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Schattenlord 6 - Der gläserne Turm

Schattenlord 6 - Der gläserne Turm

Titel: Schattenlord 6 - Der gläserne Turm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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sich aus seinem Zimmer, als der Pfleger seine Runden machte, stahl dessen Schlüssel für den Medikamentenschrank und nahm sich, was er brauchte. Durch sein ungesichertes Fenster verließ er die Klinik. Er hatte nur wenig Geld bei sich, aber es reichte für eine Fahrkarte nach Frankfurt und für ein Brötchen am Bahnhof. Zwei Stunden später arbeitete er bereits schwarz auf einer Baustelle, zwei Monate später saß er in einem Flugzeug nach Newark, New Jersey.
    Es war sein erster Flug. Er lehnte sich zurück, schloss die Augen und bediente im Geiste die Cockpitinstrumente. Irgendwo über dem Atlantik wurde aus Andreas Schmitt Andreas Sutter.
    Sein neues Leben hatte begonnen.

28
     
    Ke-Amarihye
     
    D ie Flöte schraubte sich vor Laura in die Höhe. Über Brücken und Stege aus feinstem Glas hatten sie die Ebenen erstiegen. Je höher sie kamen, desto prächtiger und filigraner wurden die Häuser und Anwesen. Manche waren von Ziermauern umgeben, es gab Bäume und Sträucher aus Glas und Tierstatuen, die zwischen ihnen grasten. Das Sonnenlicht ließ die Stadt funkeln und strich sie in ständig neuen Farben an. Amarihye war ein Wunder aus Magie und Architektur, die schönste Stadt, die Laura je gesehen hatte.
    Auf ihrem Weg wurden sie immer wieder von Krii angehalten, die sie begrüßen und mit ihnen sprechen wollten. Breynu stellte sie jedes Mal stolz vor, als wären sie seltene Tiere, die er persönlich gefangen hatte und nun zur Schau stellte.
    Genauso ist es auch, dachte Laura, als sie vor der geschwungenen Brücke, die den Eingang zur Flöte darstellte, stehen blieben. Sie befanden sich auf der obersten Ebene von Amarihye, hoch über der Wüste, die ihr inmitten all der Pracht, die sie umgab, noch leerer und öder als zuvor erschien. Die Besucher, die vor langer Zeit an diesen Ort gekommen waren, mussten ihn schon aus der Ferne wie ein Wunder angestarrt haben. Es überraschte Laura, dass sie die Kraft gefunden hatten, ihn wieder zu verlassen und nach Hause in ihre einfachen Hütten zurückzukehren.
    »Warum sind sie nicht hiergeblieben?«, fragte sie, während sie sich in die lange Reihe der Besucher stellten, die auf Einlass in die Flöte warteten.
    »Wovon hätten sie leben sollen?«, fragte Breynu zurück. »In der Wüste kann man keinen Ackerbau betreiben, und die Händler, die ihre Waren zu uns brachten, verlangten horrende Preise. Wir benutzen kein Geld, wir bezahlen nicht für Dienste, auf Dauer kann man in Amarihye nur leben, wenn man sich von der Melodie unserer Herrscherin ernähren kann. Und diese Gabe ist uns Krii Vorbehalten. Wir glauben, dass die Götter uns auf diese Weise zeigen, dass wir ihnen als Wächter ihrer Stadt willkommen sind.«
    Die Reihe rückte vor. Laura war umgeben von Krii; die meisten trugen lange bunte Gewänder und hielten Gegenstände in der Hand, deren Zweck sich ihr nicht erschloss.
    Man musterte sie und Nidi mit unverhohlener Neugier, aber ohne jegliches Misstrauen. Wenn sie den Blick eines Krii traf, wurde gelächelt oder freundlich gewinkt. An einem fremden Ort hatte sie sich selten so willkommen gefühlt.
    »Was wollen die alle hier?«, fragte sie leise, als die Reihe ein weiteres Mal vorrückte.
    »Ke-Amarihye unterhalten, so wie ich auch. Sie ist sehr anspruchsvoll. Nur die Besten werden zu ihr vorgelassen.«
    »Und wer bestimmt darüber?« Nidi war auf Lauras Schulter geklettert und sah sich um.
    Breynu stellte sich auf die Zehenspitzen. Nach einem Moment zeigte er auf einen Krii, der am ansonsten unbewachten Eingang zur Flöte stand. »Er. Sein Name ist Meroyan, Generalunterhalter der fünften Ebene und Berater Ihrer Majestät. Er ist der mächtigste Mann in der Stadt.«
    Und der einzige, der schlecht gelaunt wirkte.
    Meroyan saß auf einem gepolsterten Stuhl mit hoher Lehne und winkte einen Besucher nach dem anderen zu sich heran. Sein Gesicht war verkniffen, die Beine hatte er übereinandergeschlagen. Gelangweilt wippte er mit dem Fuß.
    Laura sah, wie eine Krii vortrat und begann, mit langen Glasstäben zu jonglieren. Sie war anmutig und geschickt, aber Meroyan brach ihre Vorführung nach nur wenigen Sekunden ab und schickte sie mit einer Geste weg. Die Krii sammelte ihre Stäbe ein und stieg die schmale Glastreppe hinunter, die zu den unteren Ebenen führte.
    »Hat er dich jemals vorgelassen?«, fragte Laura.
    »Noch nie.« Breynu rang sich ein Lächeln ab. »Aber ich versuche es jeden Tag aufs Neue. Vielleicht gelingt es heute.«
    Die Sonne stand bereits tief am

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