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Schattenprinz 02 - Der Prinz der Klingen

Schattenprinz 02 - Der Prinz der Klingen

Titel: Schattenprinz 02 - Der Prinz der Klingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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zu.
    Er schwieg und blickte hinüber zu Ela, die beinahe unbeschwert auf diesem Grabhügel saß und sich mit dem Westgarther angefreundet hatte. Sie hatte diese Fähigkeit, mit anderen Menschen sofort warm zu werden, und er konnte nur darüber staunen. Er spürte Ainas Hand auf seinem Arm. Aina – das war etwas ganz anderes.
    Da gab es etwas, was ihm nicht aus dem Kopf ging, etwas, das er gesehen hatte, auf der Sperber, unter Deck. Er hatte ihr Gesicht gesehen, nachdem er den Matrosen getötet hatte. Da war Schrecken und Entsetzen gewesen, aber auch noch etwas anderes, etwas, von dem er fast glaubte, dass sie es zu verbergen versuchte: Es gefiel ihr, ja, sie hatte es genossen, ihm beim Töten zuzusehen. Er hatte lange darüber nachgedacht, hatte sich gefragt, ob er sich getäuscht hatte, aber, nein, es hatte ihr gefallen. Er sagte sich, dass sie alles Recht dazu hatte, schließlich hatte der Mann sie vergewaltigen wollen, aber irgendwie konnte er nichts gegen den Verdacht tun, dass sie es auch genossen hätte, wenn der Mann unschuldig gewesen wäre. Blutgier, das war das Wort, das ihm in den Sinn kam, wenn er es für sich zu beschreiben versuchte. Doch wie passte das zur sanften, zerbrechlichen Aina? Ihre Hand lag immer noch auf seinem Arm. Er schob ihn zur Seite und erhob sich. » Lasst uns endlich aufbrechen. Diese Ebene macht mich krank, mit ihren Toten und Geheimnissen und ihren unsichtbaren Fallen.«
    » Solange sie Euch nur krank macht und nicht tötet, dürft Ihr Euch glücklich schätzen, Oramarer«, meinte Garwor trocken.
    Sie verließen den Grabhügel und umgingen einige Skelette, die weiß im hohen Gras schimmerten. Dann erreichten sie zwei unfertige große Steinschleudern und einen umgestürzten Belagerungsturm.
    » Haben sie die nicht auf der falschen Seite dieses Baches gebaut?«, fragte Sahif, um die drückende Stille zu durchbrechen.
    » Kann schon sein«, meinte ihr Führer. » Aber sie wollten wohl wenigstens für den Bau außer Reichweite der Mauern bleiben. Die da drüben hatten solche Maschinen doch auch.«
    Sie stießen auf eine gut gepflasterte, breite Straße, der sie eine Weile schweigend folgten.
    Plötzlich blieb Garwor stehen und winkte Leiw nach vorn. Die beiden berieten sich leise, dann führte Garwor sie Richtung Bach, obwohl die Straße weiter geradeaus führte. » Sie ist nicht so sicher, wie sie aussieht«, erklärte er, als Sahif nach dem Grund fragte. » Seht ihr das Flimmern dort vorne nicht?«
    Sahif starrte die Straße entlang. Tatsächlich schien die Luft dort zu flirren, und das Gras, das sonst leblos im Zwielicht stand, wirkte, als würde es sich bewegen.
    » Was ist das?«, fragte er beunruhigt.
    » Die Leichenfresser nennen sie die Sense, weil sie durch das Gras geht«, meinte ihr Führer mit einem Achselzucken. » Allerdings schneidet diese Sense kein Gras, sondern Knochen. Der alte Ruwar hat hier ein Bein und seinen linken Arm verloren, und er hatte mehr Glück als andere. Sie ist tückisch, diese Sense , immer in der Nähe des Bachs, aber nie zweimal an derselben Stelle zu finden. Doch weiter jetzt.«
    Er führte sie in das regungslos stehende Schilf, das am Ufer des Baches wuchs. Wuchs es denn noch? Oder stand es nur da, seit hundert Jahren, und starb einfach nicht, fragte sich Sahif. Die trockenen Blätter raschelten leise, als sie vorsichtig und vor allem langsam hindurchschritten, weil Garwor sagte, dass die Sense manchmal auch binnen Augenblicken den Platz wechseln konnte. Sahif glaubte, ihre Nähe zu spüren, als sie durch das leblose Schilf liefen und das leise Rascheln die unnatürliche Stille nur noch stärker hervorhob.
    » Hier gibt es keine Vögel«, stellte er plötzlich fest.
    » So ist es«, meinte Garwor. » Nicht einmal Krähen wagen sich hierher. Sie sind klüger als wir.«
    Sahif blickte zum rötlichen Himmel. Dass es hier auch niemals richtig hell wurde! Aber es waren nicht nur die Vögel und das Tageslicht, es fehlte noch etwas anderes in dieser Landschaft, er kam jedoch nicht darauf, was das war.
    Endlich, nach einer endlos scheinenden Zeit in dem so tot wirkenden Schilf, führten sie ihre Wegfinder zurück auf die Straße, und kurz darauf kam die steinerne Brücke in Sicht. » Auf der anderen Seite wird es besser«, meinte Garwor. » Es scheint, dass selbst die bösen alten Zauber Angst vor dem haben, was hinter den Stadtmauern lauert.«
    » Gut«, sagte Sahif knapp, der annahm, dass es irgendwie an der Bruderschaft der Schatten lag, dass die

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