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Schattenlord 6 - Der gläserne Turm

Schattenlord 6 - Der gläserne Turm

Titel: Schattenlord 6 - Der gläserne Turm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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daran.
    »Riesen sind Riesen.« Nidi hustete. »Und jetzt halte ich den Mund.«
    Auch die anderen schwiegen. Laura hing ihren Gedanken nach. In der öden, eintönigen Landschaft gab es nichts, was sie davon ablenkte. Sie wagte kaum, an die Aufgabe zu denken, die irgendwo vor ihnen lag. Zuerst mussten sie die letzte Prüfung bestehen, und zwar möglichst schnell, denn die Zeit lief ihnen davon. Niemand wusste, wie lange es dauern würde, bis das herrscherlose Reich zerfiel - hatte Innistìr mehr Zeit als die fünfzehn Wochen, die den Menschen gegeben waren, oder sogar weniger? Laura wusste es nicht. Ebenso wenig vermochte sie zu sagen, ob es den Dolch, nach dem sie suchten, überhaupt gab, und wenn ja, ob er tatsächlich in der Lage war, beide Gestalten Alberichs zu vernichten. Doch suchen mussten sie ihn. Sie hatten keine andere Wahl.
    Wir können nur hoffen, dachte sie. Hoffen und unser Bestes gehen.
    Am frühen Abend ließen sie die Ebene schließlich hinter sich und folgten dem Weg bergauf, vorbei an bizarren, turmartigen Felsformationen, deren Schatten dunkel über das Land fielen. Der Boden war karg und staubig. Nur Gestrüpp wuchs darauf und hartes gelbes Gras.
    »Wir sollten hier Rast machen«, sagte Milt. »Es wird bald dunkel.«
    Laura wäre am liebsten weitergegangen, aber er hatte recht. Die Sonne verschwand bereits hinter den Felsen und tauchte die Landschaft in ein weiches rötliches Licht. Die Nacht kam schnell in Innistìr. Eine halbe Stunde vielleicht noch, dann würden sie nicht mehr die Hand vor Augen sehen.
    »Wie wäre es dahinten?« Finn zeigte auf einen sandigen flachen Platz, der von einem Felsvorsprung geschützt wurde. »Sieht doch ganz gemütlich aus.«
    Laura nickte. Gemeinsam gingen sie zu dem Vorsprung und breiteten ihre Decken darunter aus. Milt zog ihre in Stoff eingeschlagenen Vorräte aus dem Rucksack. »Wir sollten anfangen zu rationieren«, sagte er. »Zwei Tage reichen die Vorräte vielleicht noch, aber nicht länger. Und wir haben keine Ahnung, wie lange wir bis zur Gläsernen Stadt brauchen.«
    Nidi drückte einen der Schläuche. »Das Wasser wird auch knapp.«
    »Aber das können wir nicht rationieren.« Finn setzte sich auf seine Decke und gähnte. »Dehydriert wären wir zu nichts zu gebrauchen.«
    Sie aßen, bis der größte Hunger gestillt war, und tranken, Laura weniger, als sie gern gehabt hätte. Trotz Finns berechtigtem Einwand versuchte sie, Wasser zu sparen. Auf ein Lagerfeuer verzichteten sie ebenfalls notgedrungen. Es gab nicht genügend Brennmaterial.
    Laura legte sich neben Milt auf die Decke und betrachtete den Himmel, der sich über ihren Köpfen langsam blau und violett färbte. Irgendwo vor ihnen befand sich die Wiege des Riesen und dahinter - hoffentlich nicht allzu weit dahinter - die Gläserne Stadt.
    Wir werden weder verdursten noch verhungern, dachte Laura. Wir werden es schaf...
    »Tschiii!«
    Der Laut donnerte durch die Stille der Abenddämmerung. Laura, Finn und Milt fuhren gleichzeitig hoch, Nidi erschrak so sehr, dass er mit einem Satz auf Lauras Schulter sprang. Hundertfach brach sich das Echo an den Felsen, hallte von ihnen wider und rollte über die Hügel.
    Es knirschte und rumpelte über ihnen. Feiner Staub rieselte auf Laura herab. Sie sah nach oben; ihre Augen weiteten sich.
    »Der Vorsprung bricht ab!«, schrie sie. Mit einer Hand griff sie nach Milt, zog ihn unter dem Fels hervor, während Finn zur Seite hechtete, den Gurt des Rucksacks mit ihren Vorräten um den Arm geschlungen.
    Aus den Augenwinkeln bemerkte Laura, dass auch eine andere Felsformation wankte. Ein Erdbeben, dachte sie im ersten Moment, doch dann fiel ihr auf, dass der Boden unter ihren Füßen nicht vibrierte. Es erschien ihr fast so, als bewegten sich die Felsen aus eigenem Antrieb.
    »Ahhhh«, seufzte eine Stimme über ihr. Sie klang tief und grollend, so als rollten Steine über einen Abhang ins Tal. »Das tat gut.«
    Laura wich noch weiter zurück. Sie hielt immer noch Milts Hand und zog ihn mit sich.
    Der Felsvorsprung über ihr bewegte sich, aber er fiel nicht nach vom, sondern hob und streckte sich, wurde zu einer Gestalt, so hoch wie eine Kathedrale. Formationen, die Laura für starren Fels gehalten hatte, wurden vor ihren Augen zu Beinen und Füßen, Armen und Händen.
    »Das sind die Riesen«, stieß Milt hervor.
    Was - gleich mehrere?
    Laura fuhr herum zu den anderen Felsen, die sich mit lautem Knirschen und Knarren streckten. Ihre Haut war grau, ihre Körper

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