Schattenprinz 02 - Der Prinz der Klingen
durch und stieß ihn von sich, so dass er einem seiner Freunde in den Speer taumelte, duckte sich unter einem Schwertstreich hindurch und sah seiner eigenen Messerhand zu, wie sie die Klinge tief im Bauch des nächsten Angreifers versenkte. Er riss sie wieder heraus und sah in kristallener Klarheit, wie die Gedärme durch die aufgeschlitzte Bauchdecke drangen. Er hatte das getan. Es war ein kaltes, ein gutes Gefühl.
Askon, er wollte Askon, der schon an ihm vorbei war und sich auf Ela Grams stürzte, aber Leiw stellte sich ihm in den Weg. Sahif zuckte instinktiv zurück, weil aus dem Nichts ein Schwert nach ihm schlug. Er trat einem der Westgarther gegen den Schild, so dass dieser zurücktaumelte, fuhr herum und fing mit der Linken den Arm eines anderen ab, der ihm mit einer Axt den Schädel spalten wollte. Er genoss die Überraschung in den Augen seines Feindes, als er ihm das Messer ins Herz rammte. Aber dann spürte er einen Stich im Bein. Der mit dem Schild war zwar zu Boden gegangen, hatte aber mit seinem Speer nach ihm gestochen und ihn am Oberschenkel erwischt.
Zischend sprang Sahif zurück. Er sah, dass Aina sich verzweifelt gegen einen Mann wehrte, der sie umklammert hatte. Er musste ihr helfen! Er tauchte unter einem Schwert hindurch, durchschnitt die Kniesehnen eines anderen Mannes und stand dann dem Westgarther gegenüber, der sich an Aina vergreifen wollte. Der glotzte ihn an und hielt Aina immer noch sein Messer an den Hals. Aber er war langsam, und Sahif, der Schatten, war schnell. Es war, als seien alle um ihn herum im Augenblick gefroren, und nur er hatte die Zeit zu handeln. Seine Linke schoss vor, packte die Messerhand und brach dem Feind mit roher Kraft das Handgelenk. Der Mann ließ Aina schreiend los und taumelte zur Brüstung zurück. Sahif folgte ihm nur einen Schritt, fuhr herum, parierte einen Schwertstreich mit seinem Messer und trat beinahe gleichzeitig dem Westgarther an der Brüstung hart in den Unterleib, so dass dieser japsend hinüberfiel, und das alles geschah in solcher Langsamkeit und Selbstverständlichkeit, dass er sogar die Zeit hatte, sich darüber zu wundern, dass er den Leib nicht ins Wasser klatschen hörte.
Der Mann mit dem Schwert war zurückgewichen, er hinkte stark, und Sahif erinnerte sich daran, dass er ihm die Sehnen am Knie durchtrennt hatte. Er zögerte, denn er spürte, dass die kalte, alles ausfüllende Gewissheit des Kampfes wich. Das Bild hatte sich geändert. Aina kauerte neben ihm, sie schien verstört, aber nicht verletzt. Ela rang mit Askon, der am Arm blutete. Sie standen über Leiw, der bleich und mit einer klaffenden Wunde in der Brust auf der Brücke lag und nach Luft schnappte. Garwor war bei ihm und hielt ihm die Hand, ohne sich um den Kampf zu kümmern. Der Mann, der Sahif eben noch mit dem Schwert hatte angreifen wollen, erfasste die veränderte Lage ebenfalls: Er ließ Schwert und Schild fallen und hinkte davon.
Somit war nur noch Askon übrig. Aber auch der erkannte jetzt, dass sich das Blatt gewendet hatte. Er schlug Ela hart in den Unterleib, warf seine Axt nach Sahif, der ihr mit Leichtigkeit auswich, und dann rannte er dem anderen hinterher. Sahif wollte ihm nach, aber nach zwei Schritten spürte er einen stechenden Schmerz im Bein und hielt inne. » Komm zurück, du Feigling«, brüllte er.
Aber Askon dachte nicht daran. Er rannte hinter seinem Mann über die Straße. Er hatte ihn schon fast eingeholt, blieb aber auf einmal stehen, als habe er an der Straße eine Gefahr entdeckt. Der andere hinkte weiter, bis ihm plötzlich eine unsichtbare Gewalt den Kopf vom Rumpf trennte. Es geschah aus dem Nichts, ohne jede Vorwarnung, und der kopflose Leib hinkte noch drei Schritte, bevor er zu Boden fiel. Askon schlug einen Haken und sprang ins Schilf.
» Die Sense «, sagte Garwor mit leiser Stimme. » Ich sagte doch, dass sie den Ort wechselt. Aber leider hat sie den Falschen erwischt.«
Sahif hinkte zurück zu Aina, die sich zitternd an die Brüstung drückte. Er erinnerte sich an den Mann, den er mit einem Fußtritt von der Brücke befördert hatte, und blickte hinab in den Bach. Der Mann lag da unten im flachen Flussbett, wie erstarrt, eine Hand ragte hilfesuchend aus dem Wasser. Er war tot, ohne Zweifel, aber sicher nicht durch den Sturz umgekommen. Sahif starrte hinab. Es bewegte sich gar nichts dort unten, nicht einmal das Wasser. Der Mann lag wie unter trübem Glas. Jetzt wusste er auch, was ihm die ganze Zeit gefehlt hatte: Es war das
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