Schattenprinz 02 - Der Prinz der Klingen
Prinz. So gewinnen wir etwas Zeit, und Eure Arbeit war nicht völlig umsonst. Oder besteht Ihr weiterhin darauf, den armen Teufel da zu bestatten?«
Gajan schüttelte den Kopf. » Die nächste Flut würde ihn wohl doch mitnehmen«, sagte er mit flacher Stimme. Er starrte über das Meer und fragte sich, warum man es das Goldene nannte. Grau waren die Wogen, und sie brachen sich gelegentlich mit blasser Gicht über halb verborgenen Felsen, die dieses Gewässer zur Todesfalle für Schiffe machten.
» Und die andere Sache?«, fragte der Rudersklave.
Gajan zögerte. » Was, wenn wir ihn überwältigen, ihm das Messer einfach abnehmen?«
» Er ist nicht alleine, und bei einem Kampf kann alles Mögliche geschehen, uns, Eurem Sohn. Auch würde ich kein Auge zutun, solange Arbeq atmet. Er ist sehr rachsüchtig, Prinz.«
» Gibt es denn gar keine andere Möglichkeit, Kumar?«
» Arbeq könnte klug sein und mir das Messer freiwillig überlassen. Oder einer alleine könnte es versuchen, mit einem kleineren Floß. Vielleicht trifft er rechtzeitig auf ein Schiff oder findet Land und Leute, die helfen können, doch glaube ich nicht daran, denn sonst wäre ich schon fort.«
» Warum, ich meine, warum fragst du mich, Kumar? Glaubst du, dass ich einen so guten Ruderer abgebe, dass es ohne mich nicht geht?«
Kumar lachte leise und wies auf die Eisen an seinen Füßen. » Ich bin ein Sklave, Prinz. Man würde mich nur wieder an ein Ruder ketten, wenn ich überlebte. Nein, ich brauche Euch, denn ich halte Euch für weise genug, angemessene Dankbarkeit zu zeigen, wenn ich Euch und Hadogan vor dem sicheren Tod rette.«
» Du willst, dass ich dich freilasse?«, fragte Gajan das Offensichtliche.
Kumar nickte knapp. » Ich muss jedoch wissen, ob ich mich auf Euch verlassen kann, und dazu muss ich erfahren, ob Ihr bereit seid, das zu tun, was nötig ist.« Er ging in die Hocke und sah Gajan in die Augen. » Seid Ihr es, Prinz?«
Gajan wich dem Blick aus und schaute hinüber zu den anderen Überlebenden. Dann blickte er zum Himmel. Es sah wirklich nach Regen aus, aber es gab keine Möwen unter den Wolken und auch sonst niemanden, der mitbekam, was hier geschah. » Hadogan hat es nicht verdient, hier zu sterben«, sagte er leise. » Tu, was du tun musst, aber ich will dennoch zuerst versuchen, Arbeq zu überzeugen, mir das Messer zu überlassen.«
» Ihr könnt es versuchen, Prinz, aber er wird es nicht tun, und dann müssen wir schnell und entschlossen handeln. Könnt Ihr das?«
Gajan starrte in den schwarzen Sand. Er wusste es nicht.
Als Shahila aus der verborgenen Kammer in die Gemächer des Herzogs trat, herrschte dort immer noch dasselbe Chaos wie am Vortag. Sie runzelte die Stirn. » Wo sind die Leute, die hier aufräumen sollten, Almisan? Wo ist der Mann, der die zerstörten Fenster instand setzen wollte?«
Der Hüne zuckte mit den Schultern. » Offenbar gehen sie nun doch erst einmal zu Beleran, bevor sie Eure Befehle ausführen. Und leider hat Euer Gatte keine Ahnung, was zu tun ist.«
» Und warum erfahre ich davon nichts?«
» Ich war mit Dingen außerhalb der Burg befasst, Hoheit«, erklärte Almisan ruhig.
Shahila wollte ihn schon anfahren, dass er seine Pflichten vernachlässigt habe, aber dann erinnerte sie sich gerade noch rechtzeitig, welche Aufgaben sie ihm übertragen hatte: Er musste die Jagd auf Sahif organisieren, Boten an ihre Krieger schicken, die noch im Norden warteten, und Kundschafter nach Felisan senden, um zu erfahren, was der Seebund plante. Sie quittierte es mit einem Lächeln, dass er gar nicht versuchte, sich zu rechtfertigen, obwohl er es leicht gekonnt hätte. » Und Beleran sagt diesen Narren nicht, dass sie mir zu gehorchen haben?«
» Er sagt fast gar nichts, Hoheit. Und da Hamoch sich in seinen Katakomben vergraben hat, scheint im Augenblick niemand die Geschicke der Burg und der Stadt zu lenken.«
» Das heißt, diese Schafe tun lieber gar nichts, als meinen Befehlen zu folgen? Gestern haben sie mir gehorcht.«
Almisan nickte. » Gestern hatten sie genug Angst. Heute lassen sie sich lieber von ihrer Trauer als von Euch beherrschen, Hoheit.«
Shahila trat an die zerbrochenen Fenster und blickte über die Dächer der Stadt. Es wurde bereits dunkel, und die Umrisse der Häuser verschwammen in der Dämmerung. » Es ist schwer zu glauben, dass dieses Nest all die Mühe wert ist, Almisan«, sagte sie und unterdrückte ein Gähnen. Sie hatte die ganze letzte Nacht nicht geschlafen, hatte
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