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Schattengilde 03 - Unter dem Verrätermond

Titel: Schattengilde 03 - Unter dem Verrätermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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Familie. Seht Euch nur Adzriel an. Sie ist jetzt schon eine Khirnari.«
    »Eure älteste Schwester ist eine bemerkenswerte Frau. Akaien í Solun war hocherfreut, ihr den Titel zuzuerkennen, als sie das nötige Alter erreicht hatte. Aber sei es, wie es will, der Iia’sidra wird Euch dennoch als unmündiges Bürschchen wahrnehmen und die Königin für eine Närrin halten, da sie Euch zum Gesandten gemacht hat.«
    »Wenn ich unter den Tír irgendetwas gelernt habe, dann, wie wertvoll es sein kann, unterschätzt zu werden.«
    »Manche mögen so etwas als einen Mangel an Ehre auslegen.«
    »Es ist besser, den Anschein der Ehre fehlen zu lassen und sie dennoch zu besitzen, als den Anschein zu wahren und doch ehrlos zu sein.«
    »Was für eine bemerkenswerte Einstellung«, murmelte Riagil, ehe er Seregil mit einem warmen Lächeln überraschte. »Gewiss hat Eure Anwesenheit auch ihre Vorzüge. Adzriel hat aus Rhíminee viel Gutes über Euch berichtet. Nun, da ich Euch heute im Kreise der unseren gesehen habe, glaube ich, ihre Hoffnungen waren berechtigt.«
    Er unterbrach sich und setzte wieder eine ernste Miene auf. »Ihr seid eine Art zweischneidiger Klinge, mein Junge, und als solche könnt Ihr mir von Nutzen sein. Gedre ist langsam verwelkt, seit das Edikt erlassen worden ist, wie Wein, dessen Wurzel gekappt wurde. Das Gleiche gilt für die Akhendi, die unseren Hafen früher ebenfalls zum Handel nutzten. Klia muss Erfolg haben, wenn wir überleben wollen. Der Handel mit dem Norden muss wieder ermöglicht werden. Was immer der Iia’sidra beschließt, lasst Eure Prinzessin wissen, dass die Gedre sie unterstützen.«
    »Sie zweifelt nicht daran«, versicherte Seregil.
    »Ich danke Euch. Nun werde ich heute Nacht friedlicher schlafen können. Lasst mich Euch dies hier geben, ehe ich Euch allein lasse.« Riagil zog ein Pergament aus seinem Gürtel und überreichte es Seregil. »Es ist von Eurer Schwester. Willkommen zu Hause, Seregil í Korit.«
    Seregils Kehle brannte schmerzhaft bei der Erwähnung seines richtigen Namens. Ehe er jedoch etwas sagen konnte, hatte sich Riagil schon taktvoll zurückgezogen und ihn im sanften Rascheln der Drachen allein gelassen.
    Mit dem Daumen strich er über den Baum und den Drachen in dem wächsernen Siegel und stellte sich vor, wie seine Schwester den schweren Siegelring ihres Vaters an ihrem zarten Finger trug, ehe er das Wachs mit dem Daumennagel löste und das Pergament entfaltete.
    Adzriel hatte einige getrocknete Blüten in den Brief gelegt, und er zerdrückte die verblassten roten Blütenkelche mit den Fingern und atmete ihren würzigen Duft, während er las.
    ›Willkommen zu Hause, mein lieber Bruder‹, begann der Brief, ›denn so nenne ich dich in meinem Herzen, auch wenn mir dies an jedem anderen Ort verboten ist. Mein Herz tut mir weh, da ich dich nicht öffentlich meinen Verwandten nennen darf. Wenn wir uns begegnen, so wisse, dass die Umstände mich zur Zurückhaltung zwingen, nicht aber Ablehnung meinerseits. Ganz im Gegenteil bin ich dir dankbar, dass du diese schmerzliche und gefährliche Reise auf dich genommen hast.
    Die Bitte, dich einzubinden, entsprang keiner spontanen Inspiration. Der erste Schimmer davon leuchtete schon in meinem Geist, während unserer allzu kurzen Begegnung in jener Nacht in Rhíminee. Möge Aura Nysanders bedauernswertes Khi segnen, dass er mir die Wahrheit über deine Arbeit offenbart hat. Denke an die Sicherheit unserer Verwandten, und möge Aura dich schützen, bis wir einander in Sarikali wiedersehen. Ich habe dir so viel zu erzählen, Haba. Adzriel.‹
    Haba.
    Das schmerzliche Brennen in seiner Kehle machte sich erneut bemerkbar, als er den kostbaren Brief noch einmal las und ihn sodann seiner Erinnerung anvertraute.
    »Sarikali«, flüsterte er den Papierdrachen zu.

 
9
In Aurënen
     
     
    Das Flattern kleiner Flügel weckte Seregil am nächsten Morgen. Als er die Augen aufschlug, erblickte er ein Perlhuhn auf dem Fenstersims, dessen Gefieder glänzte wie poliertes Emaille. Still wünschte er, der Vogel würde eine Feder fallen lassen, doch an diesem Tag hatte er keine Gabe für ihn; und mit einem hell tönenden Trillern erhob er sich wieder in die Lüfte.
    Nach der Helligkeit außerhalb des Fensters zu schließen, hatten sie verschlafen. Das ferne Klimpern von Zaumzeug verriet, dass Bekas Reiter sich bereits auf die Abreise vorbereiteten.
    Trotzdem blieb er noch einen Augenblick still liegen und genoss die Behaglichkeit eines

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