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Schattenprinz 01 - Der Prinz der Schatten

Schattenprinz 01 - Der Prinz der Schatten

Titel: Schattenprinz 01 - Der Prinz der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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blieb stets nur kurze Zeit. Quent hatte die oberste Plattform erreicht. Ein frischer Wind empfing ihn, aber Wind und Wetter hatten ihm noch nie etwas ausgemacht. Er schlug die Plane des provisorischen Holzverschlags zur Seite und legte seine Pergamente schnaufend auf dem Tisch ab. Den kleinen Unterstand hatte er bauen lassen, weil er seine Gerätschaften schützen musste und keine Lust hatte, sie jedes Mal von unten heraufzuschleppen, und noch weniger Lust hatte er auf die Anwesenheit eines Dieners, der ihn bei der Arbeit störte – nein, er genoss die Ruhe und Abgeschiedenheit des Nordturms. Er prüfte die beiden großen Sanduhren im Schein einer kleinen Lampe. Sie gingen beide immer noch erstaunlich genau. Er trat aus dem Unterstand, sah auf und staunte, wie stets, über die unglaubliche Pracht des gestirnten Himmels. Da war das Sternbild des Jägers, und dort, ein kleines Stückchen nur von Siltahi, der Pfeilspitze, entfernt, stand der Wanderer, mit bloßem Auge gut zu erkennen. Eine ganze Weile verbrachte Nestur Quent in stiller Bewunderung der Pracht, dann machte er sich ans Werk.
    Das Fernrohr war eine Arbeit aus Elagir. Prinz Gajan hatte es ihm geschenkt. Ein Schatten legte sich auf Quents Gemüt. Der Prinz. Er war mit dem Schiff irgendwo auf dem Goldenen Meer unterwegs, gemeinsam mit seinem Bruder. Ihm fiel wieder ein, dass er sich um die Sache mit den Einladungen hatte kümmern wollen. Wenn sie ihr Kommen angekündigt hatten, warum waren dann weder der Herzog noch er selbst informiert worden? Und warum waren sie noch nicht eingetroffen? Er richtete sich auf, denn er konnte den Gedanken nicht länger verdrängen, dass etwas faul war. Der tote Verwalter musste dahinterstecken, doch Apei Ludgar war sicher nicht von allein auf diese Idee gekommen. Wer hatte ihn angestiftet – und warum? Und dann die Geschichte mit dem Schatten. Hatte sein Adlatus nicht eine Verbündete des Schattens in seinem Gewahrsam? Er hätte ihn vielleicht vorhin fragen sollen, was er bislang in Erfahrung gebracht hatte. Andererseits hätte Hamoch es bestimmt nicht für sich behalten, wenn er etwas Wichtiges herausgefunden hätte. Quent runzelte die Stirn. Dennoch, es roch geradezu nach Verschwörung. Doch wozu das alles? Atgath war eine arme, unbedeutende Stadt, es sei denn …
    Ihm wurde kalt; es sei denn, man kannte ihr Geheimnis! Er starrte ins Nichts. Hamoch hatte nur geraten, er wusste nichts Genaues, sonst hätte er sich doch nicht so übers Maul fahren lassen. Wie war er eigentlich darauf gekommen, das Thema beim Bankett anzuschneiden? Quent hatte die meiste Zeit nur halb zugehört, aber nun war ihm, als hätte die Baronin davon angefangen. Die Baronin, Tochter des Großen Skorpions, verheiratet an einen armen Prinzen … Quent atmete tief durch, sein Atem stand weiß in der kalten Nachtluft. Das alles mochte auch ein Zufall sein. Der tote Verwalter, die rätselhaften Einladungen, Belerans Hochzeit, die alten Geheimnisse – wo sollte da eine Verbindung sein? Und dass die Prinzen Gajan und Olan in einem Schiff reisten, und ein Schatten versucht hatte, in die Burg einzudringen? Quent schüttelte den Kopf. Selbst einem Schatten dürfte es schwerfallen, Herzog Hado auch nur zu verletzen, denn er war gut geschützt. Kein Gift, keine Magie und keine Waffe konnten ihn töten.
    Das Schiff, beide Prinzen reisten auf einem Schiff, und wenn sie zum Bankett hätten hier sein wollen, waren sie zu spät. Das war beunruhigend. Quent hielt inne. Den Wind, er konnte den Wind fragen! War er nicht ein Meister der Wolken, ein Zauberer neunten Ranges der ehrwürdigen Schule des Lebendigen Odems? Es waren gewisse Vorbereitungen nötig, aber er konnte den Wind befragen, der würde ihm sagen, ob die Prinzen auf ihrem Schiff in Sicherheit waren. Natürlich müsste er dafür hinuntergehen, einige Dinge besorgen, einen Sturmkreis anlegen. Er blickte auf die Sterne, die vom Nachthimmel blinkten. Der Wanderer war nicht mehr weit von der Pfeilspitze des Schützen entfernt. Mit bloßem Auge konnte man sie bereits für einen einzigen Stern halten. Wenigstens das wollte er sich ansehen. Auf diesen Moment hatte er Jahre gewartet. Das andere, die offenen Fragen, die seltsamen Ereignisse – vermutlich sah er nur Gespenster, und es steckte gar nichts dahinter. Seine Fragen an den Wind konnten auch noch ein oder zwei Stunden warten.

Mitternacht
    Faran Ured hatte sich einen geschützten Platz im Schatten gesucht. Der Kristallbach führte viel Wasser, und der Uferweg

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