Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition)
angewiderte Blicke zu. »Wir können nicht einfach –«, entgegnete Robert, doch da traf ihn Baturix’ Rückhandschlag und ließ ihn davontaumeln.
»Doch, wir können!«, knurrte Baturix. »Wenn ihr nicht wollt, dass Rieg aufsteht und uns alle tötet, werft ihr ihn runter!«
Kenzie starrte ihn entgeistert an. Als ihm jedoch klar wurde, wassein Hauptmann meinte, machte er sich hektisch an die Arbeit. Robert half ihm dabei, Baturix’ Blicken ausweichend.
»Kann sie jemand sehen?«, rief Derrien. Doch seine Frage war sinnlos. Er hatte all seine Wahrnehmungskräfte aktiviert und die Trommeln immer noch nicht entdeckt. Die Wahrscheinlichkeit, dass einer der Männer ohne diese Kräfte etwas sehen konnte, war geradezu verschwindend gering.
Als die Trommeln zu schlagen begonnen hatten, hatten sich die Nain für ein paar Momente zurückgehalten. Nun hörte Derrien die bellenden Schreie ihrer Anführer, die sie weiter die Leitern hinauftrieben. Was auch immer die Trommeln zu bedeuten hatten, der konventionelle Angriff würde jedenfalls weitergehen.
Hinter sich vernahm er hastige Schritte. »Derrien!«, hörte er Orgetorix rufen, doch er ließ sich nicht ablenken. Der Pfeil lag auf seiner Sehne, seine Wahrnehmung war aktiviert, dafür lohnte es sich zu zielen. Er suchte sich einen Mann mit Kettenhemd aus, der auf der zweiten Windung der Treppe mit seinen Leuten langsam nach oben stieg, ein Hauptmann wahrscheinlich. Derrien aktivierte die Meditation des Schützen, versenkte sich in seine Trance und schoss. Erst als der Pfeil auf den Weg gebracht war, wandte er sich um. »Was ist?«
»Was bedeuten die Trommeln?« Orgetorix wirkte noch immer frisch und munter, seine braunen Augen waren lebhaft, die beiden Zöpfe, zu denen sein Bart geflochten war, noch immer sauber und gerade. Kein Wunder, bewachte er doch den bisher unbedrängten Westwall.
»Keine Ahnung!«, erwiderte Derrien. Er warf einen Blick am Glockenturm vorbei zum Nordwall, wo inzwischen Ryans Iren angekommen waren und Murdoch verstärkten. »Aber ich erwarte nichts Gutes. Wahrscheinlich spekulieren sie darauf, dass wir –«
Ein lautes Kreischen kam aus dem Burghof und ließ sie nach unten sehen. Ein Mann im graublauen Tartan der MacRoberts stand unterhalb des Westwalls und hielt sich mit blutigen Händen und schmerzverzerrtem Gesicht seine Schläfen. Sie schwenktenbeide gleichzeitig ihre Köpfe zurück. »Kopfverletzung«, murmelte Orgetorix und tippte sich kurz an die Stirn.
»– dass wir noch Tote in der Festung haben, die sie erwecken können«, beendete Derrien den Satz, den er angefangen hatte.
»Gut, dass wir sie verbrannt haben«, stimmte Orgetorix zu. »Was ist mit den Trommeln? Haben sie aufgehört?«
Derrien sah überrascht auf. Gerade eben hatte er sie noch gehört, aber nun hatte er nur noch das merkwürdige Pfeifen im Ohr, das er manchmal von zu viel Lärm bekam. »Das ist seltsam.« Er zog einen Pfeil aus einem der bereitstehenden Kästen und legte ihn auf die Sehne. Vorsichtig sah er nach draußen.
Noch immer quollen Nain die Treppe nach oben, noch immer lieferten sich die Waldläufer des Glockenturms ein Bogenduell mit den Nain-Schützen, die hinter Felsen und Schneeverwehungen zweifelhafte Deckung gefunden hatten. Was auch immer die Trommeln zu bedeuten hatten, Derrien konnte nichts erkennen. Schnell legte er auf einen Mann an, der gerade am Treppenanfang erschien, und ließ los. Ohne das Ergebnis seines Schusses abzuwarten, ging er zurück in Deckung. »Nichts zu sehen, vielleicht haben sie tatsächlich mit unseren Toten gerechnet …«
Orgetorix schüttelte irritiert den Kopf. »Verdammter Lärm!«, schimpfte er. »Ich vergesse immer den Lärm! An alles denkt man, an das Blut, an die Angst, an das Chaos, aber den Lärm vergisst man! Ich höre kaum noch was. Noch zwei Schlachten und ich bin taub!« Er bohrte mit dem Zeigefinger im Ohr und schnippte einen Batzen Ohrenschmalz davon.
Derrien nickte. Ihm ging es ähnlich. Das Pfeifen in seinem Kopf wurde lauter und begann die anderen Geräusche der Schlacht zu überdecken. Verwundert bemerkte er zwei Männer unten im Burghof liegen, die sich vor Schmerzen krümmten, die Hände über den Ohren. Sie lagen im Süden, nahe des Torturms – zu weit entfernt, als dass sie im Kampf um den Glockenturm verletzt worden wären.
»Übernimm mal kurz!«, rief er Orgetorix zu. »Da stimmt etwas nicht!«
»WAS?«, schrie der Helvetier.
»ICH SAGTE: ÜBERNIMM HIER MAL KURZ DAS KOMMANDO!«
Damit
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