Schattenkampf
Laufenden hielt, und obwohl Nolan und die anderen leitenden Allstrong-Mitarbeiter einhellig der Ansicht waren, dass Ahmad die amerikanische Militärpräsenz dazu nutzte, ausstehende Rechnungen mit persönlichen Feinden unter seinen ehemaligen Mitstreitern bei der Republikanischen Garde zu begleichen, änderte das nichts an der Tatsache, dass auf seine Angaben in der Regel Verlass war. Sobald die von ihm genannten Ziele ausgeschaltet waren, hatten die Granatwerferangriffe auf den Flughafen schlagartig aufgehört. Das war in etwa so weit, wie Allstrong oder Calliston gehen mussten. Inzwischen hatte Allstrong Ahmad schon
mehrere Male für ähnliche Tipps bezahlt und sich darauf verlassen, dank der von Ahmad beschafften Informationen den Aufständischen im unmittelbaren Umkreis des Flughafens immer einen Schritt voraus zu bleiben.
Mit dem heutigen Angriff hatte niemand gerechnet, aber Ahmad war kurz danach auf dem Flughafengelände eingetroffen. Und jetzt saß er in der schwülen Abendluft auf dem Vordersitz von einem von Allstrongs Konvoifahrzeugen. Ron Nolan fuhr, Evan Scholler, in schwarzem Kampfanzug und kugelsicherer Weste, bemannte mit vier Bieren in seinem Blutkreislauf und einem unguten Gefühl im Bauch den MG-Stand auf dem Dach des Fahrzeugs. Auf den Sitzen hinter ihm luden zwei schwarz gekleidete Gurkha-Kommandosoldaten ihre Waffen durch.
Der kleine Trupp fuhr durch das Haupttor. Rechts von ihnen waren die slumartigen Konturen der niedrigen Lehmbehausungen mehr zu erahnen als zu sehen. Etwa fünfhundert Meter außerhalb des Flughafengeländes schwenkte der Humvee plötzlich nach rechts von der Straße und begann durch das Niemandsland zu holpern, das zwischen dem Flughafen und dem Wohnviertel lag. Nolan schaltete die Scheinwerfer aus und ließ nur die Positionslichter an.
Evan spähte mit zusammengekniffenen Augen in die Nacht, ohne jedoch viel erkennen zu können. Inzwischen bereute er, so viel Bier getrunken zu haben. Er war zwar nicht betrunken, aber er spürte den Alkohol, und obwohl ihm Nolan versichert hatte, dass sie mit wenig oder keiner Gefahr zu rechnen hätten, sondern nur mit einem kräftigen Adrenalinstoß, hatte er dennoch darauf bestanden, dass Evan wie alle anderen eine kugelsichere Weste anlegte.
Evan glaubte, dass er am Ende vielleicht doch einen klaren
Kopf bräuchte, und wurde das beunruhigende Gefühl nicht los, seine Reflexe könnten ihn im Stich lassen, wenn es ernst wurde. Deshalb waren seine Handflächen feucht, sein Mund trocken und sein Kopf leicht benebelt. Er war ganz allein hier oben auf dem Dach des Humvee, zur Hälfte ungeschützt. Unter ihm, im Fahrzeuginnern, war nichts zu hören - und das war auch nicht gerade dazu angetan, seine Nervosität zu dämpfen.
Was machte er hier eigentlich?
Eine Minute später hatten sie das Wohngebiet erreicht. Kurz hatte Evan gedacht, der Humvee würde einfach durch einen der kleinen Hinterhöfe walzen, aber allem Anschein nach wusste Ahmad, wohin er sie lotste. Plötzlich waren sie in einer Straße, so eng, dass sie kaum hindurchpassten. Beleuchtet wurde sie nur von dem Licht, das aus den Häusern kam, aber ausgestorben war sie keineswegs. Die Einheimischen saßen und standen im Freien, rauchten und unterhielten sich - ihr Humvee lockte ein paar Kinder an, die pfeifend und um Lebensmittel und Süßigkeiten bettelnd neben dem Fahrzeug herliefen.
Wegen der vielen Fußgänger waren sie gezwungen, langsamer zu fahren. Nolan hupte von Zeit zu Zeit, hielt aber nie an, sondern bahnte sich unerbittlich seinen Weg durch die Menschenmassen und zwang die Passanten, ihm auszuweichen. Evan, inzwischen stark schwitzend, hielt die Griffe des MG fest umklammert, obwohl er Nolan zu ihm hochrufen hörte: »Immer mit der Ruhe, Mann. Hier passiert nichts. Wir sind noch nicht da.«
Sie bogen nach links, dann nach rechts, dann wieder links, und fuhren weiter namenlose und nichtssagende Straßen entlang, bis sie eine Art Marktplatz erreichten, der für die
Nacht geschlossen war und auf dem sich so gut wie niemand aufhielt. Nolan beschleunigte und fuhr in das dahinter liegende Vorstadtviertel. Auch dort waren noch Menschen unterwegs, aber nicht mehr so viele und vor allem wesentlich weniger Kinder. Nolan bog ab und hielt am Rand einer großen freien Fläche, hinter der sich eine Moschee erhob. Hier waren keine Fußgänger mehr zu sehen. Das einzige Licht und die einzigen Geräusche - Fernseher und Musik - kamen aus einem zweistöckigen Haus an der Ecke links von
Weitere Kostenlose Bücher