Schattenprinz 01 - Der Prinz der Schatten
wieder?«
» Er vertritt Euch auf dem Jahrmarkt, Hoheit. Man sagt, Ihr fühlt Euch nicht wohl.« Sie lächelte und streckte einladend die Hand aus.
Aber der Herzog beachtete ihr Lächeln gar nicht, er blickte starr auf ihre Hand und rührte sich nicht.
» Wirklich, lieber Schwager, Ihr solltet dem Ruf Quents folgen. Ich glaube, er hat eine wundervolle Überraschung für Euch.«
» Quent. Ich will, dass er herkommt!«
» Hoheit, er wartet draußen. Die Überraschung, Ihr versteht?«
» Ich will von dem Mittel, das der Fremde mir gebracht hat. Es ließ das Wort schweigen, wisst Ihr?«
» Ah, Ihr meint Meister Ured?«
» Ihr kennt ihn?«
» Natürlich, Hoheit, seit meiner Kindheit«, sagte Shahila und lächelte wieder, um ihre wachsende Ungeduld zu verbergen. Der Herzog musste sterben, bevor die Wachen hier waren. Und sie konnte ihn nicht töten, solange er in diesem Saal war. » Er ist draußen bei Quent, wisst Ihr? Er wartet auf Euch.«
» Draußen?«, fragte der Herzog, und seine schweren Augenlider flackerten unruhig.
Shahila streckte noch einmal die Hand aus. » Kommt, Hado, lieber Schwager. Wir wollen das Wort, das Euch so viel Kummer bereitet, wieder zum Schweigen bringen.«
Sahif stieß ins Leere, denn Almisan war leichtfüßig zwei Schritte zur Seite ausgewichen. Sein Gesicht zuckte leicht, als er das verwundete Bein belastete, das einzige Zeichen von Schmerz, das Sahif erkennen konnte. Der Rahis strahlte eine gefährliche Ruhe aus und schien es nicht besonders eilig zu haben, gegen Sahif zu kämpfen. Aber er stand ihm im Weg, und Sahif rannte die Zeit davon. Hinter der nächsten Ecke stöhnte und jammerte der Hauptmann um Hilfe.
» Warum das alles, Bruder?«, fragte Sahif. Er hatte keine Ahnung, was er tun sollte. Er konnte nur hoffen, dass sein früheres Ich ihm im Kampf zu Hilfe kam.
» Das musst du deine Schwester fragen, Sahif«, sagte Almisan. » Sie ist dort hinten.« Er griff an, und Sahif wich aus, aber mitten im Angriff hielt Almisan inne, als wolle er ihn nur erschrecken. » Wie langsam du bist, Bruder«, stellte der Rahis fest. War das Spott? Sahif spürte etwas Warmes am linken Arm – Blut. Almisan hatte ihn getroffen, dabei hatte er nicht einmal ernst gemacht.
» Ihr wollt den Herzog töten, ist es das?«
» Und wie klug du bist«, spottete der Rahis. » Aber nicht wir werden den Herzog töten, sondern du. Es ist übrigens sehr entgegenkommend von dir, gerade jetzt hier aufzutauchen.«
» Jetzt? Warum gerade jetzt?«, fragte Sahif und bewegte sich vorsichtig zur Seite. Er hätte die Hilfe seines alten Ichs gut gebrauchen können, aber noch zeigte es sich nicht. Er musste weiter, Almisan versperrte ihm jedoch mit aufreizender Ruhe den Weg.
Plötzlich erklang das helle Lachen einer Frau von irgendwo weiter hinten, ein Lachen, so hell und schrill, dass es Sahif kalt den Rücken hinunterlief. Der Rahis hörte es auch, lächelte wieder, trat einen Schritt zurück in den Schatten einer Steinsäule, und dann konnte Sahif ihn nicht mehr sehen. Er hob das Schwert zur Abwehr des unvermeidlichen Angriffs. Da – war das nicht eine Bewegung vor der Wand? Er blieb in Abwehrstellung und wusste, dass er nicht die geringste Chance hatte, wenn Almisan ihn wirklich töten wollte. Aber wollte er das überhaupt? Spielte er mit ihm? Das Poltern schwerer Soldatenstiefel klang heran. Sahif fluchte und rannte los, und jeden Augenblick befürchtete er, dass Almisan aus den Schatten hervorspringen und dieses Spiel beenden würde. Viel Zeit hatte er nicht mehr. Was hatte diese Bemerkung zu bedeuten, dass er den Herzog töten würde? Das würde er ganz sicher nicht tun. Oder doch? Gab es da irgendeinen finsteren Zauber, von dem er nichts wusste? Hatte sein altes Ich irgendetwas getan, was nun böse Früchte tragen würde? Der Thronsaal konnte nicht mehr weit sein, und er musste das Verhängnis aufhalten, koste es, was es wolle. Schon sah er die breite Pforte, und er sah auch gleich, dass Almisan hier gewesen war, denn vier tote Soldaten lagen davor. Sahif sah, dass jeder von ihnen nur eine einzige, aber tödliche Wunde davongetragen hatte. Almisan, dachte er. Dann lag da noch ein alter Mann, vielleicht ein Diener, sein lebloser Körper blockierte die Türflügel. Sahif sprang über ihn hinweg.
Die Doppeltür zum eigentlichen Wohngemach des Herzogs stand weit offen. Umflort vom Licht aus den zerbrochenen Fenstern stand dort ein Mann, der ihn mit schief gelegtem Kopf ansah. Der Mann sagte etwas, so leise,
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