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Schattenlord 6 - Der gläserne Turm

Schattenlord 6 - Der gläserne Turm

Titel: Schattenlord 6 - Der gläserne Turm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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früher oder später«, sagte Fokke. Andreas drehte den Kopf, sah den Kapitän jedoch erst, als er vor ihn trat. Er hielt eine Holzschatulle in der Hand, die ihn an einen Geigenkasten erinnerte. In den Deckel waren seltsam verschlungene Symbole eingearbeitet. Sie sahen fast so aus wie die Muster in Fokkes Samtwams.
    Aswig hat mich verraten, dachte Andreas. Es war die einzige Möglichkeit. Von den Seelen an Bord, die ihn einst gekannt hatten, war keine mehr in der Lage, sich an ihn zu erinnern.
    Fokke stellte die Schatulle auf eine Truhe und wischte sich die Hände an der Hose ab, bevor er sie öffnete. Sein massiger Körper verbarg, was sich darin befand.
    »Ich habe in dieser Welt noch nie jemanden getroffen, der Andreas heißt«, fuhr er fort. »Deshalb war es sehr wahrscheinlich, dass du aus der gleichen Welt stammst wie ich. Und wer sind die Einzigen, die seit langer Zeit von dort gekommen sind?«
    Er drehte sich um. In einer Hand hielt er eine neunschwänzige Katze. Die Peitsche funkelte golden im Licht der Öllampen, und Andreas sah, dass jeder einzelne Strang aus dünn geschmiedeten Ketten bestand.
    »Das weißt du so gut wie ich.«
    Fokke entrollte die Peitsche mit einer kurzen Bewegung seines Handgelenks. Sie klirrte, als die Stränge sich entwirrten. »Ich bin kein grausamer Mann, Andreas. Ich tue nur, was getan werden muss. Deshalb gebe ich dir eine letzte Gelegenheit, meine Frage ohne Schmerzen zu beantworten. Also, wo ist Laura?«
    Andreas schloss die Augen.
    »Wie du willst.« Die Peitsche klirrte leise.
    Im nächsten Moment glaubte Andreas zu verbrennen. Feuer fraß sich in seine Brust und seinen Bauch, loderte in seinem Gesicht. Er warf sich gegen seine Fesseln und schrie den Schmerz hinaus.
    Er wusste nicht, wie lange es dauerte, bis das Feuer erlosch und er wieder Herr seiner Gedanken wurde. Keuchend hing er in seinen Fesseln und riss die Augen auf. Er war sich sicher, dass seine Brust verkohlt war, doch er war unverletzt. Noch nicht einmal seine Haut war gerötet.
    »Die Elfen nennen diese Peitsche den Seelenfresser«, sagte Fokke. Er saß auf einem Stuhl neben einem kleinen Tisch, der zuvor noch nicht da gewesen war. »Sie haben sie auf magische Weise konstruiert, um Informationen aus ihren unglücklicherweise mit einer Seele ausgestatteten Feinden herauszupressen. Normalerweise ist ein zweiter Schlag nicht nötig.«
    Er drehte den Griff der Peitsche zwischen seinen Fingern. »Wo ist Laura, Andreas?«, fragte er.
    Ich werde sie nicht verraten, dachte Andreas, auch wenn die Angst vor einem zweiten Schlag ihn beinahe lähmte. Eher sterbe ich.
    »Du kannst nicht mehr sterben«, sagte Fokke, als habe er seine Gedanken erraten. »Und deine Seele wird auch nicht vergehen, solange ich vorsichtig bin. Und ich bin sehr vorsichtig, wenn ich mit wertvollen Waren umgehe. Das kannst du mir glauben.« Er stand auf. »Also dann.«
    Andreas biss die Zähne zusammen und nahm sich vor, nicht zu schreien. Doch als Fokke ein zweites Mal zuschlug, schrie er.
    Und wie er schrie.

34
    Über den Dächern
    von Amarihye
     
    D ie Melodie der Stadt klang getragen und traurig. »Irgendetwas ist geschehen«, sagte Laura. Sie, Finn und Milt hatten Breynus Haus verlassen und beobachteten die Krii auf der Straße. Die meisten wischten sich Tränen aus den Augen oder hockten leise weinend auf gläsernen Parkbänken. Ihre Trauer war still, nicht wütend, anders, als Laura erwartet hätte, wenn Nidi geflohen wäre.
    Sie zweifelte keinen Augenblick daran, dass die Veränderung der Melodie mit ihm zusammenhing, nur das Wie verschloss sich ihr noch.
    »Lasst uns zur Flöte gehen«, sagte Milt. »Vielleicht finden wir dort mehr heraus.«
    Finn nickte, doch dann grinste er plötzlich. »Hey, Nidi, hier sind wir!«
    Laura fuhr herum. Der Schrazel hüpfte ihnen aus der Dunkelheit entgegen. Er wirkte unverletzt und gut gelaunt.
    »Bist du aus der Flöte geflohen?«, fragte sie, als Nidi auf ihre Schulter sprang und sich setzte.
    Er schüttelte den Kopf. »Nein, sie hat mich gehen lassen.«
    »Wirklich?« Laura erinnerte sich an Ke-Amarihyes Begeisterung. »Das kann ich mir kaum vorstellen.«
    Sie gingen zurück ins Haus. »Doch«, sagte Nidi auf dem Weg. »Es war ganz einfach. Ich habe sie angelogen, dann durfte ich gehen. Hat jemand was zu essen?«
    Laura hatte den Eindruck, dass sich mehr hinter dieser Geschichte verbarg, aber Nidi wollte anscheinend nicht darüber reden. Und wenn er etwas nicht wollte, so gut kannte sie ihn

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