Schattenlord 13 – Der Dolch des Asen
vorbereitet, so gut es ging. Gog/Magog, die sich auf Kräuterkunde verstanden, hatten ihm Mittelchen von der Oberfläche geliefert, die aufputschend wirkten und Angelas Konzentrationsfähigkeit positiv beeinflussten. Ihr Schritt war ausladend und wirkte kraftvoll, ihrer Mimik war nichts von den Anstrengungen anzumerken, die ihr Dasein sie kostete. Der Griff von Girne leuchtete energiegeladen. Die Waffe war begierig darauf, an einem Kampf teilzunehmen. Nicht zum ersten Mal fragte sich Felix, welche Art von Zauber im Dolch verarbeitet worden war und welcher kranke Geist dafür die Verantwortung trug.
Späher kamen zurückgeeilt. Sie brachten Nachrichten über Truppenbewegungen des Gegners. Einige Gog/Magog bereiteten die Informationen auf und gaben sie an Angela weiter. Sie nahm sie zur Kenntnis und gab Anweisungen. Die kräftigsten und geschicktesten Kämpfer des Heers standen an der Spitze und an den Flanken. Angela hatte vor, ihre Gegner in einer Zangenbewegung einzukesseln und sie von der ersten Sekunde an unter Druck zu setzen. Es gab keine weiterreichenden Pläne, sie setzte alles auf eine Karte, vertraute auf ihre eigenen Fähigkeiten.
Und auf eine alte Legende.
»Die Ominas-Höhle!«, raunte ein Gog/Magog, der in der vordersten Reihe spazierte, ehrfurchtsvoll. Er deutete mit seiner Rechten nach vorne, auf abfallendes Gelände, dessen Boden glatt und eisbedeckt war und das einem antiken Amphitheater ähnelte. Das Wort Ominas wurde rasch aufgenommen. Jener Begriff, den die wolfsähnlichen Kämpen mit einem Kinderreim gleichsetzten; mit der Erzählung von einem Befreier, der die Herrscher über die Gog/Magog beiseitefegte und Platz für etwas Neues schuf.
Sie alle waren mit dieser Geschichte aufgewachsen. Mit der Schilderung einer Schlacht, die so schrecklich sein würde, dass der Boden der Ominas-Höhle einem Blutsee ähneln würde und nach dem Sieg über den Feind ein Gelage stattfände, wie es die Wolfswesen niemals zuvor erlebt hätten.
Die Gog/Magog an Angelas Seite glaubten daran, dass sie in Blut waten würden. Dass sie die Legende erfüllen würden. Nun kam es nur noch darauf an, das Schlachtgeschehen, das sich über mehrere Hohlräume erstrecken würde, so gut es ging, hierher zu lenken.
Sie glitten über den rutschigen Boden abwärts, hinab in das ebene Areal. Irgendwo im Hintergrund huschten Schatten von links nach rechts. Gegnerische Spione, die nach ihnen Ausschau hielten. Nach allem, was man wusste, war Ingelau ein denkbar schlechter Stratege. Er hatte sich nach oben gerauft und gemordet, ohne eine Ahnung von Kriegsführung zu haben.
Aber wussten sie denn, was zu tun war? War Angela ausreichend bei Verstand, um ihren Gegner überlisten zu können?
»Sie kommen«, sagte Felix' Frau. »Ich spüre ihre Wut, ihre Gier. Ingelau glaubt sich im Recht und in der stärkeren Position. Er hält nichts von alten Geschichten, die mit der Ominas-Höhle in Zusammenhang stehen. Er hat nur noch seinen Blutdurst im Kopf.«
»Woher weißt du das alles?«, wunderte sich Felix.
»Es wird mir zugeflüstert. Ich kann es fühlen und schmecken und riechen. Je mehr Zeit ich in der Tiefe verbringe, desto stärker bin ich mit ihr verbunden.«
»Es ist der Dolch, nicht wahr?«
»Girne hilft mir. Er verstärkt alles, was rings um mich vorgeht. Er steckt nicht nur in mir und lässt mich meinen Körper fühlen. Er ist auch eine Art Antenne, eine Art Blitzableiter, der Emotionen aufnimmt und an mich weiterschickt.«
Angela gab weitere Befehle. Gog/Magog sprangen umher wie junge Hunde. Sie schwangen Waffen und schrien wie wild. Erst einige Worte Krasarhuus und anderer besonnener Kämpen brachten sie zur Besinnung. Sie verteilten sich gemäß den Anweisungen Angelas, versteckten sich in Nebenhöhlen und blieben angesichts ihres Temperaments bewundernswert ruhig.
Jaulen und Heulen erklangen. Die schrecklichen, Angst einflößenden Laute schienen von überall her zu kommen, immer wieder von Echos gebrochen und wiederholt. Der Feind war nahe, und er unternahm alles, um sie nervös zu machen.
»Ruhig bleiben«, sagte Angela. Sie stand aufrecht und konzentriert da, jeder Zoll ein Anführer. Nichts konnte sie aus der Ruhe bringen.
Felix war niemals zuvor so stolz auf seine Frau gewesen. Sie wirkte, als fürchtete sie weder Tod noch Teufel und als hätte sie alles unter Kontrolle.
Da waren die Feinde. Sie stürmten auf breiter Front vor, schwangen Äxte und Schwerter, brüllten sich die Seelen aus den Leibern. Sie fletschten
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