Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition)
geschnellt, umgeben von einer Wolke geisterhafter Krähen, die seinen Flug mit rauschendem Flügelschlag begleiteten.
Morrigan und Dagda!
, flehte Derrien zu den Göttern.
Plötzlich blieb der Pfeil mitten in der Luft stehen. Mit lautem Krächzen flogen die Krähen wie wild durcheinander, schienen etwas zu attackieren, was dort für Derrien unsichtbar in der Luft hing. Das ständige Pfeifen schwoll abrupt an zu einem wilden Kreischen, so laut, dass um Derrien herum Männer schreiend zu Boden gingen, Nain wie Waldläufer, die Hände über den Ohren.
Dann herrschte mit einem Mal Stille. Das Pfeifen stoppte ebenso abrupt wie das Rauschen. Nichts bewegte sich auf der Festung.
»ANGRIFF!« Derrien riss
Waldsegen
nach oben. »ANG-« Ein dumpfes Dröhnen unterbrach seinen Schrei. Verwirrt sah er sich um. »Was zum –«, fluchte er, als erneut das Dröhnen erklang, deutlich lauter als vorher.
Die Nain vor ihm auf dem Wehrgang erholten sich langsam. Sie rappelten sich auf und taumelten zurück zum Glockenturm, nur weg von ihm. Dort lehnten noch immer Leitern an der Mauer, über die frische Nain auf den Wehrgang nachstiegen.
Was auch immer dieses Krachen zu bedeuten hat
, dachte Derrien,
muss warten!
»Folgt mir!«, rief er den Waldläufern zu.
Ein drittes Mal dröhnte es auf, dieses Mal gefolgt vom lauten Krachen splitternden Holzes. Jetzt konnte er endlich die Herkunft des Lärms orten – er kam vom Glockenturm. Vom Torbogen des Glockenturms.
»Das Tor«, flüsterte er entsetzt und stellte fest, dass das Krachen nicht warten
konnte
. Schnell sah er sich nach einem seiner Hauptmänner um. Dicht hinter sich fand er Mogan, den Anführer der Bretonen, der ihm mit einer Handvoll Krieger vom Südwall hierhergefolgt war. Derrien trat vor ihn und stieß mit heiserer Stimme aus: »Halte diesen Wall, Mogan! Halte diesen Wall mit deinem Leben! Nimm deine Männer und greife diese Bastarde an! Wirf sie von unseren Mauern und halte den Wall, koste es, was es wolle!«
Der ehemalige Kapitän nickte. Der Schrecken stand ihm in den Augen, Mogan war blass, seine Stimme zitterte, als er leise antwortete: »Ja, Herr!«
»Gut!« Damit drückte sich Derrien an ihm vorbei und eilte zur nächsten Leiter, die ihn in den Burghof brachte.
»Das Tor ist zerschlagen«, erklärte Tagaris mit zufriedener Stimme. »Die Festung Trollstigen steht Euch offen.«
Das stimmte nicht ganz, befand Rushai, schließlich gab es noch das Fallgitter dahinter. Doch er machte sich nicht die Mühe, den Schattenzauberer zu korrigieren. Zu groß war seine Zufriedenheit darüber, dass sich die Dinge exakt auf die Art und Weise entwickelten, wie er sie geplant hatte. Das erste Phantom hatte dieWaldläufer so sehr abgelenkt und geschwächt, dass das zweite völlig ungefährdet zum Tor stapfen konnte. Wo noch vor wenigen Minuten ganze Schwärme von Pfeilen die Luft angefüllt hatten, hatten die Verteidiger gerade einmal zwei erbärmliche, jämmerliche Geschosse auf es abgeschossen.
Und was waren zwei Pfeile für Tagaris’ Stiergiganten?
Es ist ein zweites Phantom
, dachte Derrien,
ein von allen Göttern verdammtes zweites Phantom
! Dieses besaß jedoch sehr wohl einen manifestierten Körper. Es war ein gehörntes Monster, eine Art Minotaurus, drei Meter groß, ein in der Kälte dampfender Körper mit vor Schweiß glänzenden Muskeln, ein massiger Stierkopf auf einem sehnigen Hals auf noch massigeren Schultern. Nur die Augen, das Bunte in den wild irisierenden Augen, störten das Gesamtbild.
Derrien ließ die Sehne seines Jagdbogens los. Der Pfeil schoss durch das Fallgitter und bohrte sich bis zu den Federn in den Bauch des Monsters. Der Gigant schien es kaum zu registrieren. Grunzend warf er sich erneut nach vorne und krachte gegen das Gitter. Staub und Mörtelstückchen bröckelten aus den Wänden. Über den Fomorer-Schildwall hinter dem Minotaurus schoss eine Salve Pfeile und ließ Derrien schleunigst wieder in der Deckung des Torbogens verschwinden.
»Verdammte Scheiße!«, schrie Karanteq von der anderen Seite des Torbogens. »Er regeneriert!«
Derrien warf einen Blick durch das Tor und konnte gerade noch beobachten, wie der Pfeil aus der Wunde im Bauch des Minotaurus glitt und zu Boden fiel. »Götter!«, zischte er. »Ich habe keinen Druidenpfeil mehr übrig!« Ein magischer Pfeil würde die Regeneration eines Phantoms genauso unterbrechen wie die eines Druiden oder Schatten, doch seine Pfeiltasche war leer, was schwarze Pfeile anging. Es gab auf
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