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Schattenraum 01 - Garlyn - Das Schattenspiel

Schattenraum 01 - Garlyn - Das Schattenspiel

Titel: Schattenraum 01 - Garlyn - Das Schattenspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dane Rahlmeyer
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Kirai einmal gefunden, und er würde sie wieder finden. Oder Waridur würde ihm seine Facettenaugen eigenhändig ausbrennen.
    Er drückte einen geheimen Knopf, der in die Intarsien seines Schreibtischs eingearbeitet war. Ein winziger Verschlag öffnete sich lautlos. Waridur nahm die Phiole, die darin lag. Er schüttelte sie, dann hielt er sie gegen das Licht und bewunderte die leuchtende rubinrote Flüssigkeit darin. Kirais Blut. Der Fokus, den Tsirgul brauchte.
    Leder knautschte, als er sich in seinen Sessel zurücklehnte. Wieder spürte er den tiefen Stich, den ihr Verrat in seinen Herzen hinterlassen hatte.
    Gedankenverloren betrachtete er das Blut in der Phiole. Das selbe Blut, das auch durch die Venen ihrer Mutter geflossen war. Das Blut von Verrätern. Er hätte es wissen müssen. All seine Liebe und Hingabe waren vergebens gewesen.
    Doch das zählte nicht. Nur sein eigenes Leben war jetzt wichtig. Ihm war klar, wenn er Kirai nicht fand, und mit ihr den Jungen, war sein Schicksal besiegelt.
    Für einen Moment verwünschte er sich dafür, sich mit einer Kreatur wie Ruuli Kahn eingelassen zu haben. Doch es war Zeitverschwendung, zu bedauern, was er nicht mehr ändern konnte. Und noch war es nicht zu spät. Er konnte eine Niederlage trotzdem in einen Triumph verwandeln. Er war nicht dorthin gekommen, wo er heute stand, weil er sich von Unvorhergesehenheiten umwerfen ließ.
    Eine Tür knarrte leise. Waridur blickte auf und erwartete, Tsirguls kleinwüchsige Gestalt durch den geheimen Zugang in sein Büro treten zu sehen; seine starren Facettenaugen in dem helmartigen Kopf aus dunkelgrünem Chitin, die vier spillerigen Arme mit den drei Fingern, die er ständig nervös knotete und verschränkte.
    »Du hast mich warten lassen, alter Käfer«, wollte er sagen.
    Aber da war niemand. Die Geheimtür blieb verschlossen. Dafür stand die Tür zum Korridor offen – bis ein unspürbarer Wind sie wieder zu verschließen schien.
    Waridur stutzte, als er für einen Moment ein kaum wahrnehmbares Flirren in der Luft sah; den Hauch eines Umrisses, der näher kam. Groß, skeletthaft.
    Tarnpolymer!
    Waridurs Finger zuckte sofort zum Alarmknopf des Kom-Systems – und gefror mitten in der Bewegung, als eine Welle aus Frost seinen Verstand traf und ihn zurück in seinen Sessel warf.
    Es war nicht das erste Mal, dass er von einem Telepathen angegriffen wurde. Bislang war sein Wille immer stark genug gewesen, jede Attacke mit Leichtigkeit abzuschmettern.
    Nicht dieses Mal.
    Waridur bäumte sich auf, als Finger wie Skalpelle durch seine Hirnwindungen schnitten. Er wollte schreien, aber er konnte nicht; sein ganzer Körper war wie versteinert, gehörte nicht länger ihm. Wie eine Statue verharrte er in seinem Sessel, während seine Herzen gegen die Brust hämmerten.
    Der Geist eines Gesichts erschien vor ihm, als sich das halb unsichtbare Wesen zu ihm beugte. Es grinste ihn an, wie ein Totenschädel aus hauchzartem Glas, gierig nach seinem Schmerz.
    Erinnerungen wurden aus Waridurs Schädel gerissen; die Ereignisse der heutigen Nacht rasten wie ein Holofilm im schnellen Vorlauf durch seinen Geist. Seine Synapsen brannten in tiefblauem Feuer.
    »Ahhhh«, machte das fast unsichtbare Wesen, als tränke es genüsslich seine Gedanken.
    Waridur spürte etwas Warmes, Nasses sein Bein hinabrinnen. Seine Hände verkrampften sich hart um die Armlehnen, so dass seine Knochen zu zersplittern drohten. Und das Wesen zehrte weiter von seinen Erinnerungen, voller Lust und Bosheit.
    Als stünde ein Kom-Kanal in beide Richtungen offen, konnte Waridur für einen Sekundenbruchteil in die Gedanken der Kreatur blicken. Er sah die lange Reise, die sie hinter sich hatte. Eine sterbende Terranerin, blutend auf der Brücke ihres Schiffs. Gestohlene Erinnerungen an Heska und die anderen, die Kirai zu ihm gebracht hatten. Sie hatten das Wesen hier hergeführt, ohne es zu ahnen.
    Es suchte das selbe wie Ruuli Kahns Leute. Das selbe wie er.
    Es suchte den Jungen.
    Die Zähne so fest aufeinander gepresst, dass sie drohten, ihm im Mund zu zerspringen, strengte Waridur all seine Kraft an und bäumte sich gegen den telepathischen Griff des Wesens auf.
    Doch seine Glieder waren wie schockgefroren, seine Nerven gelähmt. Und noch immer wühlten die eisigen Krallen durch seinen Verstand und entrissen ihm seine Geheimnisse.
    Dann war es vorbei.
    »Ich danke dir, Konnar Waridur«, sagte eine flüsternde Stimme, kalt wie das All.
    Zwei Hände packten seinen Kopf.
    »Nein!«,

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