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Schattenpferd

Titel: Schattenpferd
Autoren: Tami Hoag
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suchen auch. Erin hat gekündigt, wie ich leider zugeben muss.«
    »Wirklich? Wann denn?«
    »Sonntag. Ist einfach abgehauen. Hat wohl was Interessanteres in Ocala gefunden. Don hat versucht, es ihr auszureden, aber er sagt, sie sei fest entschlossen gewesen. Mir hat das Leid getan. Ich mochte Erin, aber Sie wissen ja, wie flatterhaft diese Mädchen sein können.«
    »Hm. Das überrascht mich. So wie ich das verstanden habe, wollte sie hier in der Gegend von Wellington bleiben. Hat sie eine Adresse hinterlassen – zum Nachsenden ihres Gehaltsschecks?«
    »Don hat sie ausbezahlt, bevor sie gegangen ist. Ich bin übrigens Dons Trainerassistentin. Paris Montgomery.« Den Hund unter den Arm geklemmt, streckte sie die Hand aus und schüttelte die meine. Sie hatte einen festen Griff. »Und Sie sind …?«
    »Elle Stevens.« Ein Name, den ich in meinem früheren Leben bei verdeckten Ermittlungen benutzt hatte. Er kam mir ohne Zögern über die Lippen. »Sie hat also am Sonntag aufgehört. War das, bevor oder nachdem Stellar tot war?«
    Das Lächeln erstarb. »Warum fragen Sie?«
    »Na ja … eine verstimmte Angestellte kündigt, und plötzlich verlieren Sie ein Pferd –«
    »Stellar hat ein Stromkabel durchgebissen. Das war ein Unfall.«
    Ich zuckte mit den Schultern. »Schon gut, schon gut. Die Leute reden nur.«
    »Die Leute haben keine Ahnung.«
    »Gibt’s ein Problem?«
    Der Mann trat ins Bild. Mitte fünfzig, hoch gewachsen mit einem großen Kopf, ordentlich gekämmtem, leicht schütterem Haar, einem strengen, aristokratischen Gesichtsausdruck. Er trug eine beige Hose und ein rosafarbenes Strickhemd von Lacoste.
    »Überhaupt nicht«, sagte ich. »Ich habe nur nach jemandem gesucht.«
    »Erin«, erklärte ihm Paris Montgomery.
    »Erin?«
    »Erin. Meine Pferdepflegerin. Die gegangen ist.«
    Er verzog das Gesicht. »Das Mädchen? Die taugt doch nichts. Was wollen Sie von der?«
    »Spielt keine Rolle«, erwiderte ich. »Sie ist ja weg.«
    »Wie heißt Ihr Freund?«, fragte Paris. »Falls ich von jemandem hören sollte.«
    »Sean Avadon. Avadonis-Reitstall.«
    Die kalten blauen Augen des Mannes erstrahlten. »Der hat ein paar sehr schöne Pferde.«
    »Ja, das stimmt.«
    »Arbeiten Sie für ihn?«, fragte er.
    Mit meinen geschorenen Haaren, den alten Jeans und den Arbeitsstiefeln sah ich vermutlich wie eine Pferdepflegerin aus. »Sean ist ein alter Freund von mir. Ich hab ein Pferd von ihm gemietet, bis ich was Passendes finde.«
    Er lächelte wie eine Katze, die die Maus in die Ecke getrieben hat. »Dabei kann ich Ihnen helfen.«
    Ein Pferdehändler. Der drittälteste Beruf der Welt. Vorläufer der Gebrauchtwagenhändler.
    Paris Montgomery verdrehte die Augen. Ein Wagen hielt vor dem Zelt. »Das ist Dr. Ritter. Ich muss los.«
    Sie knipste ihr Zahnpastalächeln wieder an und schüttelte mir erneut die Hand. »War nett, Sie kennen zu lernen, Elle«, sagte sie, als hätte es den unangenehmen Moment bei der Erwähnung von Stellars Tod nicht gegeben. »Viel Glück bei Ihrer Suche.«
    »Danke.«
    Sie setzte den Russell ab und folgte dem kläffenden Köter um die Ecke, wo der Tierarzt schon nach ihr rief.
    Der Mann streckte die Hand aus. »Tomas Van Zandt.«
    »Elle Stevens.«
    »Sehr erfreut.«
    Er hielt meine Hand ein wenig zu lange fest.
    »Ich muss auch los«, sagte ich und trat einen Schritt zurück. »Wird langsam zu spät für eine Suche ins Blaue hinein.«
    »Ich bringe Sie zu Ihrem Auto«, bot er an. »Schöne Frauen sollten hier nach Einbruch der Dunkelheit nicht mehr unbegleitet herumlaufen. Man weiß nie, was sich für Leute rumtreiben.«
    »Ich kann’s mir ziemlich gut vorstellen, aber danke, dass Sie sich Sorgen machen. Frauen sollten auch nicht zu Männern ins Auto steigen, die sie gerade erst kennen gelernt haben«, erwiderte ich.
    Er lachte und legte die Hand aufs Herz. »Ich bin ein Gentleman, Elle. Harmlos. Ohne Hintergedanken. Möchte nur ein Lächeln von Ihnen.«
    »Sie würden mir ein Pferd verkaufen, was mich eine Menge Geld kosten würde.«
    »Aber nur die besten Pferde«, versicherte er. »Ich finde für Sie genau das, was Sie brauchen, und für einen guten Preis. Ihr Freund Avadon mag gute Pferde. Vielleicht könnten Sie mich ihm vorstellen.«
    Pferdehändler. Ich verdrehte die Augen und schenkte ihm ein schiefes Lächeln. »Vielleicht möchte ich doch nur bis zu meinem Auto mitfahren.«
    Mit befriedigtem Grinsen führte er mich aus dem Zelt zu einem schwarzen Mercedes und öffnete mir den
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