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Schattenfehde - Verschwoerung gegen Hessen und Kurmainz

Schattenfehde - Verschwoerung gegen Hessen und Kurmainz

Titel: Schattenfehde - Verschwoerung gegen Hessen und Kurmainz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alf Leue
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Speckgürtel um die Hüften unterstrich Bertholds Vermutung, dass Walther einerseits gutem Essen nicht abgeneigt war und sich dies andererseits auch – zumindest dann und wann – leisten konnte.
    Der Baumeister legte ein forsches Tempo vor und nahm keine Rücksicht auf Bertholds lahmes Bein. Kleine Schweißperlen bildeten sich auf Bertholds Stirn. Sie waren vom Stadttor, das am westlichen Rand der Stadtmauer lag, schnurstracks in die entgegengesetzte Richtung gelaufen. Nun waren sie in der Mitte der Stadt angekommen, wo sich die Gasse zum Marktplatz hin öffnete und eine schlichte, aber einladende Kirche auf der linken Seite stand. Walther schwenkte jetzt nach rechts und ging mit Berthold durch eine schmale Seitengasse. Fachwerkhäuser flankierten die Seiten, fast so wie in Langen. Nach etwa zweihundert Schritten blieb Walter stehen. Das Wohnhaus des Baumeisters war aus rotem Bruchstein gebaut und anderthalb Stockwerke hoch. Die Stallungen und das Lager, die linker Hand an das Gebäude grenzten, waren aus Holz und ruhten ebenfalls auf einem Fundament aus Bruchstein.
    „Da sind wir“, sagte Walther, „hier bin ich zu Hause. Ich hole Petz, damit er dein Pferd versorgt.“
    Doch Petz hatte die Ankömmlinge bereits gesehen und öffnete das angelehnte Stalltor mit einem knarrenden Geräusch. Plötzlich stand er vor ihnen. Berthold musste im ersten Moment furchtbar erschrocken aus der Wäsche geschaut haben, denn Petz grinste breit. Es war für ihn nicht das erste Mal, dass sein Gegenüber bei seinem Anblick erschrak.
    Petz war ein wirklich hünenhafter Mann, der den auch nicht gerade kleinen Berthold um mehr als eine Kopflänge überragte. Er trug ein zerschlissenes, schmutziges Arbeitshemd aus grobem Leinen, das bis zum Bauch geschlitzt war und leidlich durch Lederriemen zusammengehalten wurde. Durch den Ausschnitt sah man das dichte, krause Brusthaar, das fast bis unters Kinn wuchs und in einen wilden Bart überging. Das Erschreckendste an seiner Erscheinung war jedoch die fingerbreite Narbe, die sich von der linken unteren Gesichtshälfte über beide Lippen, die Nase und das zugewucherte rechte Auge hinauf bis zum Haaransatz zog. Es musste die klaffende Wunde eines Schwerthiebs gewesen sein, die ihn so zugerichtet hatte. An seiner linken Hand fehlte ihm zudem der kleine Finger.
    Doch trotz seiner nicht zu verleugnenden äußerlichen Hässlichkeit war Petz ein Mann, von dem auf den zweiten Blick etwas Warmes, Beschützendes ausging. So wie eine alte, wehrhafte Burg, dachte Berthold, als er sich vom ersten Schrecken erholt hatte. Allerdings wünschte er auch keinem, sich mit diesem Mann schlagen zu müssen, denn Petz sah aus, als könne er einen Apfel mit einer Hand zerquetschen. Und treffender hätte man seinen Namen wahrlich nicht wählen können, schmunzelte Berthold, denn er erinnerte tatsächlich an einen Bären.
    „Ah, da bist du ja!“, rief Walther. „Nimm Berthold das Pferd ab und versorge es. Und wenn du fertig bist, dann bring Brennholz in die Küche. Irmgard wird uns etwas zubereiten, schließlich haben wir einen Gast.“
    Dann stutzte er und sah abwechselnd Petz und Berthold an. Beide standen sich mit offenen Mündern und starrem Blick völlig entgeistert gegenüber.
    „Alles in Ordnung?“, fragte Walther erstaunt.
    „Ja, Meister Köppler“, erwiderte Petz, der sich wieder gefangen hatte, mit einer tiefen, sabbernden Stimme, ohne den Blick von Berthold zu wenden. Dieser stand noch immer wie angewurzelt da und starrte den Hünen an. Als ihm dieser die Zügel von Calamus aus der Hand nahm, durchzuckte Berthold mit einem Mal ein Blitz und es lief ihm siedend heiß die Wirbelsäule herunter. Er hatte einen Anflug von Bitterkeit in seinem Mund. Petz lächelte kurz, wandte sich um und führte das Pferd in den Stall. Das Gefühl war weg. Ebenso schnell, wie es gekommen war, hatte es sich aufgelöst. Berthold konnte sich keinen Reim darauf machen, wusste aber von diesem Augenblick an, dass Petz etwas Besonderes war und dies nicht nur wegen seiner Gestalt.
    „Berthold, alles in Ordnung?“, wiederholte Walther seine Frage etwas lauter.
    „Ja, ja“, stammelte Berthold, „entschuldige, aber ich bin nur etwas erschrocken, wegen …“ Er hustete verlegen.
    „Ja, ich verstehe, das ist normal, da bist du nicht der Erste!“ Walther musste lachen. „Für einen Augenblick hätte ich schwören können, dass ihr euch kennt. Aber Petz hat schon so manchen braven Mann zu Tode erschreckt wegen seines Äußeren,

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