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Schattengilde 03 - Unter dem Verrätermond

Titel: Schattengilde 03 - Unter dem Verrätermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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ärgern, dass nicht er selbst Alecs Schlüsse gezogen hatte.
    Alec hatte die ganze Zeit über Recht gehabt – und die Rhui’auros ebenso. Seit er nach Aurënen zurückgekommen war, hatte er sich so sehr in seine eigene Vergangenheit verstrickt, so sehr mit seinen eigenen Dämonen gekämpft, dass er darüber hinaus für niemanden mehr hatte von Nutzen sein können. Vielleicht aber ging die Geschichte noch viel weiter. Hatte er, als er Rhíminee den Rücken gekehrt hatte, auch seine dortige Identität, die Katze von Rhíminee, zu Grabe getragen? Ich wäre schon hundertmal ermordet worden oder aus Mangel an Aufträgen verhungert, wenn ich die ganze Zeit so gewesen wäre wie jetzt.
    Er setzte sich auf den Stuhl neben Theros ordentlich gemachtem Bett; die anderen blieben stehen.
    Nur Augenblicke später betrat Mercalle den Raum. Sich der Spannung im Zimmer wohl bewusst, nahm sie vor Thero Haltung an. »Ihr habt nach mir geschickt, Mylord?«
    »Das war ich, Feldwebel«, sagte Alec, und Seregil sah, wie er nervös mit dem Daumen über die Fingerkuppen seiner Hand strich. Alec bewunderte die Urgazhi zutiefst, und er hatte stets eine gewisse Ehrfurcht vor ihnen empfunden. Nun eine solche Beschuldigung gegen sie vorzutragen, stellte für ihn eine schwierige Aufgabe dar, umso mehr, da er sie sich selbst auferlegt hatte.
    Doch nachdem er sich einmal festgelegt hatte, verlor er nun keine Zeit.
    »Wir haben Grund zu der Annahme, dass es in diesem Haus einen Spion gibt«, erklärte er ihr. »Jemand, der die Möglichkeit hat, Königin Phoria Nachrichten zukommen zu lassen. Es tut mir leid, das zu sagen, aber der Spion könnte ein Mitglied Eurer Dekurie sein.«
    Der Feldwebel mit dem ergrauten Haar starrte ihn schockiert an, und Seregil fühlte, wie sich eine Erkenntnis eisig in sein Bewusstsein drängte. Zur Hölle, sie weiß tatsächlich etwas.
    »Ich weiß, dass das hart ist«, fuhr Alec fort. »Die Vorstellung, ein Urgazhi könnte Klia in Gefahr bringen wollen …«
    Mercalle zauderte kurz, ehe sie vor Beka auf die Knie sank. »Vergebt mir, Rittmeisterin, ich hätte nie gedacht, dass es so weit kommen würde!« Den Blick abgewandt, zog sie ihren Dolch aus dem Gürtel und bot ihn Beka mit dem Heft voran dar.
    Beka machte keine Anstalten, die Waffe entgegenzunehmen. Ihre Miene war ausdruckslos, aber Seregil erkannte den Schmerz in ihren Augen. Mühsam unterdrückte er das Bedürfnis, den Feldwebel beim Schopf zu packen und kräftig durchzuschütteln. Mercalle und Braknil waren Bekas Ausbilder gewesen, als sie seinerzeit zum Regiment gestoßen war. Beide hatten darum gebeten, unter ihrem Kommando dienen zu dürfen, als sie Offizierin. Gemeinsam hatten sie die Urgazhi-Turma auf die Beine gestellt.
    Der erste Verrat ist immer der Schlimmste, der, den man niemals wirklich vergessen kann.
    »Steh auf und erkläre dich«, befahl Beka.
    Langsam erhob sich Mercalle und nahm erneut Haltung an. »Ich bin froh, dass nun alles herausgekommen ist, Rittmeisterin. Ich will mich nicht entschuldigen, aber ich schwöre bei meiner Ehre, dass ich stets geglaubt habe, es wäre zum Besten für uns alle.«
    »Nur weiter.«
    »In der Nacht, in der Klia von Königin Idrilain mit dieser Mission betraut worden ist, hat General Phoria mich zu sich gerufen«, berichtete Mercalle. »Sie hat geglaubt, ihre Mutter würde sterben, ehe Klia ihre Aufgabe erfüllen könnte. Als ihre Erbin wollte sie einen eigenen Informanten vor Ort wissen.«
    »Aber warum du?«, verlangte Beka zu erfahren, und dieses Mal war die Trauer in ihrer Stimme unverkennbar.
    Mercalle starrte die Wand an und vermied es, ihr in die Augen zu blicken. »Phoria war meine erste Befehlshaberin. Mit allem gebührenden Respekt, Rittmeisterin, doch ich habe schon unter ihr gedient, ehe Ihr überhaupt geboren wurdet. Wir haben finstere Zeiten gemeinsam durchgemacht – und gute ebenso. Sie war dabei, als ich meinen ersten und meinen zweiten Gemahl geheiratet habe, und sie war auch dabei, als ich sie zu Grabe getragen habe. Ich bin nicht stolz auf das, was ich hier geleistet habe, aber Befehl ist Befehl, und sie hatte als Oberkommandierende das Recht, mir diesen Befehl zu erteilen. Außerdem dachte ich, sollte ich mich weigern, so würde sie jemanden anderen finden, jemanden, der weniger loyal gegenüber Klia ist. Und gegenüber Euch, Rittmeisterin. Sie hat mir lediglich aufgetragen, sie über meine Beobachtungen vor Ort zu informieren, und mehr habe ich auch nicht getan. Ich habe nie heimlich Briefe

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