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Schattengilde 03 - Unter dem Verrätermond

Titel: Schattengilde 03 - Unter dem Verrätermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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Exil irgendwann wieder aufgehoben würde.«
    Unsicher kam Seregil auf die Beine und ging auf die Treppe zu. »Später, Mydri. Ich bin müde.«
    »Bleib bei ihm«, murmelte Thero noch, aber Alec war bereits unterwegs.
    Langsam stiegen sie die Stufen zu ihrem Zimmer hinauf, Alec stets ein paar Schritte hinter Seregil. Er wollte die Hand ausstrecken, Seregil stützen, doch etwas hielt ihn zurück. Als sie ihr Zimmer erreicht hatten, legte Seregil all seine Kleider ab, kroch unter seine Decken und war beinahe sofort eingeschlafen.
    Alec blieb einen Augenblick neben dem Bett stehen, lauschte den leisen Atemzügen und fragte sich, ob er gerade Zeuge totaler Erschöpfung oder grenzenloser Verzweiflung war. Was auch immer dahinterstecken mochte, der Schlaf würde seinem Freund vermutlich gut tun, also zog er seine Schuhe aus, streckte sich neben Seregil auf dem Bett aus und legte den Arm um ihn. Seregil murmelte etwas, schlief aber ungerührt weiter.
     
    Alec schlug die Augen auf, überrascht, den Raum in beinahe totaler Finsternis und die andere Seite des Bettes verlassen vorzufinden. Erschrocken setzte er sich auf, als er ein vertrautes Lachen aus den Schatten in der Nähe des Kamins hörte. Eine schlanke Gestalt löste sich aus einem der Lehnstühle und entzündete an den glühenden Kohlen eine Kerze.
    »Ich habe es nicht übers Herz gebracht, dich zu wecken«, sagte Seregil, trat näher und setzte sich auf die Bettkante. Er hatte Kniehosen und den rostroten Umhang angelegt, und zu Alecs grenzenloser Erleichterung lächelte er. Es war ein echtes Lächeln, zärtlich und beruhigend. »Du hast das alles schwerer aufgenommen als ich, Talí«, meinte er, während er Alecs Haar liebevoll verwuschelte.
    »War es das, was du dir vorgestellt hast, als du beschlossen hast, zurückzugehen?«, fragte Alec, der sich aufsetzte und in den Zügen seines Freundes nach Anzeichen plötzlichen Wahnsinns forschte. Wie konnte er nur so gelassen bleiben?
    »Nun, da ich Gelegenheit hatte, darüber nachzudenken, denke ich, es hätte weit schlimmer kommen können. Du hast gehört, was sie gesagt haben. Ich bin jetzt ein Ausländer.«
    »Und das macht dir nichts aus?«
    Seregil zuckte die Achseln. »Ich bin schon seit langer Zeit kein richtiger Aurënfaie mehr. Der Iia’sidra und die Rhui’auros haben einen Ya’shel Khi aus mir gemacht, als sie mich in so jungen Jahren fortgeschickt haben. Aurënfaie zu sein, das war etwas, an das ich mich während all der Jahre einfach geklammert habe. Erinnerst du dich, wie ich dir endlich verraten habe, dass du ein halber Faie bist und du sagtest, du wüsstest nicht, wer du bist? Weißt du noch, was ich damals zu dir gesagt habe?«
    »Nein.«
    »Ich habe dir gesagt, du wärest noch immer dieselbe Person, die du vorher warst.«
    »Und du warst also immer schon ein Ya’shel Khi?«
    »Vielleicht. Irgendwie habe ich nie so recht hierher gepasst.«
    »Dann macht es dir gar nichts aus, dass du nie mehr zurückkehren kannst?«
    »Oh, du verstehst nicht. Ich bin kein Verbannter mehr. Brythir hat das geändert. Ich bin jetzt einer von euch und kann hingehen, wo immer ich will.«
    »Das heißt, wenn sie Gedre öffnen …«
    »Genau. Und wenn sie irgendwann beschließen, das Edikt der Trennung aufzuheben, und ich bin überzeugt, dass sie das tun werden, kann ich überall hin. Ich bin frei, Alec. Nun kann ich mir einen eigenen Namen machen, und niemand wird mich mehr den Verbannten nennen.«
    Alec betrachtete ihn zweifelnd. »Und du wusstest schon im Gebirge, dass es so kommen würde?«
    Seregils Lächeln mutierte zu einem schiefen Grinsen. »Absolut nicht.«
     
    Seregil, der den Rest der Woche im Gästehaus bei Klia verbrachte, wurde von Tag zu Tag unruhiger. Die Hoffnung, die der Rhui’auros ihm geschenkt hatte, nahm mehr und mehr ab. Nach all dem Ärger war seine Rolle in dem Spiel der Mächte nun zu Ende.
    Das zumindest glaubte er.
    Am fünften Tag der Verhandlungen erschien ein Knabe an der Tür des Gästehauses und fragte nach Seregil. Der Bursche trug keinen Sen’gai und stellte sich nicht vor, sondern übergab Seregil lediglich ein zusammengefaltetes Pergament und machte sich wieder davon.
    Von zwei Urgazhi abgesehen, die auf den unteren Stufen der Eingangstreppe Wache hielten, war niemand in der Nähe. Kaum hatte Seregil das Pergament aufgefaltet, wusste er diesen Umstand überaus zu schätzen. Die Botschaft lautete: ›Schale Auras, heute Nacht, allein, wenn der Mond im Zenit steht‹, geschrieben in einer

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