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Schattenfehde - Verschwoerung gegen Hessen und Kurmainz

Schattenfehde - Verschwoerung gegen Hessen und Kurmainz

Titel: Schattenfehde - Verschwoerung gegen Hessen und Kurmainz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alf Leue
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um wenigstens kurz zu rasten. Berthold kramte aus seinen Satteltaschen das Brot hervor, das ihm seine Mutter gebacken hatte, und brach ein Stück ab. Dann setzte er sich in das feuchte Gras und aß bedächtig.
    Irgendwie war er doch frei. Hatte seine Flucht nicht wenigstens etwas Gutes? Er spürte, dass da draußen etwas auf ihn wartete – und es waren nicht nur Gefahren. Auch sein Leben lag da draußen. Voller Ungewissheit und Zweifel, aber ohne Verpflichtungen. Vogelfrei. Frei wie ein Vogel. Ein paar Monate lange durfte er nur nicht verhungern oder ergriffen werden, dann würde Gott ihm schon einen Weg weisen. Und Etzelroth konnte ja auch nicht auf ewig nach ihm suchen. Die Zeit war Bertholds Verbündeter, nicht sein Feind.
    Als er mit dem einfachen Frühstück fertig war, stand er auf, streichelte Calamus über die Schnauze und sagte zu ihm: „Wir müssen weiter, wir dürfen noch nicht ruhen. Unser Weg ist noch weit. Aber ich verspreche dir den besten Hafer, wenn wir unser Ziel erreicht haben.“
    Berthold führte das Pferd wieder auf den Weg zurück, schwang sich in den Sattel und trabte an. Jeder Hufabdruck im morgenfeuchten Boden brachte ihn einen Schritt weiter aus der Reichweite des Dreieichenhayner Vogtes. Die Schatten der Bäume verkürzten sich zusehends und die Gegend wurde hügeliger. Dies waren die Ausläufer des Odenwaldes, der seine felsige und baumbewachsene Hand aus südlicher Richtung bis in den Rodgau ausstreckte. Manchmal blitzen hellgrün betupfte Felder und Wiesen durch die Bäume.
    Gegen Mittag lichteten sich die Bäume. Berthold verließ den Wald und gelangte auf offene, strahlend helle Felder und tiefbraune Äcker, die mit einem feinen grünen Flaum überzogen waren. Bald darauf konnte er schon die Mauern Babenhausens sehen. Die Stadt lag in einem kleinen Tal, durch das die Rodau floss, die später in den Main mündete. Beim Näherkommen sah Berthold, dass die Stadtmauer nicht so mächtig wie die von Dreieichenhayn war. Allerdings war Babenhausen auch bedeutend kleiner und politisch bedeutungsloser. Er ritt direkt auf die Mauern zu und gelangte schließlich ans Stadttor.
    „Halt!“, rief ihm ein Wachsoldat entgegen und stellte sich in den Durchgang. „Wer bist du und was willst du?“
    „Sehe ich etwa aus wie ein Lump?“, entgegnete ihm Berthold empört.
    „Nein“, erwiderte der Soldat, „ich hatte auch nicht gefragt, für was du dich hältst, sondern wer du bist. Ich habe Anweisung, Fremde anzuhalten. Und wenn du dich nicht ausweisen kannst, kommst du nicht in die Stadt, außer vielleicht in den Narrenturm, wenn du dich weiterhin wie ein Narr benimmst. Also?“
    Berthold begriff, dass dieser Mann nur seine Arbeit tat, und wollte Aufsehen vermeiden. Dennoch erinnerte er sich der Worte seines Vaters und log: „Ich bin Heinrich Brunner aus Frankfurt und soll einem Freund meines Vaters, dem Baumeister Walther Köppler, einen Brief übergeben, dessen Inhalt ich selbst nicht kenne.“
    Zumindest letzteres stimmte, denn Berthold hatte tatsächlich keine Ahnung, was in dem Brief stand. Der Wachmann runzelte die Stirn und sagte skeptisch: „Nun, mein junger Freund, ich kenne Walther Köppler zufällig selbst recht gut, so wie jeder hier in Babenhausen. Wir wollen sehen, ob er sich an deinen Vater erinnert. Vielleicht weiß er selbst nichts von einem Freund aus Frankfurt und dessen Sohn und wir müssen ihm das schonend beibringen.“
    Der Soldat lachte, griff mit der einen Hand Calamus am Zügel und winkte mit der anderen einen zweiten Bewaffneten herbei. Dieser kam auch sofort und senkte die Spitze seiner Hellebarde in Richtung Berthold.
    „Gebt mir den Brief!“, befahl er barsch.
    Berthold zögerte und überlegte blitzschnell, wie es wäre, wenn er den ersten Soldaten mit einem Fußtritt zur Seite befördern und den anderen einfach über den Haufen reiten würde, aber er verwarf den Gedanken wieder. Die Hellebardenspitze war nur etwa zwei Ellen von seinem Oberkörper entfernt. Und selbst wenn es geglückt wäre, hätte er die Stadtmannschaft auf den Fersen gehabt. Das konnte er immer noch versuchen, wenn es sein musste. Berthold nestelte den Brief seines Vaters unter dem Hemd hervor und gab ihn widerwillig dem Wachsoldaten. Dieser sah den Brief prüfend an, dann öffnete er ihn und las konzentriert. Berthold wäre ihm am liebsten an die Gurgel gesprungen.
    „Was fällt dir ein, anderer Leute Briefe zu lesen?“, rief er empört, doch der Soldat ignorierte ihn einfach. „Holt den

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