Schattenprinz
tief ein. Flays schlangenhafte Augen weiteten sich aufgrund der Verletzung und zuckten zu Adele. Eine Krallenhand schleuderte die Prinzessin wieder aufs Deck.
Adele schrie auf, als sich Dunkelheit um sie schloss. Schmerz loderte in jedem Nerv auf. Angestrengt kämpfte sie darum, bei Bewusstsein zu bleiben, weil Gareth sie brauchte. Als sich die Kriegsführerin nach ihr bückte, sammelte Adele all ihre Kraft und stieß Flay die zischende Klinge in den Hals.
Die Vampirin taumelte zurück, und Blut sprudelte zwischen ihren krallenbewehrten Fingern hervor. Adele wusste, dass sie nicht stark genug für diesen Kampf war, doch sie musste Gareth Zeit verschaffen. Also kämpfte sie sich auf die Knie hoch. Flay packte sie am Hals, um das verbliebene Leben aus ihr herauszuquetschen, doch die Vampirin kreischte bei der Berührung auf. Adele versuchte nicht einmal, nach Flay zu greifen. Stattdessen riet ihr der Überlebensinstinkt, die Hand nach dem Kreuz auszustrecken, das sie aus dem Staub in Greyfriar’s Kirk gerettet hatte.
Trotz ihres vernebelten Blicks schlang Adele die Kette um Flays Hals, ein fieberhaftes Gebet auf den Lippen. Sofort spürte die Prinzessin, wie sich Wärme in ihr ausbreitete, die ihr Kraft und Trost verlieh, während Flay vor Schmerz schrie. Die Vampirin ließ das Mädchen los und prallte gegen die Reling. Panisch zerrte sie an dem Gegenstand, der sie umschlang. Adele stemmte ihren gestiefelten Fuß gegen Flay und stieß die Vampirin über die Reling. Dann brach die junge Frau über dem Schanzkleid zusammen und sah zu, wie die abscheuliche Flay wie ein Stein in die Tiefe stürzte und schreiend in den Wolken unter ihr verschwand.
Im nächsten Moment flog Adeles Blick zu Greyfriar. Sie packte das Ende des Taues genau in dem Moment, als es riss.
»Lass nicht los!«, rief Gareth. »Ich kann mit dem Schiff nicht mithalten.«
Das harte Tau riss Adeles Hände auf. Der Schmerz rüttelte ihre betäubten Sinne wach, doch er verlieh ihr keine Kraft. Sie würde ihn verlieren. Frisches Blut quoll aus ihren Händen und machte das Seil noch rutschiger. Wild sah sie sich nach irgendetwas um, das ihr helfen konnte. Alles, was sie entdeckte, waren mannschaftsangehörige Blutdiener.
»Helft mir!«, flehte sie. Sicher mussten sie noch einen Funken Menschlichkeit in sich haben. Doch sie starrten sie nur dümmlich an, bevor sie sich wieder ihren Pflichten zuwandten.
Eine dunkle Gestalt glitt hinter ihr übers Deck, und sein Schatten fiel auf sie.
Cesare.
Mit einem knurrenden Zähnefletschen packte er Adele und schleuderte sie aufs Deck. Dann entriss er ihr das Tau und warf es über die Reling.
»Nein!«, schrie sie, während sie vergeblich hinter dem verschwundenen Tau herkroch.
Verwundert über ihren Gefühlsausbruch wegen eines Taus warf Cesare einen Blick über die Bordwand. Blitzend fuhr ein Schwert hoch und durchbohrte seine Brust. Cesare fiel rückwärts, wie betäubt von der Waffe, die aus seinem Fleisch ragte.
Angestrengt versuchte Gareth mit einer Hand Halt an der Reling zu finden. Seine Verletzungen waren schwer, und er hatte eine Menge Blut verloren. Er war geschwächt und sich nicht sicher, ob er es schaffen würde, ganz nach oben zu klettern.
Doch plötzlich war Adele da und streckte ihm mit verzweifelter Hoffnung ihren unverletzten Arm entgegen. »Beeil dich!«
Ohne zu zögern, ergriff Gareth die ihm angebotene Hand und zog sich an Deck. Mit wackligen Beinen richtete er sich auf, während Adele, die endgültig all ihre Kraftreserven aufgebraucht hatte, zusammensackte.
Cesare riss sich die Klinge aus der Brust. Er sah keine Vampire in der Nähe. Keiner der Pale hatte den Angriff der Amerikaner überlebt. »Tötet sie!«, schrie Cesare den menschlichen Drohnen ringsum zu, wobei er auf Adele und Greyfriar deutete. »Tötet sie sofort!«
Sie gehorchten – ohne nachzudenken, ohne Verstand. Wie eine heranstürmende Meute griffen sie an.
Greyfriar wollte diese Menschen nicht töten, aber er hatte keine andere Wahl. Nichts durfte ihn aufhalten. Adele musste überleben. Blut, Fleisch und Stahl wirbelten, bis unvermittelt Ruhe herrschte und nur noch Greyfriar stand, durchnässt vom frischen Blut der Getöteten. Voller Entsetzen starrte Cesare ihn an. Nun war er allein.
Cesare war zwar verwundet, doch Greyfriar ging es schlechter. Mit einem dröhnenden Brüllen stürzte sich Cesare auf seinen Feind.
Er hatte noch nie gegen einen Menschen mit solcher Kraft und Schnelligkeit gekämpft. Greyfriar wich
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