Schattennetz
zu und setzte sich zu ihm.
»Sie haben tatsächlich Sorge, dass man Sie in Ihrem eigenen Büro abhört?«, fragte Häberle zweifelnd nach.
»Bei allem, was ich erlebt hab, muss ich mit allem rechnen. Und was ich Ihnen jetzt sage, muss unter uns bleiben. Absolut. Können Sie mir das zusichern?«
»Wir sind unter uns«, entgegnete Häberle beruhigend.
»Ich werde erpresst«, begann der Unternehmer, während seine Lippen zitterten. »Man hat mir gedroht, den Betrieb anzuzünden und meine Frau umzubringen, falls ich zur Polizei gehe.«
Häberle lauschte gespannt.
»Es geht um das Handy von Alexander Simbach. Ich hab es in der Freitagnacht mitgenommen – einfach versehentlich. Einfach eingesteckt, als es mir der Leichenbestatter gegeben hat. Ich hab dann wirklich nicht mehr dran gedacht.« Er sah den Kommissar verzweifelt hat. »Das müssen Sie mir glauben.«
Häberle nickte.
»Erst im Laufe des Samstags ist mir bewusst geworden, was ich da mitgenommen hab. Zunächst hab ich mir nichts dabei gedacht.« Er löste seinen Krawattenknoten. »Es sah doch alles nach einem normalen Tod aus. Ja – und da hab ich dann angefangen, mir das Handy mal genauer anzusehen. Angenommene Anrufe, abgehende und so weiter. Sie kennen das ja. Ich dachte, die Gelegenheit wär günstig, etwas über Simbachs Kontakte zu erfahren. Wegen der Sache mit Korfus. Es wird doch einiges gemunkelt, seit die beiden sich öffentlich geprügelt haben. Ich hab mir das Ding genauer angeschaut. Seltsamerweise gab es nicht einen einzigen Eintrag im Adressbuch des Geräts. Keinen einzigen. Deshalb hab ich mir nur die Nummern einiger an- und abgehender Gespräche aufschreiben und anrufen können – aber nicht von diesem Handy aus, sondern von meinem Büroapparat aus. Es waren alles Nummern in Ostdeutschland.« Jetzt griff er in die Innentasche seiner Jacke und zog einen zerknitterten Zettel heraus, den er auf der weißen Schreibtischplatte glatt strich. »Hier – das ist sein Bruder, der offenbar eine Detektei oder so was Ähnliches betreibt. Und diese Nummer drunter gehört einem Oehme. Achim – hab ich im Internet rausgefunden. Der wohnt in Hohenschönhausen. Und dann gibts noch einen Carsten Kissling aus Dresden. Das ist diese Nummer. Und dann …« Er klopfte mit dem rechten Zeigefinger auf eine dritte Nummer. »Diese hier ist eine Handynummer. Sie gehört … ich habs hier hingeschrieben … einem Vodafone-Techniker namens Harry Spiegler. Der Anruf zu ihm lag allerdings schon ein paar Wochen zurück.«
Häberle ließ sich sein gestiegenes Interesse nicht anmerken. »Nur eine Frage«, blieb er ruhig. »Wo ist das Handy jetzt?«
»Das ist doch der Grund, weshalb ich jetzt hier bin«, antwortete Faller nun sichtlich aufgewühlt. »Ich hab doch erst am Dienstag erfahren, dass Simbach keines natürlichen Todes gestorben ist – aber da war alles schon zu spät. Durch meine Anrufe und meine neugierigen Fragen sind wohl die Hintermänner nervös geworden.« Er sprach jetzt im Flüsterton, als habe er panische Angst.
Häberle gab sich deshalb weiterhin gelassen. »Hintermänner?«
»Plötzlich ruft mich am Dienstagmittag jemand auf diesem Handy an. Der Akku hat gerade noch gereicht für dieses Gespräch. Ein Mann hat gesagt, an diesem Handy klebe Blut – oder so ähnlich. Er hat mich aufgefordert, es noch am Dienstagabend auf der Schildwacht jemanden zu übergeben. Falls nicht, würde er meinen Betrieb anzünden und meine Frau umbringen. Was hätt ich denn tun sollen in dieser Situation?«
Der Kommissar nickte verständnisvoll. »Was haben Sie dann getan?«
»Ich bin auf die Forderung eingegangen.« Faller berichtete mit zitternden Lippen, was er vorgestern Abend getan hatte, wie er zur Schildwacht gefahren ist und wie er über sein Handy von dort wieder wegdirigiert wurde – hinüber zum gerade erst erschlossenen Gewerbepark Schwäbische Alb. »Dort stand dann der gelbe Eimer. Ich bin rangefahren, hab das Gerät reingeworfen und bin so schnell ich konnte abgehauen. Ich hatte panische Angst, Herr Häberle, ehrlich. Der Anrufer hat mich rumdirigiert, als würde er mich beobachten. Die ganze Aktion hat der doch nur gemacht, um zu sehen, ob ich die Polizei eingeschaltet habe. Dann hätt er bemerkt, wenn mir jemand gefolgt wär. Nur so macht es Sinn, oder wie sehen Sie das?«
Der Ermittler musste zuerst einmal in Ruhe über diesen Sachverhalt nachdenken – vor allem aber auch darüber, ob er Faller glauben sollte.
»Seitdem haben Sie nichts mehr
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