Schattenlord 5 - Sturm über Morgenröte
sie sich selbst kaum mehr überzeugen musste. So musste es geschehen.
Sie wandte sich um, da hörte sie ein merkwürdiges Geräusch.
Es klang wie ein ... Weinen? Quiekendes Schluchzen? Eine rollige Katze?
Ein nichtmenschlicher, unheimlich klingender Laut, zugleich aber auch anrührend. Laura wusste, dass es dumm war, das ging sie überhaupt nichts an. Aber sie konnte nicht widerstehen. Vielleicht hatte es mit Angela zu tun?
Sie schlich dem Geräusch nach, es kam aus dem zweiten Zimmer des Gangs neben dem Fenster. Die Tür war nur angelehnt.
Mit laut pochendem Herzen blieb Laura davor stehen und lauschte. Kein Zweifel, das unheimliche, zugleich kummervolle Geräusch kam von hier. Was mochte es sein? Vielleicht - Nidi?
Das genügte ihr. Der Schrazel durfte nicht wieder leiden, sie fühlte sich für ihn verantwortlich. Er mochte ein magisches Wesen sein und damit eigentlich besser als Laura in der Lage sein, auf sich aufzupassen, aber das galt nur für die Menschenwelt. In Innistìr lebten über neunzig Prozent magische Wesen, die anderen Fallen stellen und sich gegenseitig das Leben schwer machen konnten.
Sie stieß die Tür leicht auf, blickte in den Raum. Er war gemütlich eingerichtet, ein Wohnraum mit Übernachtungsmöglichkeit, vielleicht ein Gästezimmer. Auf den ersten Blick sah sie nichts. Der Laut schien durch die schmale Tür zu einem Nebenraum neben dem Bett zu kommen.
Laura schlüpfte endgültig in den Raum und war gerade einen Schritt weit gekommen, da knallte die Tür hinter ihr zu.
Milt und Jack traten gerade in den Gang hinaus, als Finn angeschossen kam.
»Schnell!«, rief er. »Wir müssen uns beeilen, bevor alles zusammenkracht! Folgt mir, ich habe den Schlüssel!«
»Sieht gar nicht nach einem Schlüssel aus«, bemerkte Rimmzahn, den die Neugier sofort hinausgetrieben hatte.
»Ist ein Universalschlüssel.«
Milt deutete mit dem Daumen nach hinten. »Haben wir das dir zu verdanken?«
»Glaub schon. Habt ihr sie gesehen? Ist sie nicht hinreißend?«
»Wenn man zwei Meter groß ist, hundertfünf Kilo Muskelmasse hat und Batman heißt, bestimmt.« Milt legte den Kopf leicht schief. »Denkst du, eine wie sie wird einen Grashalm wie dich bemerken?«
»Hat sie doch schon.« Finn hastete den Gang entlang und hielt vor einer Tür an. »Mann, bin ich froh, dass ihr draußen seid! Jetzt geben wir’s ihm aber, was?«
»Eins nach dem anderen«, mahnte Jack. »Nun zitter doch nicht so, soll ich das machen?«
»Ich kann nichts dafür«, behauptete Finn. »Das Ding scheint enorm geladen zu sein. Ich weiß nicht, von welchem Tier das stammt.«
Milt zog eine misstrauische Miene. »Und das soll ein Schlüssel sein?«
Cedrics Stimme dröhnte durch die Tür. »Ich unterbreche euer Kaffeekränzchen ja nur ungern, aber könntet ihr euch mal um uns kümmern?«
»Jedenfalls ist es die richtige Tür«, stellte Andreas fest.
Weiter vorn fingen die anderen Gefangenen zu lärmen an. »Vergesst uns nicht!«
Milt sah Finn nervös zu. »Weißt du denn, was du da tust?«
Der Nordire gab sich zuversichtlich. »Lass mich nur machen!«
Maurice Karys sah sich nicht minder beunruhigt um. »Wieso ist denn niemand gekommen, um nachzusehen, was passiert ist? Warum kommt keiner?«
»Die sind alle mit der Verteidigung beschäftigt!«, gab Jack zurück. »Nimmst du ernsthaft an, irgendeiner interessiert sich derzeit für ein paar Gefangene aus der Menschenwelt, die sowieso bald den Löffel abgeben? Und seien wir ehrlich, unsere Chancen haben sich nicht erheblich verbessert. Wir begeben uns im Gegenteil jetzt erst so richtig in Gefahr, weil wir unweigerlich zwischen die Fronten geraten und uns keiner leiden kann.«
»Dem stimme ich zu«, ließ Norbert sich vernehmen. Er setzte eine gewichtige Miene auf und machte sich so groß wie möglich. »Selbst wenn wir hier herauskommen, laufen wir vermutlich Leonidas und seinen Soldaten oder dem Fliegenden Holländer in die Fänge. Seien wir realistisch: In diesem Reich haben wir nirgends Freunde. Und keinerlei Ortskenntnis, weil wir nur immer irgendwo im Nebel herumstolpern und keine Karten besitzen.«
»Und kein GPS oder ein Navi«, warf Luca ein.
»Wir haben’s verstanden.« Sandra verdrehte die Augen. Nidi saß dösend auf ihrer Schulter, nach der Auseinandersetzung mit Alberich war er völlig erschöpft.
»Jetzt!«, rief Finn dazwischen. Es gab ein schnappendes Geräusch, und nicht einmal eine Sekunde später riss Cedric die Tür auf.
»Das wurde auch Zeit!«,
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