Schattenherz - Fesseln der Dunkelheit
es liegt, doch die Vorstellung treibt mir die Tränen in die Augen. Konstantin zieht mich enger an sich.
„Ich bin bei dir“, flüstert er.
„ Er hat so schreckliche Dinge gesagt“, klage ich. „So entsetzliche Dinge.“
Dann weine ich los und es gibt keine Dämme mehr, die noch halten. Marcellus lässt uns allein. Ich höre, wie er sagt, dass er später alles erledigen wird, wenn wir fertig sind.
Konstantin zieht mir die blutigen Sachen aus und trägt mich ins Badezimmer. Er dreht die Wasserhähne der Wanne auf und setzt mich kurz auf der Toilette ab.
„ Ich hole dir etwas zu trinken, mein Engel.“
Es scheinen nur Sekunden zu vergehen und er ist zurück mit einem kühlen Getränk. Ich kann kaum sagen, was ich da trinke, so verfremdet schmeckt alles in meinem Mund. Aber es spült das bittere Gefühl von Galle fort.
„Willst du erst morgen fahren?“, erkundigt er sich behutsam.
„ Nein. Ich kann in diesem Bett nicht mehr schlafen.“
Er nickt. Seine Hände sind so beruhigend, seine Gegenwart so lindernd. Er badet mich, spült mein Blut und die Asche von Callistus ab. Dann wäscht und bürstet er mein Haar. Ich fühle mich wie eine Querschnittsgelähmte, die gepflegt werden muss. Meine Glieder sind schwer wie Blei und ich kehre innerlich zu mir zurück, während er mich umsorgt und ich nichts tun brauche.
Ich sehe, wie seine eigenen Gefühle ihn zerfressen.
Die Vorwürfe, weil er nicht hier war, um mich zu beschützen.
Der Hass auf einen Toten.
Die Wut, ihn nicht mehr selbst umbringen zu können.
Die Ohnmacht, weil etwas sich so zwischen uns drängen konnte.
Ich weiß, es wird Zeit brauchen, bis wir die Dämonen vertrieben haben. Mehr Zeit, als es braucht, um die Bisse zu heilen. Denn darum kümmert sich Konstantin bereits. Er leckt über jede Wunde und Abschürfung. Ein Stück weit fühlt es sich an wie ein Ritual, das mich von Callistus reinigt.
Am Ende stehen wir fertig angekleidet in der Suite. Ich weiß, dass Marcellus kommen und die Spuren beseitigen wird. All das Blut, das in vampirischen Hotels nicht einmal ungewöhnlich ist, die Kleidungsreste vom Balkon und die Indizien des Kampfes.
Desmodan fährt uns zum Flugplatz. Endlich kehren wir heim.
Dasselbe Ende des Regenbogens
Über Callistus habe ich nichts mehr gehört. Ich meide die Medien bewusst. Keine Nachrichten. Keine Zeitungen. Keine Besucher, die irgendwelchen Tratsch an mein Ohr tragen könnten. Ich gehe davon aus, dass er vermisst gemeldet wurde.
Es ist nun eine Woche vergangen seit jenem Vorfall im Hotel. Meine Knochen tun zwar nicht mehr weh, doch ich schrecke nach wie vor hoch, wenn ich Schritte hinter mir höre. Und egal, wie oft Konstantin und ich uns lieben, träume ich schlecht. Dunkle Schatten jagen mich und greifen nach mir.
Am Anfang war es schwer für mich, wenn Konstantin mich gebissen hat. Ich habe sofort Schweißausbrüche bekommen und ein unkontrollierbares Zittern. Das war der Moment, wo er aufhören und sich zurückziehen wollte.
„ Nein“, sagte ich. „Ich will nicht, dass er diese Macht über mich hat. Schon gar nicht aus dem Totenreich. Ich will nicht, dass er zwischen uns steht. Beiß mich. Es wird eines Tages aufhören.“
Langsam ebbt die Panik ab. Ich weiß, wessen Zähne ich spüre und das gibt mir die Kraft, mich zusammen zu reißen und meinen Körper daran zu erinnern, dass ich mich vor ihm nicht fürchten muss.
Es hat sich Dunkelheit in unser Paradies gestohlen und ich finde nicht genügend Licht, um alle Schatten verschwinden zu lassen. Noch nicht.
Eine Woche ist es her.
Etwas anderes beschäftigt mich nun. Ich habe es verdrängt, weil ich mit mir selbst beschäftigt war. Daran, dass mir nun andere Dinge durch den Kopf stromern, erkenne ich, dass ich auf einem Weg der Heilung bin.
Es ist kurz nach Sonnenuntergang und wir spazieren Hand in Hand durch sein Haus. Regen peitscht von draußen gegen die Fenster und es ist zu ungemütlich, um im Park zu laufen.
Dabei ist es wunderschön dekoriert. Der Dezember hat begonnen und Konstantins Angestellte haben die Bäume im Garten mit Lichterketten umwickelt. Ein Schneemann schmilzt traurig im Regen dahin. Die Karottennase liegt im Schneematsch. Wir werden einen neuen bauen, wenn die unerwartet milde Luft davongezogen ist.
„ Möchtest du ein Auto?“, fragt er mich.
Ich seufze und lächle ihn an. „Noch mehr Geschenke?“
Er hört gar nicht mehr auf, mich mit Aufmerksamkeiten zu überschütten.
„ Vielleicht willst du einen
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