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Schattenkinder - im Zentrum der Macht

Schattenkinder - im Zentrum der Macht

Titel: Schattenkinder - im Zentrum der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Peterson Haddix
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sich zugetragen hatte, nachdem er bei den Talbots angekommen war: dass der Chauffeur ihn im Stich gelassen und die anderen Kinder gekidnappt hatte.
    »Er muss gleich danach hier vorbeigekommen sein und Leemitgenommen haben«, endete Trey. »Warum hat ihn niemand aufgehalten?«
    Nun sah auch Mark besorgt aus. Er antwortete nicht.
    »Der Chauffeur hat Lee nicht gekidnappt«, sagte Smits mit kläglicher Stimme. »Lee
wollte
fort. Der Chauffeur ist hier vorgefahren, stehen geblieben und hat mit Lee geredet und dann kam Lee ins Haus und hat gesagt, dass er sofort wegmuss.«
    Aus Smits’ unglücklicher Miene schloss Trey, dass Lees Fortgehen zumindest für ihn ein wenig komplizierter gewesen war als das. Unabhängig davon, was in seinem gefälsch ten Ausweis stand, war Smits ein echter Grant, aufgewachsen in unvorstellbarem Reichtum. Doch der Tod seines Bruders und dann seiner Eltern hatte ihn zutiefst verstört. Lee war für ihn ein Ersatzbruder. Wahrscheinlich hatte Smits geweint, als Lee fortging.
    »Er ist weg, während ich in der Schule war«, erzählte Mark. »Eigentlich hat Luke mir gesagt, er wäre noch da, wenn ich wiederkomme. Also warum ist er dann so schnell verschwunden?«
    Man hörte den Schmerz in Marks Stimme. Er drehte das Gesicht in den Schatten, als wolle er nicht, dass Trey oder Smits seinen Kummer bemerkten.
    Vielleicht hat sogar der hartgesottene Mark geweint, als Lee fortging
, überlegte Trey.
Um mich hat noch nie jemand geweint.
    »Glaubst du, der Fahrer hat Luke reingelegt?«, fragte Mark wütend, als habe er fest vor, seinen ganzen Schmerz in Wut umzuwandeln. »Ihm weisgemacht, dass er um jeden Preis fortmuss?«
    »Ja«, flüsterte Trey.
    Sein Flüstern schien in der stillen Scheune widerzuhallen. Die Laterne flackerte und ließ die Schatten noch unheimlicher über die Wände tanzen.
    »Luke ist zum Haus der Grants zurückgefahren«, sagte Mark mit versteinertem Gesicht und fast ebenso ausdrucksloser Stimme.
    »Wirklich?«, sagte Smits. »Das wusste ich gar nicht.«
    In seinem Gesicht sah Trey die ganze Qual und Angst des Jüngeren.
    »Ich hab Mutter und Vater darüber reden hören«, gestand Mark. »Sie wussten nicht, dass ich zuhöre. Warum . . .« Er machte eine Pause und fuhr dann mit festerer Stimme fort. »Warum, glaubst du, wollte Luke dorthin zurück?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte Trey. »Er kann es eigentlich nicht gewollt haben. Wir kamen doch gerade von dort.«
    Und wir haben dort Menschen sterben sehen. Wir wussten nicht, ob wir irgendjemandem vertrauen konnten
, dachte Trey ohne es auszusprechen.
    »Der Chauffeur war böse!«, rief Smits mit sich überschla gender Stimme. »Wenn er Lee nun verletzt hat? Wenn er ihn mitgenommen hat, um ihn umzubringen?«
    »Immer mit der Ruhe«, sagte Trey, bemüht seine eigene Panik ebenso zu unterdrücken wie die von Smits. »Wir wissen nichts über die Absichten des Chauffeurs. Wenn er Lee oder den anderen etwas hätte antun wollen, dann hätte er das tun können, bevor er uns hierher brachte.«
    »Aber vorher warst du mit im Auto«, sagte Smits schmollend. »Du hast geholfen uns zu beschützen.«
    Trey war so überrascht von Smits’ Deutungsweise, dass es ihm die Sprache verschlug.
    Euch beschützt?
, lag es ihm auf der Zunge zu sagen.
Ich hatte mehr Angst als alle anderen zusammen.
Er hatte wäh rend der gesamten Fahrt vom Anwesen der Grants zu dem der Talbots die Nase in die Grant’schen Finanzdokumente gesteckt. Die Zahlen waren ihm wie eine letzte Rettungsleine erschienen, um nicht den Verstand zu verlieren. Hatte Smits sich wirklich davon täuschen lassen und angenommen, dass Trey sich nicht vor Angst in die Hose machen würde? Dass er tatsächlich in der Lage sei, sich um andere zu kümmern?
    Hatte der Chauffeur das auch geglaubt?
    Mark betrachtete Trey skeptisch. Er machte nicht den Eindruck, als hielte er ihn für einen besonders guten Leibwäch ter .
    »Wenn dieser Fahrer wirklich ein guter Kerl war und er gute Gründe dafür hatte, meinen Bruder mitzunehmen, sollte man doch meinen, dass er dich nicht hier gelassen hätte«, überlegte Mark.
    Ja,
dachte Trey.
Genau
. Mark wurde ihm durch diese Bemerkung ein wenig sympathischer.
    »Außerdem ist er weggefahren, bevor die Uniformierten aufgetaucht sind«, sagte Trey. »Also hat er nicht um seine eigene Sicherheit gefürchtet. Er hat mich mit Absicht hier gelassen.« Allein diese Worte auszusprechen tat weh, aber Trey zwang sich dazu. Es war, als hoffe er irgendwie, dass Mark helfen

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