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Schattenlord 6 - Der gläserne Turm

Schattenlord 6 - Der gläserne Turm

Titel: Schattenlord 6 - Der gläserne Turm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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eine Lungenentzündung einfängt, dem Menschen, der dumm genug war, nicht im Haus zu bleiben, oder dem Regen?
    Natürlich dem Menschen«, fuhr er fort, ohne Maurices Antwort abzuwarten. »Der Regen ist nicht verantwortlich für seine Dummheit. Und so ist es hier auch. Ich sage die Wahrheit, ungeschminkt und ungeschönt. Wer sie hören will, sollte sich zuerst fragen, ob er stark genug dafür ist oder ob es nicht vielleicht besser wäre, dem Regen aus dem Weg zu gehen und im warmen Haus zu bleiben.«
    Maurice nickte langsam, aber Rimmzahn konnte sehen, dass er ihn noch nicht überzeugt hatte. »Bist du krank geworden? Nein. Warum nicht? Weil du stark genug bist, der Wahrheit ins Gesicht zu blicken. Andere waren das nicht.«
    »Aber Hubert ist daran gestorben, Norbert. Bedauerst du das nicht?«
    »Selbstverständlich.« Wieder eine Lüge, aber trotz aller Stärke, die er in Maurice wahrnahm, glaubte Rimmzahn nicht, dass er bereit war, die ganze Wahrheit zu hören. »Der Tod eines jeden Menschen ist bedauernswert. Verantwortung trage ich für Huberts Tod jedoch nicht. Er hatte sein Handeln selbst zu verantworten, ebenso wie die anderen.«
    Ihm kam ein Gedanke. »Wenn man es genau nimmt, sind auch die schuld, die ihnen eingeredet haben, dass alles gut wird. Jack, die verdammten Elfen, Laura, Finn und wie sie alle heißen. Bei all den Lügen ist es kein Wunder, dass Menschen mit der Wahrheit überfordert sind.«
    Er lehnte sich zurück.
    »Du hast recht«, sagte Maurice. »Dich trifft wirklich keine Schuld.«
    Rimmzahn nickte, aber er nahm den Blick nicht vom Gesicht des Franzosen. Er war das Reden vor Publikum gewohnt und beherrschte die Kunst, die Stimmung seiner Zuhörer wahrzunehmen. Und in Maurices Gesicht las er nicht etwa Überzeugung, sondern Zweifel. Große Zweifel.
    Bist du immer noch mein Freund, dachte er, oder bin ich nun endgültig allein?
    Stimmengewirr auf dem Platz riss ihn aus seinen Gedanken. »Was ist denn da los?«, fragte er, verärgert über die Unterbrechung.
    Maurice sprang auf, so als wäre er dankbar, der Situation entkommen zu können. Er trat aus der Hütte, kehrte aber nach nur einem Moment wieder zurück. »Andreas ist verschwunden.«

21
    Die Wiege
    des Riesen
     
    D ie Landschaft wurde karger, je weiter sie sich vom Wald entfernten. Gelegentlich drehte Laura sich um, sah hin und her peitschende Baumkronen und hörte das Bersten und Splittern von Holz. Solange sie nicht an die Schlingen dachte, tat es ihr sogar leid, was sie Groddaruk und Bekka angetan hatte.
    »Wenn wir zurückkehren«, sagte sie nach einer Weile, »sollten wir die Iolair bitten, Schilder aufzustellen, damit andere vor dem Wald gewarnt werden.«
    Milt nickte. »Spricht nichts gegen. Das Tal des Windes stellt ja kein Hindernis mehr dar.«
    Nun warf auch Finn einen Blick zurück. »Wenn die so weitermachen, bleibt von dem Wald eh nur Kleinholz übrig.«
    Nidi kicherte, sagte aber nichts. Er war immer noch heiser und schonte seine Stimme. Laura war ganz froh darüber. So gern sie den Schrazel mochte, so angenehm war es, wenn er ab und zu mal schwieg.
    Der Weg, auf dem sie sich bewegten, war breit genug für einen Karren und nicht überwuchert, aber Laura sah keinen Hinweis darauf, dass jemand auf der steppenartigen Ebene lebte. Es gab weder Hütten noch Abzweigungen, keine Felder und keine Weiden. Sie nahm an, dass der Weg vor langer Zeit auf magische Weise entstanden war und sich deshalb der Natur widersetzen konnte. Er führte weiterhin nach Norden; in einiger Entfernung ragten zerklüftete Felsen wie die Ruinen einer uralten Stadt empor.
    »Die Wiege des Riesen«, sagte Milt neben ihr. »Irgendeine Ahnung, was das bedeuten könnte?«
    »Bei den ersten beiden Prüfungen haben die Namen ziemlich genau das beschrieben, was wir vorgefunden haben.« Laura hob die Schultern. »Ich tippe also auf einen Riesen.«
    »Einen Babyriesen in einer Wiege?« Finn lächelte. »Der wäre zumindest nicht gefährlich.«
    »Wer so etwas sagt, ist noch nie einem Riesen begegnet«, krächzte Nidi. »Das sind jähzornige, gewalttätige Ungeheuer, egal, ob jung oder alt. Ich würde eher noch dreimal durch den Wald der Sprechenden Bäume laufen, als auch nur einem Riesen zu begegnen.«
    Laura sah ihn an. »Ist das wirklich wahr? Sind sie so gefährlich?«
    »Selbst die Asen gingen ihnen aus dem Weg.«
    »Vielleicht sind das ja hier andere Riesen«, sagte Finn. Er klang so, als versuche er sich davon zu überzeugen, nicht so, als glaube er wirklich

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