Schattenlord 5 - Sturm über Morgenröte
sie noch nie empfunden. Umso schlimmer, falls Alberich es schaffen konnte, sie auf diese Weise zu korrumpieren. Hatte er das auch mit Angela getan? Verfolgte er Laura deswegen nicht, weil er die Saat des Bösen bereits in ihr abgelegt hatte?
Nicht daran denken! Entferne dich von ihm!
Also wohin nun? In der Küche wurde noch immer gekämpft. Die Diener oben taten sicher gut daran, sich so zu verhalten, als wären sie gar nicht da. Die Iolair wollten ihnen vermutlich nichts tun, und solange Alberich nichts von ihnen verlangte, durften sie sich still verhalten.
Sie musste irgendwie nach draußen gelangen. Wenn überhaupt, hatte sie nur dann eine Chance, wenn sie sich heimlich den Iolair anschloss, um hinter die Mauer zu gelangen. Dann hatte Alberich kein Druckmittel mehr gegen Milt, und Laura wiederum konnte vielleicht mit einem der Anführer der Rebellen reden und ihn um Hilfe zur Befreiung ihrer Gefährten bitten.
Doch wenn der ablehnte, hatte Alberich jede Menge Druckmittel gegen sie, allen voran Milt.
Laura raufte sich die inzwischen reichlich verfilzten bunten Haare.
Ganz klar, warum der Drachenelf sie nicht verfolgte. Er wusste ganz genau, dass sie zu ihm zurückgekrochen kam. Dass sie nirgends hinkonnte.
Sie musste einen Weg zu Milt finden.
Laura wagte sich noch ein Stück hinab. Nur wenige Stufen weiter erreichte sie einen Treppenabsatz, von dem aus zwei weitere Treppen nach oben führten. Welche sollte sie nehmen? Welche war die sicherste?
Sie schloss die Augen und ließ den Palast auf sich einwirken. Alberich hatte gesagt, dass unter ihm eine dieser Ley-Linien verlief oder vielmehr sogar die »Hauptschlagader«. Vorsichtig streckte sie einen Arm aus, setzte dann einen Fuß vor. Wo war es kälter, wo wärmer?
Rechts wehte ihr ein kühler Wind entgegen, so kam es ihr vor. Das konnte natürlich auf einen Weg ins Freie hinweisen, aber darauf ließ Laura es nicht ankommen. Es war eine empathische Sache. Diesen Wind hatte sie zuvor nicht bemerkt.
Links. Und schnell jetzt. Laura hastete hinauf, nahm immer zwei Stufen auf einmal. Der Erbauer hatte wenigstens benutzerfreundliche Treppen geschaffen, nicht unglaublich hohe Stufen, steil und eng.
Bald erreichte sie einen Absatz, der in einer kleinen Halle endete, von dem aus verschiedene Gänge abführten. Die Treppe selbst wand sich weiter nach oben.
Laura betrat vorsichtig die Halle und trat dann zu einem Fenster. Sie befand sich im ersten Stockwerk des Hauptgebäudes und blickte auf den Hof hinunter. Linker Hand erhob sich das große Tor, das heftig umkämpft wurde. Auf dem Hof sowie auf der Portaltreppe zu diesem Gebäude war auch jede Menge los. Laura dachte angestrengt nach, was sie von ihrem Gefängnisfenster aus gesehen hatte, setzte es in das Bild ein, das sich ihr jetzt bot, und entdeckte den Seitenflügel schräg gegenüber. Dort mussten Milt und die anderen sein ... und wahrscheinlich irgendwo Finn.
Halt, nein. Da prangte in der Mauer ja ein riesiges Loch. Sollte es sich etwa um den Raum handeln, in dem sie und Milt gefangen gewesen waren? Aber ... was war da passiert? Waren Milt und die anderen etwa schon frei und ... womöglich auf der Suche nach ihr und Angela?
Es wurde immer verworrener. Ihre Zuversicht schwand dahin, von ihrer vorherigen Beschwingtheit war nichts mehr übrig. Was sollte Laura jetzt tun, wohin sollte sie sich wenden?
Sie musste nach draußen und tatsächlich versuchen, hinter das Tor zu gelangen. Wie es aussah, stand der Bruch am Tor kurz bevor, die Verteidiger zogen sich zurück. Laura sah ein schauerliches Wesen, eine Art dürre, in schwarze Fetzen gekleidete Hexe auf einem halb verwesten raffzahnigen Gaul mit Hautflügeln. Wem sie sich näherte, der floh, und wem sie zu nahe kam, der wurde zuerst in eine grüne Wolke gehüllt. Sobald diese sich verzogen hatte, lag da ein regloser, verschrumpelter Körper.
An den Riegeln der kleineren zweiflügeligen Tür machten sich zwei fliegende Schlangen zu schaffen. Ein enormes Aufgebot für den Zugang. Alberich hatte sich tatsächlich sehr gut abgesichert - nur eben nicht für Angriffe aus der Luft. Auch die Türschlösser würden bald brechen, da war Laura sicher.
Dann würden die restlichen Rebellen in Scharen hereinströmen. Wenn sie alle drin waren, würde sich die Schlacht auf den Palast konzentrieren, und Laura stand der Weg offen.
Milt und die anderen hatten bestimmt denselben Gedankengang - sie würden sich alle draußen wiederfinden.
Laura nickte bekräftigend, obwohl
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