es Eddie gern auf die härteste aller Arten heimgezahlt, aber der Don hatte es ihm nicht erlaubt, und ein Soldat durfte sich ohne das Okay von oben keinen capo zur Brust nehmen. Così fan tutti - das war eben der Lauf der Welt. Aber Valenti war geduldig. Er wußte, früher oder später würde Eddie, weil er ein solches Arschloch war, dafür zahlen. Valenti hatte nur ein wenig warten müssen.

    Nach der Backofenhitze des New Yorker Sommers war das Wetter auf Malta einfach herrlich. Die Luft war so klar, daß man meilenweit über die welligen Hügel mit ihren terrassenartig angelegten Feldern hinwegblicken konnte, die auf die Herbsternte warteten. Er hatte sich vom Taxi bis zum Ende der Allee fahren lassen und ging ganz gemächlich das letzte Stück bis zur Villa zu Fuß. Als er vor dem Eingang stand, nahm er die Sonnenbrille ab und fuhr sich mit den Fingern durch das dichte dunkle Haar. Dann klopfte er.
    Mario öffnete persönlich.
    »Jesus, Tony«, knurrte er, wobei sein Blick nervös über Valentis Schulter und dann über die dunkle Gestalt seines Freundes wanderte. »Was zum Teufel machst du hier?«
    Valenti lächelte. » Ciao , Mario. Das ist mir vielleicht eine Begrüßung. Komm jederzeit, wann du willst - hattest du mir doch gesagt. Also, hier bin ich, und ...«
    »Ein toter Mann - das bist du«, unterbrach ihn Mario. »Ist dir das klar?«
    »Wovon redest du überhaupt? Dir hat die Sonne hier wohl das Hirn verbrannt?«
    Mario packte ihn am Arm, zog ihn ins Haus und warf die Tür hinter ihm ins Schloß. »Ich habe eine Frau«, brummte er. »Ich habe Kinder. Wenn sie hier nach dir suchen - was wird dann aus ihnen, hey?«
    »Hast du irgendwelche Probleme, Mario?«
    »Das einzige Problem, das ich habe, Tony, bist du.« Er trat einen Schritt zurück und betrachtete prüfend Valentis Gesicht. »Du weißt von nichts, oder?«
    Valenti runzelte die Stirn. »Ich weiß nur, daß ich herkam, um dich zu sehen. Aber darüber scheinst du nicht besonders glücklich zu sein.«
    »Du weißt, daß der Quetscher tot ist?« fragte Mario.
    »Sicher weiß ich das. Ich war es, der ihn abserviert hat.«
    » Madonna mia! Du bist verrückt.«
    »Aber so verrückt nun wieder auch nicht. Magaddino hat den Auftrag gegeben.«
    »Ach ja? Und wer hat den Auftrag gegeben, ihn umzulegen?«
    »Was?«
    »Dein padrone ist tot, Tony, und man sagt, du hättest ihn erledigt. Du hättest ihn und seine Freundin - die mit den roten Haaren - erschossen, und auch den Quetscher. Ich kann dir nur sagen, ’ne Menge Leute sind darüber überhaupt nicht glücklich, capito? Sie wollen dir an die Eier, Tony - und dazu haben sie mich

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