Schattenprinz 01 - Der Prinz der Schatten
» Meldet den Wachen, dass Quent ein furchtbarer Fehler unterlaufen ist.«
» Quent?«, fragte der verwirrte Mann.
» Natürlich, er hat mit einem Blitz den Ostturm zerstört. Habt Ihr den Donner nicht gehört? Seht Ihr den Schneesturm nicht, den er herbeigerufen hat? Bringt Euch besser in Sicherheit!«
» Ein Blitz, natürlich, Herrin«, murmelte der Mann.
» Nun lauft!«, herrschte sie ihn an, und der Diener stürzte davon.
Sie ging weiter, fand einen Küchenjungen und dann eine Magd und einen jungen Soldaten, denen sie jeweils dasselbe auftrug: Quent habe Sturm und Blitz beschworen und dabei den Turm zerstört. Wird es oft genug wiederholt, werden es die Menschen schon glauben, dachte sie.
Plötzlich schob sich ihr der gewaltige Leib von Brahem ob Gidus in den Weg. Auch der Gesandte war leichenblass, doch wirkte er ganz und gar nicht kopflos. Sein Blick gefiel ihr nicht.
» Der Ostturm, habt Ihr es gehört, Baronin?«, rief er.
» Wie könnte ich nicht? Ich glaube, der Donner war im ganzen Land zu hören.«
» Im ganzen Land, wie wahr«, murmelte der Gesandte.
» Quent muss einen schrecklichen Fehler gemacht haben«, sagte Shahila und ging weiter.
» Sicher, er hat Fehler gemacht«, sagte Gidus mit einem durchdringenden Blick, versuchte aber nicht, sie aufzuhalten.
Als Shahila um die Ecke bog und schon die breite Pforte zu den Gemächern des Herzogs sehen konnte, hörte sie den Gesandten rufen: » Wachen! Zum Herzog, zum Herzog! Es sind Feinde in der Burg!«
Sahif rannte die langen Treppen hinauf. » Ist der Herzog auch gegen Pulver und Blei geschützt?«, hatte er den Mahr gefragt.
» Gegen jede Magie, jedes Gift, jede Waffe«, lautete die Antwort. » Aber vielleicht haben die Schatten einen Weg gefunden.«
Also rannte Sahif, rannte am hellen Tag durch eine Burg, deren Soldaten ihn zwei Tage lang durch die Stadt gehetzt hatten. Es waren jedoch zunächst keine Wachen zu sehen, nur die Dienerschaft. Und die Küchenjungen, Mägde, Köche, Stallburschen und Kammerdiener standen da oder rannten planlos über die Flure, starrten in das dichte Schneetreiben, das durch die offenen Fenster der Flure eindrang, oder drückten sich ängstlich in eine vermeintlich sichere Ecke. Sahif lief schneller.
Sie hatten Ela in den Stollen getragen, und Marberic hatte gesagt, dass Amuric sicher Rat und Heilung wüsste, und Sahif fortgeschickt. Zuvor hatte er jedoch verlangt, dass er niederkniete.
» Aber wozu?«
» Du brauchst den …« Und dann hatte er ein Wort in der Mahrsprache geknirscht, das Sahif nicht verstand. Aber er war dem Wunsch gefolgt, niedergekniet, und Marberic hatte ihm die Hand auf die Stirn gelegt und weitere Worte in seiner Sprache gemurmelt. Ein Segen, er hat mir einen Segen gespendet, dachte Sahif und wich einem weinenden Koch aus.
» Vielleicht brauchst du ihn, es ist mächtige Magie dort oben im Gange«, hatte Marberic gesagt.
Natürlich, dachte Sahif, als er durch die dunklen Flure hastete , es gibt zwei Magier in der Burg, dann noch Almisan, den Vertrauten meiner Schwester. Und jeder dieser Männer ist mein Feind. Er hielt eine aufgeregte Magd an: » Die Quartiere des Herzogs, schnell.«
Die Frau sah ihn mit großen Augen an. Sahif war klar, dass er nicht sehr vertrauenerweckend aussah in seiner schwarzen Kleidung, die von seiner Flucht, seinen Kämpfen und der Wanderung durch die Unterwelt schmutzig und zerrissen war. Außerdem hielt er das kurze Mahr-Schwert in der Hand, das Marberic ihm schließlich doch überlassen hatte. Die Frau öffnete den Mund, sagte aber nichts, sondern wich ängstlich einen Schritt zurück. Für so etwas hatte Sahif keine Zeit. Er fasste sie hart am Arm, hielt ihr das Schwert an den Hals und fragte noch einmal. Jetzt redete sie, vielleicht hatte sie in seinen Augen gesehen, dass er sie wirklich töten würde, wenn sie es nicht tat.
Als sie um Hilfe schrie, war er schon wieder auf der Treppe. » Ein Stockwerk höher«, hatte die Frau gesagt.
Im nächsten Stock wurde es nicht einfacher, und Sahif fluchte über die Baumeister, die diese verwinkelten Gänge angelegt hatten. Die ganze Burg schien planlos zusammengeschustert, aber Sahif folgte seinem Instinkt. Er konnte nur hoffen, dass er den Herzog rechtzeitig finden würde. Als die Gänge breiter und höher wurden und die ersten Wandteppiche zu sehen waren, dachte er, dass er auf dem richtigen Weg war. Er bog um die Ecke und rannte einen Mann über den Haufen, der den Waffenrock des Herzogs trug. Der Mann
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