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Schattenkampf

Titel: Schattenkampf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Lescroart
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den Platz vor der Moschee und dann über den Marktplatz. Evan schluckte gegen die Trockenheit in seiner Kehle an, sein Magen krampfte sich zusammen, und seine Knöchel brannten weiß an den Griffen seines MG.

8
    Es war kurz nach Mitternacht, als Evan vorsichtig und leise die drei Stufen des Schlafwohnwagens hinaufzukommen versuchte. Wegen der Neuigkeiten über Tara und seiner Beteiligung an der Razzia hatte er hinreichend Anlass zu haben geglaubt, sich nach der Rückkehr zum BIAP fast eine ganze Flasche von Allstrongs Glenfiddich mit Nolan zu teilen, und entsprechend schwankte der Boden jetzt unter ihm. Er konnte es kaum erwarten, sich auf sein Feldbett zu hauen. Morgen würde er versuchen, das meiste von dem zu verarbeiten, was er heute Abend erlebt hatte, die Nachwirkungen.
    Er und seine Reservisten hatten mit den philippinischen Köchen und Zivilangestellten eine Lösung gefunden, so dass sie jetzt über einen eigenen Schlafraum mit acht Feldbetten verfügten. Als er die Tür öffnete, wurde er empfangen wie auf einer Überraschungsparty, nur dass niemand »Überraschung« rief.
    Plötzlich gingen alle Lichter an und blendeten ihn - vor allem in seinem angetrunkenen Zustand - so stark, dass er fast nichts mehr sah. Als er die Hände vor die Augen riss und wankend vor der Helligkeit zurückwich, wäre er wahrscheinlich gestolpert und aus dem Wohnwagen gefallen, hätte einer seiner Leute, Alan Reese, nicht dort gewartet, um ihn festzuhalten.
    Der Blendeffekt ließ nach, und unter heftigem Blinzeln begann Evan wieder etwas zu erkennen. Vor ihm war - einige auf ihren Feldbetten sitzend, andere stehend - seine ganze Gruppe. Marshawn Whitman, sein Sergeant und Stellvertreter, hatte, sehr zu Evans Überraschung, Habachtstellung eingenommen
und salutierte sogar, bevor er mit einer Förmlichkeit zu sprechen begann, wie er das bisher nie getan hatte. »Lieutenant«, sagte er, »wir müssen unbedingt reden.«
    Evan versuchte, sich zu konzentrieren, damit er nur noch einen Marshawn statt zwei vor sich stehen sah. Er stützte sich mit einer Hand am Türrahmen ab. Seine Zunge, ohnehin zu groß für seinen Mund, brachte nur ein einziges Wort hervor. »Jetzt?«
    »Ja, am besten jetzt«, antwortete Whitman. »Wir müssen weg von hier.«
    »Wohin?«
    »Zurück zu unserer Einheit.«
    »Zu unserer Einheit? Und wie?«
    »Das wissen wir auch nicht, Lieutenant. Aber dass wir hier sind, ist einfach nicht in Ordnung.«
    Um Zeit zu gewinnen, schaute Evan erst zu Reese, der neben ihm stand, dann zu Levy und Jefferson und Onofrio, die vornübergebeugt auf ihren Feldbetten saßen, eineiige Drillinge - die Ellbogen auf den Oberschenkeln, die Hände vor sich verschränkt - und schließlich zu Pisoni und Koshi und Fields, die mit verschränkten Armen an die Wand gelehnt standen. Egal, worum es hier ging, diese Männer waren sich einig, alle einer Meinung. Und wie es aussah, alle stinksauer.
    »Leute«, sagte Evan, »es ist nicht so, dass wir eine Wahl haben. Sie haben uns hierhergeschickt.«
    »Nicht wirklich. Sie haben uns nach Bagdad geschickt, und dann sind wir hier gelandet.«
    »Ich weiß nicht, wo da der Unterschied sein soll, Marsh.« Corporal Gene Pisoni, rotblond und umgänglich, im Zivilleben Mechaniker einer Honda-Werkstätte in Burlingame
und jüngstes Mitglied des Zugs, räusperte sich. »Wir könnten bei dem, was wir hier machen, erschossen werden. Das ist der Unterschied, Sir. Erst heute haben sie den Stützpunkt beschossen. Und unterwegs, beim Konvoidienst, hatten wir bisher einfach nur Glück gehabt.«
    »Der heute ausgehängten Liste zufolge«, fügte Reese dem hinzu, »hat es letzte Woche allein in Bagdad einhundert und sechzehn Tote gegeben. Viel länger wird uns das Glück nicht mehr treu bleiben.«
    Lance Corporal Ben Levy, der in Santa Clara Jura studierte, fiel in das Klagelied mit ein. »Wir sind jetzt fast einen Monat hier, Sir. Aber eigentlich sollte es doch nur eine vorübergehende Stationierung sein, oder?«
    Evan hatte immer noch das Gefühl, als schwankte der Boden unter seinen Füßen, aber langsam wurde er nüchtern. »Also, zuallererst, das Glück wird uns treu bleiben, Jungs, solange wir einfach vorsichtig sind. Aber ich muss euch natürlich Recht geben: Das ist nicht, weshalb sie uns in den Irak geschickt haben, da bin ich einer Meinung mit euch. Ich weiß nur nicht, was wir dagegen tun können.«
    »Reden Sie mit Calliston.« Nao Koshi war ein Software-Entwickler japanischer Abstammung, der, wie er glaubte,

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