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Schattennacht

Schattennacht

Titel: Schattennacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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mit echtem Lametta behangen waren.
    Aus Rücksicht auf die schlafenden Schüler hatte man das Licht heruntergedreht. Das Lametta glitzerte nur da und dort; meist hing es matt in den bebenden Schatten.
    Manche der Türen der Schlafzimmer waren geschlossen, andere standen offen. Sie waren nicht nur mit Nummern, sondern auch mit Namen versehen.
    Auf halbem Weg zwischen der Treppe und dem Schwesternzimmer blieb Boo vor Zimmer 32 stehen, wo die Tür nicht ganz geschlossen war. Auf den Schildern standen in Blockbuchstaben die Namen ANNAMARIE und JUSTINE.
    Diesmal war ich nahe genug, um zu sehen, dass Boos Nackenfell sich tatsächlich sträubte.
    Der Hund schlüpfte hinein, doch ich zögerte. Weil es ein Mädchenzimmer
war, hätte ich eine Nonne bitten sollen, mich zu begleiten.
    Allerdings wollte ich es vermeiden, erklären zu müssen, was ein Bodach war. Vor allem wollte ich nicht das Risiko eingehen, von einem der bösartigen Geister belauscht zu werden, wenn ich über ihn sprach.
    Offiziell wissen nur zwei Personen in der Abtei und im Nonnenkloster von meiner Gabe – falls es sich dabei tatsächlich um eine Gabe handelt und nicht um einen Fluch. Schwester Angela, die Mutter Oberin, kennt mein Geheimnis ebenso wie Pater Bernard, der Abt.
    Schon aus purer Höflichkeit war es nötig gewesen, dass sie alles über die Probleme des jungen Mannes erfuhren, den sie als Langzeitgast willkommen hießen.
    Um Schwester Angela und Abt Bernard klarzumachen, dass ich weder ein Schwindler noch ein Narr bin, hat Wyatt Porter, der Polizeichef meiner Heimatstadt Pico Mundo, den beiden die Details einiger Mordfälle anvertraut, bei denen ich ihm zur Hand gegangen bin.
    Auch Sean Llewellyn hat für mich gebürgt. Er ist der katholische Pfarrer von Pico Mundo.
    Pfarrer Llewellyn ist außerdem der Onkel von Stormy Llewellyn, die ich geliebt und verloren habe. Ich werde sie für immer in Ehren halten.
    In den sieben Monaten, die ich nun in der Einsamkeit der Berge lebte, hatte ich mich nur einem weiteren der Mönche offenbart. Eigentlich heißt er Salvatore, aber wir nennen ihn meistens Knoche.
    Bruder Knoche hätte an der Schwelle von Zimmer 32 sicherlich nicht gezögert. Er ist ein Mönch der Tat. In kürzester Zeit hätte er entschieden, dass die Bedrohung, die der Bodach darstellte, von größerer Bedeutung war als irgendwelche Anstandsregeln.
Er wäre so beherzt wie der Hund durch die Tür getreten, wenn auch weniger anmutig und mit wesentlich mehr Lärm.
    Ich drückte die Tür ein wenig weiter auf und ging hinein.
    Im ersten der beiden Krankenhausbetten lag Annamarie, im zweiten Justine. Beide schliefen.
    Hinter jedem der beiden Mädchen hing an der Wand eine Lampe, die mit einem Dimmer am Ende eines um die Bettstange geschlungenen Kabels reguliert werden konnte.
    Annamarie, die ziemlich klein für ihre zehn Jahre war, hatte die Lampe matt brennen lassen. Sie fürchtete sich im Dunkeln.
    Neben dem Bett stand ihr Rollstuhl. An einem der Handgriffe oben an der Lehne hing eine dicke Steppjacke, an dem anderen eine Wollmütze. In Winternächten bestand Annamarie darauf, diese beiden Kleidungsstücke immer in Reichweite zu haben.
    Im Schlaf umklammerte sie mit ihren zarten Händen die Zudecke, als wollte sie jederzeit in der Lage sein, sich davon zu befreien. Ihr angespanntes Gesicht drückte eine besorgte Erwartung aus, die weniger als Angst, aber doch mehr als bloße Unruhe darstellte.
    Obwohl sie tief und fest schlief, schien sie bereit zu sein, beim geringsten Anlass zu fliehen.
    Einmal pro Woche übte Annamarie aus eigenem Antrieb, ihren Elektrorollstuhl mit geschlossenen Augen zu jedem der beiden Aufzüge zu steuern. Der eine Aufzug befand sich im Ostflügel, der andere im Westflügel.
    Trotz ihrer Einschränkungen und ihrem Leiden war Annamarie ein glückliches Kind. Sich mit solchen Übungen auf die Flucht vorzubereiten, passte nicht zu ihr.
    Sie weigerte sich zwar, darüber zu sprechen, aber irgendwie schien sie zu spüren, dass eine schreckliche Nacht bevorstand,
eine feindselige Dunkelheit, in der sie blind ihren Weg finden musste. Vielleicht besaß sie die Fähigkeit, die Zukunft zu erahnen.
    Der Bodach, den ich von meinem Fenster aus erblickt hatte, war tatsächlich hierhergelangt, aber nicht alleine. Drei der finsteren Gestalten hatten sich, schweigend wie wölfische Schatten, um das zweite Bett versammelt, in dem Justine schlief.
    Ein einzelner Bodach weist auf eine drohende Gewalttat hin, die sich wahrscheinlich bald ereignen

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