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Schattenlord 6 - Der gläserne Turm

Schattenlord 6 - Der gläserne Turm

Titel: Schattenlord 6 - Der gläserne Turm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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rief sie.
    Gemeinsam sprangen sie auf und liefen los. Neben Finn explodierte eine kleine Pappel förmlich, als der Ast einer Tanne sie traf. Er hörte Bekka aufschreien. Der Kampf forderte die ersten Opfer.
    Sie duckten sich unter den Geschossen, stolperten über Zweige, Äste und ganze Sträucher, die Bäume in ihrer Wut ausgerissen hatten. Auf beiden Seiten des Weges wogten die Baumwipfel hin und her wie Wellen in einem Sturm. Es wurde geschrien, geflucht und gekämpft. Holz wirbelte umher, das Bersten und Brechen von Ästen übertönte den Lärm der Stimmen.
    Finn atmete auf, als er sah, dass auch die Barrieren dem Kampf zum Opfer fielen. Die Bäume griffen nach allem, was sie finden konnten, und die, die zuvor noch ihre Äste ineinandergeknotet hatten, schlugen nun damit auf andere ein. Niemand beachtete Finn und die anderen.
    Geduckt liefen sie den Weg entlang. Finn sah den Punkt, an dem der Weg abknickte und sie zurück zum Anfang geführt hatte, und den zweiten, geraden Pfad, den die Bäume vor ihnen versteckt hatten.
    Dieses Mal nahm er die richtige Abzweigung. Er hatte befürchtet, dass der Kampf nachlassen würde, je weiter sie sich von Groddaruk und Bekka entfernten, doch er breitete sich bereits im ganzen Wald aus. Es kam ihm vor, als hätten die Bäume nur darauf gewartet, ihre Wut endlich herauslassen zu können.
    Der Weg führte sie vorbei an tobenden, um sich schlagenden Bäumen. Finns Herz klopfte, seine Beine schmerzten, Schweiß lief ihm in die Augen.
    Wir müssen langsamer werden, dachte er. Sonst brechen wir mitten im Wald zusammen.
    Er wollte es gerade den anderen sagen, als er sah, wie der Weg vor ihm breiter wurde - und heller. Sonnenlicht fiel auf eine weite, offene Landschaft, kaum einen Steinwurf von ihm entfernt.
    »Wir haben es gleich geschafft«, rief er keuchend. Die anderen antworteten nicht, stolperten ebenso wie er voran. Nur Nidi hüpfte an ihnen vorbei aus dem Wald hinaus, als machte ihm die Anstrengung nichts aus.
    Sie hielten nicht an, als sie die letzten Bäume hinter sich ließen, sondern liefen weiter, bis sie sicher sein konnten, dass keine Wurzel mehr nach ihnen greifen konnte. Dann ließen sie sich ins hohe gelbe Gras fallen.
    Finn drehte sich auf den Rücken, blinzelte in den blauen Himmel und wartete darauf, dass sich sein Atem beruhigte.
    Nach einer Weile setzte sich Laura auf. »Wenn das unsere Prüfling war, haben wir sie bestanden? Haben wir etwas daraus gelernt?«
    »Wir sind rausgekommen«, sagte Milt, »also haben wir sie bestanden.«
    »Laura hat recht.« Nidi zog sich einige Tannennadeln aus dem Fell. »In den Märchen lernt man aus seinen Prüfungen. Im Tal des Verlorenen Windes haben wir gelernt, wie schlimm Gier sein kann.«
    Laura nickte. »Genau. Aber was haben wir hier gelernt?«
    Finn stützte sich auf die Ellenbogen. »Dass wir Milt nie wieder eine Geschichte erzählen lassen?«
    Er grinste.
    Milt verdrehte die Augen.

20
    Eine unbequeme
    Erkenntnis
     
    R immzahn stolperte zurück. Seine Augen weiteten sich, als er Cedric mit dem Knüppel in der Hand vor sich sah. Menschen sprangen zur Seite, um dem großen und kräftigen Elfen aus dem Weg zu gehen, sogar Maurice verließ Rimmzahns Seite und schloss sich ihnen an.
    Auf einmal war er allein.
    »Cedric!«, schrie Jack. »Tu’s nicht!«
    Der Elf holte aus.
    Rimmzahn brach in die Knie und riss die Arme hoch, um seinen Kopf zu schützen. Der Elf beugte sich über ihn. Sein Gesicht war wutverzerrt, die Hand, in der er den Knüppel hielt, zitterte.
    Und dann schlug er zu.
    Mit einem berstenden, splitternden Knall zerplatzte der Knüppel keine Handbreit neben Rimmzahn auf dem Boden. Splitter flogen durch die Luft. Einige ritzten seine Haut. Er hörte sich selbst wimmern, vor Angst und vor Erleichterung, und verachtete sich dafür.
    Cedric ließ den abgebrochenen Rest des Knüppels fallen. »Du hältst jetzt endlich die Fresse, Rimmzahn. Kapierst du nicht, was du angerichtet hast, oder ist es dir egal?«
    Der Deutschschweizer nahm die Arme nicht herunter. Er befürchtete, dass Cedrics Wut noch längst nicht verraucht war. »Ich weiß nicht, wovon du redest«, sagte er leise, obwohl er es ahnte.
    »Von einem Toten und einem Dutzend Kranken. Mit deiner ständigen Nörgelei und deinem Pessimismus hast du die Leute dazu gebracht, den Lebenswillen zu verlieren. Sie trugen die Saat der Krankheit bereits in sich, aber nur durch dich ging sie auf.«
    Rimmzahn sah, dass Jack hinter Cedric getreten war, und wurde mutiger.

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