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Schattennaechte

Schattennaechte

Titel: Schattennaechte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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Töchter vergöttert und nach Strich und Faden verwöhnt. Es fiel ihm eben nur schwer, sich mit dem Gedanken anzufreunden, dass Leslie erwachsen wurde. Ich denke, irgendwann hat er es nicht mehr ertragen.«
    »Oder er hat es getan, weil er mit der Schuld nicht mehr leben konnte«, sagte Mendez.
    »Währenddessen machte Lauren unermüdlich weiter. Nichts für ungut, aber kein Mann könnte es jemals mit einer Mutter aufnehmen, die sich auf einem Kreuzzug für ihr Kind befindet.«
    »Das sind zwei grauenvolle Schicksalsschläge für eine Familie«, sagte Mendez. »Wer stand sonst noch auf Ihrer Liste?«
    »Wir haben natürlich mit jedem gesprochen, zu dem Leslie Kontakt hatte, einschließlich ihrer Tennis- und Softballtrainer und der Freunde ihrer Eltern. An dem Abend, als die Lawtons aus dem Restaurant flogen, waren sie mit ihrem früheren Kinderarzt und seiner Familie zum Essen verabredet. Auch der regte sich furchtbar über Leslies Benehmen an diesem Abend auf und sagte irgendwas in der Richtung, dass sie eine Lektion verdient hätte.«
    »Und?«
    »Er hatte kein stichhaltiges Alibi, aber andererseits hatte er auch kein stichhaltiges Motiv«, sagte Tanner. »Wenn es ein Verbrechen wäre, sich über ungezogene Kinder in Restaurants zu ärgern, hätte ich schon längst lebenslänglich erhalten. Kent Westin ist ein angesehener Arzt. Er war bereit, sich einem Lügendetektortest zu unterziehen, und hat ihn bestanden.«
    Das hatte nicht unbedingt etwas zu bedeuten, dachte Mendez. Er wäre jede Wette eingegangen, dass auch Peter Crane einen Lügendetektortest bestanden hätte. Für jemanden, der kein Gewissen hatte, war es nicht besonders schwierig, das Gerät zu überlisten.
    »Wir haben außerdem alle Spieler in Lance’ Polomannschaft befragt«, fuhr Tanner fort, »und alle Freunde und Bekannten der Lawtons. Auch das war nicht einfach für die Familie – ihre Freunde in eine solche Situation zu bringen.«
    Und ganz gleich, von welcher Seite man es betrachtete, es war noch nicht vorbei, dachte Mendez. Leslie Lawton war vor vier Jahren verschwunden. Er konnte sich nicht vorstellen, wie es war, so lange in einer solchen Ungewissheit leben zu müssen.
    »Wissen Sie, was für ein Auto Ballencoa fährt?«, fragte er, während er den Kreditkartenbeleg unterschrieb. So viel gab er sonst im ganzen Monat nicht für Essen aus.
    »Früher hatte er einen weißen Chevrolet-Kastenwagen.«
    Der ohne Weiteres braun umgespritzt worden sein konnte. Und Lauren Lawton hatte recht: Die Leute fuhren nach Lust und Laune zwischen San Luis Obispo und Oak Knoll hin und her. Es war nicht auszuschließen, dass Ballencoa in Oak Knoll gewesen war. Aber es war unwahrscheinlich.
    In Anbetracht dessen, was Tanner ihm erzählt und was er selbst beobachtet hatte, erschien es wahrscheinlicher, dass Lauren Lawton sah, was sie sehen wollte, damit dieser Albtraum endlich vorbei war.
    »Kann ich eine Kopie von der Akte haben?«, fragte er, als sie das Restaurant verließen.
    Auf dem Pier wimmelte es von Touristen, die in den Geschäften stöberten oder auf dem Weg zum Essen waren. Auf einer Bank saß ein Saxophonist, einen Hut vor sich, und spielte Jazzmelodien. Weit draußen auf dem Meer lagen drei Jachten vor Anker. Am Horizont ging gerade die Sonne unter, es sah aus, als würde sie in einer hellrot glühenden Pfütze versinken.
    »Das ist eine Kopie«, sagte Tanner und reichte ihm den Aktendeckel. »Sie können Sie behalten.«
    »Danke.«
    »Keine Ursache. Danke für die Einladung.«
    »Es war mir ein Vergnügen. Ich hoffe, es hält ein paar Tage vor.«
    Sie sah ihn an und lachte, und überrascht stellte er fest, wie hübsch sie war.
    »Sie sind in Ordnung, Mendez«, sagte sie, bevor sie in ihre Autos stiegen. »Viel Glück mit Ihrem Neuzugang, aber ich sag’s noch mal: Besser Sie als ich, mein Freund.«

7
    Leslie war gerade sechzehn Jahre alt geworden – dieses magische Alter, in dem wir uns alle für klüger als unsere Eltern halten und wie Erwachsene behandelt werden wollen. Sie war alt genug, um Auto zu fahren, schlief aber immer noch in einem Bett voller Plüschtiere. Sie war alt genug, um zu jobben, bettelte ihren Vater aber immer noch um Geld fürs Kino an.
    Auch für Lance und mich war es eine Zeit der Widersprüche. Wir waren stolz auf die junge Frau, zu der unser Mädchen heranwuchs, und gleichzeitig fürchteten wir die Gefahren, die ihr drohten. Gefahren, die von Drogen und Alkohol und Jungs, die sie ins Bett kriegen wollten, ausgingen. Die

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