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Schattenkrieg

Schattenkrieg

Titel: Schattenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Saumweber
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dem Pfad. Die mysteriöse Siedlung verschwand immer wieder aus ihrem Blickfeld, wenn sich der Weg vom Ufer etwas tiefer in den Kiefernwald wand, doch nie für längere Zeit.
    Und dann war sie sich plötzlich
ganz
sicher, Stimmen gehört zu haben, vor sich und sehr nahe. Schlagartig hatte sie Angst. Was war, wenn man sie hier entdeckte? Eilig drückte sie sich in eine Hecke aus Ebereschengebüsch. Während sie besorgt abwartete, zerdrückte sie mit den Händen orangefarbene Vogelbeeren und fragte sich unsinnigerweise, wie man die Flecken der orangeroten Früchte aus der Wäsche bekommen konnte.
    Die Besitzer der Stimmen ließen nicht lange auf sich warten. Eine dunkelhaarige Frau führte einen Ochsen den Weg entlang, der einen kleinen mit Mist beladenen Wagen zog. Hacken und Schaufeln steckten im Mist, am Holzrahmen des Wagens waren weitere Werkzeuge wie Sensen und Sicheln aufgehängt. Hinter dem Wagen ging ein stämmiger Mann, der eine schwere Hanftasche auf dem Rücken trug, gefolgt von zwei weiteren, jüngeren Männern. Der Stoff ihrer Kleider war derb, ungefärbt und schmutzig und in einem merkwürdigen Stil geschnitten. Er erinnerte Keelin an den Mittelalterbasar, der vor ein paar Wochen in Inverness stattgefunden hatte. Die Männer trugen sowohl Bart als auch Haupthaar lang und zu Zöpfen gebunden und unterhielten sich auf Gälisch, das Keelin zwar erkannte, aber nicht verstand.
    Ungläubig starrte sie der kleinen Gruppe hinterher. Erst als die merkwürdigen Leute hinter einer Wegbiegung im Wald verschwunden waren, verließ Keelin verwirrt ihr Versteck und folgte weiter dem Pfad.
    Ihr Traum wurde immer absurder. Normalerweise waren ihre Nächte von Alpträumen angefüllt, teilweise unsinniges Zeug, von Monstern und Stürzen aus großen Höhen, teilweise auch Träume, gespeist von den Ereignissen ihrer Kindheit und Jugend. Ein
solcher
Traum war ihr bisher jedoch noch nie untergekommen.
    Nach nur wenigen Schritten ging der Wald plötzlich in eine Schafweide über und gab so erneut den Blick auf die Siedlung frei. Die Häuser waren aus der Nähe betrachtet nicht ganz so klein wie sie zuerst angenommen hatte. Sie war nun nahe genug, um genauere Details erkennen zu können: Balken, die knapp unter den strohgedeckten Dächern aus der Wand ragten, waren über und über mit geschnitzten Mustern verziert. An den Wänden hingen Felle und bunt bemalte Schilde, in hölzernen Gestellen lehnten Speere. Auf dem Boden verstreut lagen Arbeitsgeräte wie Fischreusen und Netze, Äxte, Hämmer, Hacken und vielerlei mehr. Im hohen Gras nahe dem Seeufer sah sie mehrere hölzerne Ruderboote. Sie hörte vielerlei Tierstimmen, von Schafen, Schweinen, Ziegen und Geflügel. In der Luft hing der Geruch von gebratenem Fisch.
    Dann flog plötzlich ein dunkelbrauner, unförmiger Ball zwischen den Gebäuden hindurch auf die Wiese.
    Keelin erstarrte.
    Der Junge, der kurz darauf aus derselben Richtung erschien, bemerkte sie nicht sofort. Er war wohl ungefähr fünf oder sechs Jahre alt, hatte langes, wirres braunes Haar und trug nur schmutzige Hosen. Keelin starrte zu ihm hinüber, während er den Ball aufhob.
    Jetzt
bemerkte er Keelin.
    Seine braunen Augen starrten über die Entfernung hinweg in die ihren. Keelin schickte ein Stoßgebet in den Himmel, doch unsichtbar zu sein – doch in diesem Moment wirbelte der Junge herum und verschwand laut rufend zwischen den Gebäuden.
    Im Bewusstsein, etwas falsch gemacht zu haben, wich Keelin zurück und rannte davon.
     
    »Hal-lo!« Die durchdringende Stimme Elaines klang so, als ob sie dieses eine Wort schon mehrmals wiederholt hätte. »Hey, was ist denn los mit dir? Bist du krank?«
    Keelin schreckte auf. Die Erinnerungen waren so wirklich, so
real
erschienen, dass sie sich ganz darin verloren hatte. Unter dem Füller in ihrer Hand hatte sich ein riesiger blauer Fleck auf der Krankenakte gebildet. Sie murmelte einen halblauten Fluch und wollte sich schon daranmachen, ein frisches Blatt für die Akte anzulegen, doch Elaine hielt sie zurück.
    »Sieh zu, dass du einen der Ärzte zu Mr. Burke schaffst. Der Mann hat vierzig Grad Fieber! Um deine Akten kümmere ich mich.«
    Noch immer benommen, nickte Keelin und stand auf. Nach kurzem Suchen fand sie Dr. Williams, der sich gerade zur Frühstückspause von der Station stehlen wollte. Maulend folgte er ihr zu Bett 316. Als er Mr. Burkes Zustand sah, wurde er plötzlich sehr ernst und befragte Keelin nach seinen Temperaturen und Pulsen in den letzten

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