Schattenlord 13 – Der Dolch des Asen
die Zähne und geiferten, ihre Augen waren blutunterlaufen, die Felle grell und mit seltsamen Symbolen bemalt.
»Wartet!«, befahl Angela. »Lasst sie noch näher kommen!«
Die Jüngsten in ihrem Heer hielten es kaum mehr aus. Auch sie hatte der Blutdurst gepackt. Es war den wenigen besonnenen Kämpen zu verdanken, dass die Verteidigungslinie bestehen blieb.
»Jetzt!« Angela hob beide Hände. Sofort stürmten ihre Leute nach links und rechts los, um dort die Gegner abzufangen, während die zentrale Spitze mit ihr scheinbar schutz- und deckungslos blieb.
Doch dann entfesselte Angela das Chaos: Sie ließ die Eisunterlage schmelzen und nutzte sie zu ihren Gunsten. Myriaden von Kristallen schwirrten umher, von der Frau mit hektischen Handbewegungen dirigiert. Sie perforierten die vorderen Reihen der gegnerischen Gog/Magog, schlugen blutige Wunden oder hackten Glieder ab. Die Wut- gingen in Schmerzensschreie über. Dutzende von ihnen starben binnen weniger Sekunden. Die Angriffswelle geriet ins Stocken, als sich die Feinde gegenseitig behinderten und sie dieser schrecklichen Frau, die kraft ihrer Gedanken alles ringsum in Chaos ausarten ließ, unbedingt ausweichen wollten.
Angelas Krieger an den Flanken waren heran. Ohne Erbarmen zu kennen, stürzten sie sich auf ihre Gegner und begannen mit dem großen Schlachten völlig überforderter Gog/Magog, die sich diese Auseinandersetzung wohl ganz anders vorgestellt hatten.
Angela trat einige Schritte vor. Felix bemerkte, wie sich ihre Beinmuskulatur verkrampfte. Jede Bewegung tat ihr weh. Jeder Gedanke, den sie mithilfe von Alberichs Kristall in Befehle umwandelte, schädigte ihre körperliche Hülle noch mehr. Er trat an ihre Seite und stützte sie, so gut er konnte, während sie weiterwandelte und Tod säte.
Sie ließ Kristalle regnen, ertränkte Gog/Magog mit kopfgroßen Wasserkugeln, die ihre Opfer einhüllten und nicht mehr von ihnen abließen. Sie zerstach, zerhaute, zerriss und zerstörte alles, was ihr in den Weg kam. Es sah so spielerisch leicht aus. Ihre Beherrschung der Materie, ihre Reaktionen, ihr taktisches und strategisches Gefühl, der Einsatz seltsamer Magie. Es war, als hätte Angela ihr ganzes Leben lang nichts anderes getan, als sich auf diese eine Schlacht vorzubereiten, die sie zur Königin über ein Land in der Tiefe Innistìrs machen würde.
»Ingelau!«, schrie irgendjemand im Zentrum des Schlachtenirrsinns. Sein Ruf wurde rasch aufgenommen und verstärkt, bis er aus Hunderten Kehlen erklang: »Ingelau!«
Da war ihr Widersacher. Der Stellvertreter König Akurós bahnte sich seinen Weg durch die anderen Gog/Magog.
Felix erschrak. Der Primat war fast einen Kopf größer als seine Landsleute. Sein Maul riesig, die Arme muskulös, die Bewegungen grazil und kraftvoll gleichermaßen. Und er kannte keinerlei Skrupel.
Als Angela einen Hagelschauer in seine Richtung aussandte, packte er einen seiner Landsleute und nutzte ihn als lebenden Schild, der alle Attacken abfing. Als der Gog/Magog tot war und kaum mehr als Lebewesen wiedererkannt werden konnte, schnappte er sich das nächste Opfer, während er näher und näher rückte. Nichts konnte ihn aufhalten. Kein Schnee, kein Eis, kein Wasser, keine Kristallstürme.
Ingelau war wie von Sinnen, und selbst als Angela ihm mithilfe mehrerer geschleuderter Eisbrocken an einem seiner Oberschenkel eine tiefe Schnittwunde beibrachte, ließ er sich nicht aufhalten.
»Zurück, Angela!«, rief Felix und zerrte an seiner Frau. Es lagen bestenfalls noch zehn Schritt zwischen ihr und diesem Monstrum, das womöglich der Schlacht, die bereits entschieden erschienen war, eine völlig neue Richtung geben konnte.
Sie wehrte seinen Zugriff ab, trat einen Schritt vorwärts. Atmete tief ein. Blies Luft aus, die augenblicklich kondensierte und sich zu mehreren Rauchwölkchen gruppierte, die ineinandergriffen und schemenhafte Gestalten annahmen. Sie zogen umher, als entwickelten sie ein Eigenleben. Formierten sich stetig um und reagierten auf die abwehrenden Bewegungen Ingelaus, der sehr wohl begriff, dass er sich hier einem ganz besonderen Feind gegenübersah. Er hieb um sich, zerhackte die Nebelschwaden – und konnte doch nicht verhindern, dass sie sich gleich darauf wieder zusammensetzten und an Substanz gewannen.
Ingelau zerschnitt eine der Figuren, die einem Falken ähnelte. Sie verwirbelte; doch eine der Vogelklauen blieb ganz, blieb manifest – und kratzte über Ingelaus Brust. Sie hinterließ tiefe,
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