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Schattenlord 6 - Der gläserne Turm

Schattenlord 6 - Der gläserne Turm

Titel: Schattenlord 6 - Der gläserne Turm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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»Das ist nicht wahr! Ich habe nur die Wahrheit gesagt.«
    »Die schlimmstmögliche Version der Wahrheit. Und das nicht nur einmal, sondern hundertmal.« Cedric kniff die Augen zusammen. »Was geht in dir vor, wenn du die Ängste eines fünfzehnjährigen Mädchens schürst oder wenn du einem alten Mann seine letzten Träume nimmst? Genießt du die Hoffnungslosigkeit in ihren Gesichtern? Ernährst du dich von ihrem Leid?«
    »Das ist lächerlich. Ich ...«
    Cedric ließ ihn nicht ausreden. »Du bist das Krebsgeschwür dieser Gruppe, so, wie Simon gesagt hat. Wenn sich das nicht ändert, schneide ich dich heraus.«
    Rimmzahn duckte sich unter seinem Blick. Jack legte Cedric die Hand auf die Schulter. »Er hat es verstanden, lass ihn jetzt in Ruhe. Simon wartet auf dich.«
    Der Elf schüttelte Jacks Hand ab, nickte jedoch. Sein Blick kehrte zurück zu Rimmzahn. »Ich schwöre dir, wenn ich dich noch einmal dabei erwische, dass du Leuten Mist erzählst, belege ich dich für den Rest der Frist mit einem Stummheitsbann. Hast du das verstanden?«
    »Ja ... ja, ich habe alles verstanden.«
    Rimmzahn spürte, dass alle auf dem Platz ihn ansahen. In den wenigen Gesichtern, die er erkennen konnte, las er kein Mitgefühl, nur Genugtuung und Häme.
    Mein Gott, dachte er. Sie zeigen ihr wahres Gesicht.
    Cedric wandte sich ab und folgte Simon in die Hütte eines Kranken. Rimmzahn nahm die Arme herunter. Er erwartete, dass Jack sich für die Taten des Elfen entschuldigen würde, doch der kümmerte sich nicht um ihn, sondern sah sich scheinbar suchend nach jemandem um.
    »Hat jemand Andreas gesehen?«, fragte er in die Menge.
    Kopfschütteln und Achselzucken antworteten ihm. Die Aufmerksamkeit der Menschen sprang von Rimmzahn zu Jack, und er saß allein im Dreck wie das vergessene Spielzeug eines undankbaren Kindes.
    Das Bild gefiel ihm. Hatten sie ihn nicht ausgenutzt und von seinem überlegenen Intellekt profitiert, nur um ihn fallen zu lassen, als es opportun erschien?
    Rimmzahn sah auf, als er eine Bewegung bemerkte. Maurice stand vor ihm, die Hand unsicher ausgestreckt. »Soll ich dich zu deiner Hütte begleiten?«
    Im ersten Moment wollte Rimmzahn seine Hand beiseiteschlagen und ihn des Verrats bezichtigen. Schließlich hatte Maurice ihn im Stich gelassen wie all die anderen auch. Doch dann schluckte er seinen Stolz hinunter und ergriff die ausgestreckte Hand.
    Maurice half ihm hoch. Rimmzahn erschrak, als er bemerkte, wie sehr seine Knie zitterten. Hoffentlich sieht das niemand, dachte er.
    Der Weg zu seiner Hütte erschien ihm weiter als je zuvor. Dankbar setzte er sich im Inneren auf einen der vier Stühle, die er mitsamt einem Tisch von den Iolair verlangt hatte. In den Hütten gab es ansonsten nur Hocker und Truhen, aber er hatte deutlich gemacht, dass er gedenke, Gäste zu empfangen, und sie nicht wie Affen auf dem Boden sitzen wollten.
    Maurice ging zu der ebenfalls requirierten Karaffe, die auf einem Tablett neben dem Bett stand. »Möchtest du einen Schluck Wasser, Norbert?«
    »Nein.« Er befürchtete, dass seine Hände ebenso zitterten wie seine Knie. Das sollte Maurice nicht mitbekommen.
    Der Franzose setzte sich ihm gegenüber an den Tisch und strich mit den Händen über die Holzplatte. »Es tut mir leid, dass ich dir eben nicht geholfen habe«, sagte er.
    »Das muss es nicht«, log Rimmzahn.
    »Doch. Ich habe mich von meiner Angst leiten lassen. Das war feige und falsch.« Maurice senkte den Blick. »Ich könnte verstehen, wenn du entscheiden würdest, dass du unsere Freundschaft unter diesen Umständen nicht weiterführen möchtest.«
    Rimmzahn tat so, als müsse er darüber nachdenken. Es wurde still in der Hütte. »Nein«, sagte er schließlich. »Unsere Freundschaft wird diesen einen Fehler verkraften. Ich glaube sogar, er wird sie stärken, denn es gehört Mut dazu, das eigene Fehlverhalten einzugestehen.«
    Maurice wirkte erleichtert. Er lächelte. »Ich freue mich sehr darüber, danke, Norbert. Und was Cedrics ... was die skandalösen Behauptungen dieses Elfen angeht: Ich glaube keine einzige davon.«
    »Aber ich glaube ihm jedes Wort.« Rimmzahn lachte, als er Maurices verwirrten Gesichtsausdruck sah. »Er hat das Pferd nur von der falschen Seite aufgezäumt.«
    Er stützte die Ellenbogen auf die Tischplatte und bemerkte zufrieden, dass seine Hände nicht mehr zitterten. »Sagen wir es so: Wenn jemand sein warmes Haus verlässt und in den kalten Regen hinausgeht, wem gibst du die Schuld, wenn er sich

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