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Schattenfehde - Verschwoerung gegen Hessen und Kurmainz

Schattenfehde - Verschwoerung gegen Hessen und Kurmainz

Titel: Schattenfehde - Verschwoerung gegen Hessen und Kurmainz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alf Leue
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Baumeister und nehmt ihm diesen Brief mit!“, befahl er zwei weiteren Soldaten, die mittlerweile hinzugekommen waren, „wir wollen ihm den Sohn seines verlorenen Freundes zeigen!“
    Es vergingen einige Minuten, bis Walther Köppler in Begleitung der entsandten Soldaten am Tor eintraf. Walther war groß und stattlich und schätzungsweise vierzig Jahre alt. Er trug gepflegte Kleidung, die ihn als durchaus gut verdienenden Mann auswies, und hielt den geöffneten Brief in seiner rechten Hand. Prüfend sah er Berthold an, ohne jedoch eine Miene zu verziehen. Berthold erschrak. Er hatte das Gefühl, diesen Mann zu kennen. Er hatte ihn schon einmal irgendwo gesehen, konnte sich aber bei allen Heiligen nicht daran erinnern, wo das gewesen sein sollte. Die Wache riss ihn aus seinen Gedanken.
    „Dieser junge Mann behauptet, der Sohn Eures Freundes zu sein und ich schätze, Ihr kennt ihn selbst nicht!“
    „Nein“, sagte Walther zu Bertholds Entsetzen, „ich kenne ihn tatsächlich nicht.“
    Der Soldat schaute Berthold grimmig an und packte ihn am Arm. Er wollte ihn schon vom Pferd ziehen, als Köppler sagte: „Halt, nicht so voreilig! Ich kenne ihn zwar nicht, aber einen Freund in Frankfurt habe ich trotzdem, zu dem dieser hier als Sohn passen könnte. Und dass ich diesen jungen Burschen hier nicht kenne, liegt wohl daran, dass ich meinen Freund seit einer Ewigkeit nicht gesehen habe, und da dürfte dieser junge Mann hier kaum älter als fünf Jahre alt gewesen sein. Also lasst ihn in Ruhe!“
    Der Soldat ließ augenblicklich Bertholds Arm los und trat einen Schritt zurück. Auch der andere, dessen Hellebarde Berthold in Schach gehalten hatte, hob die Waffe und trat zurück.
    „Nun“, sagte Walther Köppler an Berthold gerichtet, „sage du mir, warum du mich aufsuchst!“
    „Steht das denn nicht in dem Brief?“, mischte sich der Wachsoldat skeptisch ein.
    „Doch“, sagte Köppler streng, „aber zum einen geht dich mein Brief nichts an und zum anderen möchte ich das von ihm selbst hören. Und übertreib es nicht immer mit deiner Kontrolle, Harthmuth! Sei versichert, das nächste Mal, wenn du meine Briefe liest oder mich am heiligen Sonntag vom Mittagstisch wegholst, weil du selbst nicht imstande bist, Gut und Böse zu unterscheiden, werde ich dem Stadthauptmann Meldung machen!“
    Der Soldat sah betreten zu Boden und rang sich ein „Ja, Meister Köppler“ ab.
    Berthold war erleichtert. „Ich wurde von meinem Vater aus Frankfurt zu Euch gesandt. Den Inhalt des Briefes kenne ich nicht, der Mann dort“ – Berthold zeigte verächtlich auf den Soldaten – „hat ihn mir abgenommen und so konnte ich ihn Euch leider nicht persönlich übergeben, so wie ich es meinem Vater versprochen habe.“
    Der Baumeister forderte Berthold daraufhin auf, mit ihm zu kommen. Dieser stieg aus dem Sattel, nahm Calamus’ Zügel aus der Hand des Soldaten und sah diesem dabei fest in die Augen. Dann ging er mit Walther in die Stadt. Als sie das Tor passiert hatten und einige Schritte zwischen ihnen und den Soldaten lagen, sagte Walther: „Du bist verlogen, eigentümlich und rätselhaft und kommst zu einer unpassenden Zeit, aber du hast Mut und einen klaren Blick, das gefällt mir, Berthold!“
    Berthold sah Walther mit großen Augen an.
    „Woher kennt ihr meinen Namen? Ich hatte ihn euch nicht genannt.“
    „Stimmt“, entgegnete Walther, „aber er steht im Brief deines Vaters an mich.“
    Berthold schaute ihn ungläubig an.
    „Und warum hat der Soldat am Tor mir dann meine Lügengeschichte so einfach abgekauft?“
    Walther lächelte verschmitzt. „Du meinst Harthmuth, diesen Aufschneider? Weißt du, Briefe aufreißen ist eine Sache. Aber um zu verstehen, was darin steht, müsste man auch lesen können.“
    „Er kann gar nicht lesen und hat nur so getan?“
    „Sicher. Meinst du, sonst hätte er uns die Geschichte ohne weiteres geglaubt?“, lachte Walther.
    „Komm jetzt. Irmgard hat dich ja auch schon eine Ewigkeit nicht gesehen.“
    Die beiden gingen schweigend in östlicher Richtung durch die verwinkelten Gassen von Babenhausen. Berthold hatte dabei Gelegenheit, Walther mal von der Seite, mal von hinten zu betrachten, während er mit Calamus am Zügel hinter oder neben ihm her hinkte. Er sah einen Mann in den besten Jahren, der trotz des schütteren Haares immer noch eine jugendliche Ausstrahlung hatte. Seine schwieligen Hände erzählten von harter Arbeit, obwohl sie aus gutem Zwirn hervorlugten. Ein kleiner

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