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Schattenkampf

Titel: Schattenkampf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Lescroart
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wollten sehen, ob Mister Allstrong hier ist. Aber wenn Sie ihm sagen wollen, wer ihn zu sprechen wünscht, müssen Sie wissen, dass er hier ist. Oder sehe ich das nicht richtig?«
    Hardy startete diese sophistische Attacke auf die arme Empfangsdame nur sehr ungern, aber nach dem Mordanschlag auf Evan Scholler glaubte er, nicht mehr viel Zeit zu haben. »Bitte sagen Sie Mister Armstrong, mein Name ist Dismas Hardy und es ist extrem wichtig, dass ich baldmöglichst mit ihm spreche.« Er buchstabierte ihr seinen Namen. »Ich bin Anwalt und stelle einen Berufungsantrag in der Sache Evan Scholler, mit der er sicher vertraut ist. Bestellen Sie ihm bitte auch, dass ich da weitermache, wo ein Anwalt namens Charlie Bowen im vergangenen Sommer aufgehört hat. Wenn er gerade nicht zu sprechen ist, sagen Sie ihm, ich bin gern bereit, so lange zu warten.«

    Wie sich herausstellte, dauerte es nicht einmal eine Minute. Eine Stimme mit einem undefinierbaren Südstaatenakzent und ohne jede Spur von Nervosität, Ärger oder Angst kam aus dem Hörer. »Jack Allstrong.«
    »Mister Allstrong, mein Name ist Dismas Hardy und …«
    Ein tiefes dröhnendes Lachen. »Ja, das weiß ich bereits. Sie haben einigen Eindruck auf unsere Marilou gemacht, muss ich sagen. Und normalerweise ist sie eine verdammt harte Nuss. Sie sagt, Sie arbeiten für Lieutenant Scholler.«
    »Evan. Ja, Sir.«
    »Evan, richtig. Für mich ist er immer Lieutenant Scholler. Das war er ja auch, als er für uns gearbeitet hat.« Er machte eine Pause. »Mein Gott, diese Geschichte mit ihm und Ron Nolan, das war ja vielleicht was. In was sich manche Leute so reinreiten. Und man hätte sich kaum zwei vielversprechendere junge Männer vorstellen können. Aber ich nehme nicht an, dass Sie Gelegenheit hatten, Ron kennenzulernen.«
    »Nein, hatte ich nicht.«
    »Wirklich schade. Er war ein prima Kerl, ein großartiger Soldat und ein absolut zuverlässiger Mitarbeiter. Diese Geschichte mit ihm, das war eine absolute Tragödie, Mister Hardy, so viel steht fest. Ich weiß, zum Teil war auch die Kopfverletzung des Lieutenant schuld, weshalb ich ihm nicht in dem Maß Vorwürfe mache, wie ich das sonst vielleicht täte. Der Krieg, und da ist dieser keine Ausnahme, kann den Menschen schreckliche Dinge antun. Jeder, der an einem teilgenommen hat, wird Ihnen das bestätigen. Sind Sie Veteran, Mister Hardy?«
    »Ja, Sir. Vietnam.«
    »Na, dann wissen Sie ja, wovon ich rede. Aber in diesem Krieg wird den Soldaten, den Männern, die da drüben ihren
Kopf hinhalten, wenigstens ein gewisser Respekt entgegengebracht. Wurde auch mal Zeit, würden Sie nicht auch sagen?«
    »Ja, würde ich auch sagen«, antwortete Hardy. »Aber zum Grund meines Anrufs: Ich bin gerade dabei, für Mister Scholler einen Berufungsantrag zu stellen, um ihn aus dem Gefängnis zu holen und …«
    »Moment!« Allstrongs Stimme verhärtete sich. »Jetzt aber mal halblang. Sie sagen, Sie versuchen, den Lieutenant aus dem Gefängnis zu holen? Ich dachte immer, es stünde völlig außer Frage, dass er Ron umgebracht hat.«
    »Nun, die Geschworenen glaubten, es gebe keinen berechtigten Zweifel, was aber nicht heißt …«
    »Augenblick, Mister Hardy, bevor wir uns hier auf irgendwelche Haarspaltereien einlassen. Ich glaube, bereits in aller Deutlichkeit klargemacht zu haben, dass Lieutenant Scholler bis zu seiner Verwundung und selbst danach noch meine uneingeschränkte Hochachtung hatte. Er war ein guter Soldat, ein geborener Führer, anständig zu seinen Leuten. Aber ich glaube nicht, dass ich mich mit dem Gedanken anfreunden kann, dass jemand, der einen meiner wichtigsten Mitarbeiter - und einen sehr guten Freund noch dazu - umgebracht hat, wieder freikommt und auf die Menschheit losgelassen wird. Und schon gar nicht bin ich bereit, Ihnen bei so einem Berufungsverfahren zu helfen.«
    »Sir, ich glaube nicht, dass Evan Scholler Ron Nolan umgebracht hat.«
    »Ach ja, tatsächlich? Mit dieser Meinung dürften Sie allerdings ziemlich allein dastehen. Ich jedenfalls kenne niemanden, der das glaubt.«
    »Nicht einmal Charlie Bowen?«
    Allstrong zögerte keinen Moment. »Auch er nicht.«

    »Sie haben also mit ihm gesprochen?«
    »Ein paarmal. Das muss irgendwann letzten Sommer gewesen sein. Wann genau, weiß ich nicht mehr. Was ist übrigens aus ihm geworden? Er kommt hier eines Tages an und stellt mir alle möglichen Fragen, dass ich schon denke, er will in Berufung gehen wie jetzt auch Sie wieder, und dann hört man plötzlich

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