Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition)
Seite, in der die unterschiedlichen Geschosse mit verschiedenfarbigen Federn markiert waren. Einer davon hatte schwarze Krähenfedern an seinem Schaft. Es war ein magischer Pfeil, ein Druidenpfeil, in der Lage, selbst einen körperlosen Geist zu verletzen. Es war Derriens letzter, der einzige, den die Waldläufer besaßen. Er hatte seit Beginn der Schlacht schon ungefähr ein Dutzend Gelegenheiten ausgelassen, mit ihm einen Schatten zu töten. Offenbar war es die richtige Entscheidung gewesen.
Er zog den Pfeil und hastete zurück zu Padern. »Phantom?«
»Dort drüben über dem Stall!«
»Kannst du es treffen?«
»Ja!«
Derrien reichte ihm das Geschoss. »Wir haben nur einen Versuch!«, erklärte er dabei mit eindringlicher Stimme. Nicht nur, dass sie nur diesen einen Pfeil hatten – auch lief ihnen mit rasender Geschwindigkeit die Zeit davon. Murdoch wurde immer weiter zum Westturm zurückgedrängt, und Orgetorix – »Götter!«, zischte er und rannte los.
Orgetorix war in Schwierigkeiten. Er hielt gemeinsam mit Bryce einen Schildwall quer über den Ostwall, doch mittlerweilewaren die Nain auch
hinter
ihm auf dem Wehrgang aufgetaucht. Die übrigen Schotten waren den gut ausgerüsteten Kämpfern des Feindes nicht gewachsen und fielen schnell unter deren Schwerthieben, bis die letzten schließlich brachen und panisch zurück zum Ostturm flohen, wo sie um Hilfe schreiend an die verbarrikadierte Tür klopften.
Der Wall war gefallen, stellte Derrien mit Schrecken fest. Der Wall war gefallen, die Burg stand der Armee Rushais weit offen. Die Schlacht war verloren, wenn nicht
sofort
etwas passierte. Und der Einzige, der in Reichweite des Ostwalls war, war er selbst. Es lag an ihm.
»Morrigan und Dagda«, flüsterte er mit rauer Kehle und zog seine Klingen.
Damit lief er den Wehrgang weiter und umrundete den Ostturm. »AUS DEM WEG!«, schrie er die übrig gebliebenen Schotten an und warf sich brüllend den Nain entgegen.
Waldsegen
fuhr herab, schlug ein zur Parade erhobenes Schwert zur Seite,
Steinbeißer
stieß zu und biss sich tief zwischen zwei Rippen des Nain. Derrien verdrehte die Klinge und riss sie zurück, während er
Waldsegen
einen Angriff parieren ließ. Der verletzte Nain taumelte röchelnd davon, während sein Gefährte weiter nach vorne preschte. Derrien fing seine zweite Attacke mit
Steinbeißer
auf und ließ die Klinge zur Seite abgleiten, so dass
Waldsegen
allen Platz der Welt hatte. Die Spitze bohrte sich durch die Kehle des Mannes, der in einer Wolke seines eigenen Blutes zu Boden ging. Brüllend preschte Derrien weiter nach vorne, nahm nur am Rande wahr, wie sich die Nain auf dem Wall verwandelten, ihre verhungerten, grauen Schattengestalten annahmen. Es war ihm egal, es war
Waldsegen
und
Steinbeißer
egal, die Klingen töteten Schatten und Fomorer gleichermaßen. Er sprang vor einem wuchtigen Axthieb zurück, der sich vor ihm in das Holz des Wehrganges grub, dann nahm
Waldsegen
den Unterarm des Schatten, bevor Derrien die kreischende Kreatur mit einem Tritt über das Geländer in den Burghof beförderte. Er tötete zwei weitere, einen kleinen Schatten, der sich fälschlicherweise auf dieQualität seines Kettenhemdes verließ, und einen massigen Fomorer, der nicht rechtzeitig zurückweichen konnte.
Dann stand er plötzlich über Orgetorix. Der Anblick saugte ihm die Wut aus den Knochen. Ein langer Speer hatte, von hinten kommend, durch sein Kettenhemd hindurch seine Brust durchstoßen und die Ketten auf der Vorderseite erneut durchdrungen. Er lehnte halb gegen die Brustwehr, vom Speer fast aufrecht gehalten, regungslos, leblos. Von der Speerklinge – ein Meisterstück mit bösartigen Widerhaken und Reißdornen – tropfte noch immer Blut. Neben ihm lag Bryce auf dem Boden, sein Tartan von mindestens einem Dutzend breiter Stiche durchlöchert, das MacRobert’sche blaugrüne Muster vor lauter Blut nur noch an wenigen Stellen erkennbar.
Plötzlich erklang hinter ihm ein lautes Rauschen, so eindrucksvoll, dass es sämtlichen Lärm auf der Burg übertraf, als ob ein großer Schwarm Krähen aufgeschreckt und flügelschlagend das Weite suchte. Es war das Flattern der Krähen, deren Geister einem Druidenpfeil die Magie verliehen. Die Zeit schien innezuhalten, als sich überall auf der Festung Krieger nach dem Ursprung des merkwürdigen Geräuschs umsahen.
Padern stand breitbeinig auf dem Südwall, den Bogen noch immer zum Schuss erhoben. Von seiner Sehne war ein unscheinbarer schwarzer Pfeil
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