Schattenkampf
ihm mit der alten ›In einem Mordermittlungsverfahren werden Sie doch sicher kooperieren‹-Nummer, und er hat sich tatsächlich einen Termin für mich freigemacht, und jetzt bin ich gerade auf dem Weg zu ihm runter.«
»Na, dann viel Spaß«, sagte Hardy. »Aber seien Sie vorsichtig.«
»Klar.« Bracco stieß ein kurzes nervöses Lachen hervor. »Ich kann es kaum erwarten.«
Allstrong und sein Anwalt, der sich als Ryan Loy vorstellte, führten Bracco durch ein Gewirr von Gängen in ein geschmackvoll gestaltetes, mittelgroßes, ovales Besprechungszimmer mit einem anscheinend eigens dafür angefertigten Tisch mit zwölf passenden Stühlen. Die Mitte des Tisches nahm ein riesiger Blumenstrauß ein; auf dem Sideboard unter den getönten Fenstern hatte jemand ein vollständiges Kaffeeservice mit Gebäck und Obst bereitgestellt. Als sich Bracco schließlich mit einer Tasse Kaffee und einem Plunder setzte,
hatte er einen unverstellten Blick auf die gesamte südliche Bay, die in der Sonne glitzerte.
Auf dem Weg in den hinteren Teil des Gebäudes hatte Jack Allstrong auf seine redselige Art den aufmerksamen Gastgeber gespielt und voller Stolz auf die Hauptquartiere der anderen Abteilungen gezeigt, die mittlerweile einen großen Teil des Tätigkeitsbereichs der Firma ausmachten - Computersicherheit, Wasserqualität, Privatisierungen, Logistikberatung, Aquakultur. Loy, eine reservierte Buchhaltertype in Anzug und Fliege, entpuppte sich dessen ungeachtet als ausgesprochen sympathisch. Alle, denen sie auf den Fluren begegneten, waren gepflegt, gut gekleidet, jung.
Loy schloss die Tür des Besprechungszimmers hinter ihnen und ging um den Tisch, um sich links neben Bracco zu setzen, während Allstrong zwei Stühle weiter rechts von ihm Platz nahm. Bracco holte sein Aufnahmegerät heraus und stellte es kommentarlos deutlich sichtbar auf den Tisch.
»Entschuldigung, Inspector.« Loy, der gerade seine Tasse hob, hielt mitten in der Bewegung an. »Aber wenn ich Sie richtig verstanden habe, sollte das ein formloses Gespräch werden und keine förmliche Vernehmung.«
»Auch so«, erwiderte Bracco in sachlichem Ton, »muss ich es aufzeichnen. Ich war der Auffassung, dass Sie uns helfen wollen. Mister Allstrong braucht keine Fragen zu beantworten, die er nicht beantworten möchte. Das ist Ihnen doch beiden klar, oder?«
Loy sah Allstrong an, worauf dieser nickte.
Bracco griff nach dem Aufnahmegerät und sprach hinein: »Hier spricht Inspector Sergeant Darrel Bracco, Dienstnummer drei-eins-eins-sieben, Fallnummern null-sechs-drei-dreifünf-vier-eins-eins und null-sieben-eins-zwei-eins-fünfneun-acht,
im Gespräch mit Jack Allstrong, einundvierzig, und seinem Anwalt Ryan Loy, sechsunddreißig. Es ist Mittwochvormittag, der neunte Mai, neun Uhr fünfundvierzig, und wir befinden uns in der Zentrale von Allstrong Security in San Francisco. Mister Allstrong, kannten Sie den Anwalt Charles Bowen?«
»Ja.«
»Wie gut kannten Sie ihn?«
»Nicht besonders gut. Ich habe mich zwei- oder dreimal in diesem Gebäude hier mit ihm getroffen, um über ein Berufungsverfahren mit ihm zu sprechen, das er anstrengen wollte.«
»In der Sache Evan Scholler.«
»Ja.«
»Warum wollte Mister Bowen Ihrer Meinung nach über diese Angelegenheit mit Ihnen sprechen?«
»Einer meiner ehemaligen Mitarbeiter, Ron Nolan, war das Opfer in diesem Fall. Scholler wurde schließlich des Mordes an ihm schuldiggesprochen.«
»Wissen Sie, womit Mister Bowen seinen Berufungsantrag begründen wollte?«
»Keine Ahnung.«
»Aber er hat zwei-, dreimal mit Ihnen gesprochen?«
»Ja. Ist das ein Problem?«
Bracco zuckte mit den Schultern. »Hat er bei jedem Ihrer Treffen über die gleichen Dinge mit Ihnen gesprochen?«
»Ja.«
»Und worum genau ging es bei diesen Gesprächen?«
»Ich glaube, er versuchte, einen Zusammenhang zwischen Nolan und einem Ehepaar herzustellen, das wenige Tage vor Nolans Tod ebenfalls ermordet wurde. Wenn ich mich recht
erinnere, versuchte er, Nolan irgendwie in diese Morde zu verwickeln, was vollkommen lächerlich ist, und das habe ich ihm auch gesagt.«
»Können Sie sich an irgendwelche speziellen Fragen erinnern, die er Ihnen gestellt hat?«
»Nein. Ich konnte ihm seine Fragen nicht wirklich beantworten. Das liegt alles schon eine Weile zurück, und es schien mir damals nicht besonders wichtig.«
»Wann haben Sie Charles Bowen zum letzten Mal gesehen?«
»Keine Ahnung. Irgendwann letzten Sommer?«
»Und wann haben Sie das letzte
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