Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattenprinz 01 - Der Prinz der Schatten

Schattenprinz 01 - Der Prinz der Schatten

Titel: Schattenprinz 01 - Der Prinz der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
Vom Netzwerk:
war an dieser Stelle teilweise überschwemmt, die Häuser schon lange verlassen. Ured entzündete eine Kerze und schirmte sie sorgfältig ab. Es war wichtig, dass er nun eine Weile ungestört und ungesehen blieb. Er kniete am Wasser und riss ein Stück Pergament von einem der Blätter, die ihm die Witwe Ludgar freundlicherweise überlassen hatte. Er dachte kurz nach, dann schrieb er: » Zweiter Schatten in der Stadt.« Er zögerte kurz, aber dann beließ er es vorerst dabei. Seine Auftraggeber ließen ihn über vieles im Unklaren, er sah nicht ein, warum er ihnen seinerseits mehr mitteilen sollte als unbedingt nötig. Er betrachtete den Teller im Mondlicht. Er schimmerte matt, die schwarze Verfärbung war verschwunden. Noch einmal wischte er ihn ab und stellte ihn in den Bach, so dass das Wasser nur auf einer Seite hineinlief und sich dann staute. Der Mond stand inzwischen recht hoch, aber er gab einfach zu wenig Licht ab, um auf die Kerze zu verzichten, auch wenn ihm das lieber gewesen wäre. Ured starrte in den Teller und wartete, dann kräuselte und verfärbte sich das Wasser golden im Licht einer Öllampe, die auf der anderen Seite entzündet worden sein musste. Ein massiger Kopf füllte das Bild. Wieder einmal fragte sich Ured, warum der Große Skorpion ausgerechnet Prinz Weszen diese Angelegenheit übertragen hatte. Er war ebenso fett wie beschränkt, und seine kleinen Schweinsaugen wirkten selbst in diesem verschwommenen Bild niederträchtig. Ured deutete eine Verneigung an, zeigte den Pergamentstreifen und legte ihn in den Teller.
    Prinz Weszen tat es ihm gleich. Die Schrift verblasste schnell, und Ured sah, wie der Prinz seinen Streifen aus dem Teller zog und las. Er schien mit jemandem zu reden, den Ured nicht sehen konnte, nahm, vielleicht von einer weiteren unsichtbaren Person, nun seinerseits ein schmales Pergament entgegen und legte es ins Wasser. Ured sah, wie auf seinem Pergament, das noch im Teller lag, neue schwarze Buchstaben erschienen. Er nahm das Blatt schnell heraus und hielt es ins Licht. Kümmert Euch nicht um ihn, entzifferte er mühsam.
    Das beantwortete ihm immerhin die Frage, ob Prinz Weszen Bescheid wusste. Aber stand der Schatten nun in seinen Diensten oder in denen der Baronin? Weszen legte einen zweiten Zettel in den Teller, und Ured auch. Wie kommt sie voran?, las er.
    Niemand hat Verdacht geschöpft, schrieb er zurück, auch wenn er nicht genau wusste, ob das stimmte.
    Beobachtet. Bleibt verborgen. Sorgt für ihren Sieg, kam es zurück. Dann zitterte das Bild und verschwand. Offenbar war der Magier, der die Verbindung für den Prinzen hielt, nicht fähig, sie lange zu halten. Das sprach weder für den Zauberer noch für den Prinzen, der ihm diese Aufgabe übertragen hatte. Weszen war natürlich nicht der eigentliche Auftraggeber, und Ured fand es beleidigend, dass sie ihn das glauben machen wollten. Er starrte ins schäumende Wasser und dachte nach. Wie alle Söhne des Skorpions war Weszen seinem Vater treu ergeben, was vor allem daran lag, dass er genau wusste, dass er nur sicher war, solange Akkabal at Hassat lebte. Ansonsten war er dumm, brutal und rücksichtslos. Natürlich, der Prinz war eine fleischgewordene Drohung. Sie meinten es ernst, das war es, was sie ihm hatten sagen wollen, als sie Weszen auf dem schwarzen Schiff zu ihm geschickt hatten. Er starrte in das Wellengekräusel über dem Teller. Der Prinz war fort, aber das Wasser erlaubte ihm, andere Dinge zu sehen. Er suchte nach der grünen Insel im Osten, wo unter knorrigen Kiefern ein weißes Haus auf ihn wartete, die Insel, auf die der Schatten eines schwarzen Segels gefallen war, und wo nun seine Frau und seine Töchter als Geiseln des Prinzen auf seine Rückkehr warteten. Plötzliche Angst flackerte in ihm auf. Solange er tat, was Weszen verlangte, würde ihnen angeblich kein Leid geschehen, aber konnte er sich darauf verlassen? Das Wasser im Teller zitterte. Er fand nicht, was er so dringend suchte, offenbar war sein Geist nicht frei genug. Stattdessen sah er plötzlich ein Feuer: Etwas brannte, mitten auf dem Wasser, lichterloh. Ein Schiff. Und im Wasser waren kleine Punkte. Er starrte hinein, aber dann verflüchtigte sich das Bild, und sosehr er sich bemühte, er konnte es nicht zurückrufen.
    Kapitän Sepe Baak starrte auf das Flammenmeer, und nun packte ihn doch das Grauen. Er fasste sich an die Brust und fühlte den verfluchten Beutel. Hätte er ihn doch nur niemals angenommen! Das Boot schwankte in den

Weitere Kostenlose Bücher