Schattenschwestern - Feehan, C: Schattenschwestern - Conspiracy Game
in die Küche kam. »Hier steht eindeutig, dass Koffein schädlich ist«, sagte Jack.
Briony blickte in sein Gesicht auf. »Nein, das steht da nicht. Ich habe das ganze Buch gelesen, und davon ist nirgends die Rede. Du wirst es noch einmal lesen müssen.«
»Nein, nicht ich, sondern du.« Er zog einen Rotstift aus der Tasche und hielt ihn hoch. »Das ist die neueste Ausgabe, mit wichtigen Ergänzungen und Anmerkungen.«
Sie lächelte ihn schüchtern an, denn nur sie beide wussten, wovon sie sprachen.
Ken streckte die Hand nach dem nächsten Brötchen
aus, und ein Messer flog durch die Luft und grub sich einen Zentimeter neben seiner Hand in den Tisch.
»Finger weg, du Brötchendieb.«
Briony verdrehte die Augen. »Na toll, Jack. Ich kann dir nur raten, das nicht in Anwesenheit des Babys zu tun.«
» Der Babys«, verbesserten sie die beiden Männer gleichzeitig.
»Wunderbar, jetzt kriege ich es schon in Stereo zu hören«, beklagte sich Briony.
Jack zog das Messer aus dem Tisch und steckte es wieder in die Scheide an seinem Gürtel. »Sie hat gesagt, ich sei ausgeflippt, Bruder. Hast du mich jemals ausflippen sehen?«
Ken hustete in seine Serviette und erstickte fast. Jack musste ihm auf den Rücken klopfen. Von dort aus glitt Jacks Hand auf die Schulter seines Bruders und drückte kurz zu, bevor er sich setzte.
15
BRIONY BEOBACHTETE JACK, als er barfuß durch das dunkle Zimmer tappte. Er war lange aufgeblieben und hatte gelesen. Sie war sicher, dass er es vor allem in der Hoffnung getan hatte, wenn er ins Bett käme, sei sie eingeschlafen. Ihre körperliche Nähe musste für ihn genauso schwierig sein, wie es für sie war, ständig in seinen Geruch eingehüllt zu sein. Es fiel ihr schwer, in seinem Bett zu liegen und sich keinen Fantasien über ihn hinzugeben.
»Du solltest längst schlafen«, sagte er unvermittelt, als er vor dem Bett stand.
Seine Schultern sahen breit aus, auf seinen Armen zeichneten sich klar und deutlich die Umrisse seiner Muskeln ab, und in der Dunkelheit konnte sie den grässlichen Namen nicht sehen, der in seine Brust geritzt war. Sein Anblick war atemberaubend. Ihr Puls beschleunigte sich. »Du auch.«
Er blieb einen Moment lang stehen und sah einfach nur auf sie hinunter, wobei er beinah zaghaft wirkte. »Du hast doch heute deine Vitamine genommen, nicht wahr?«
Er schlüpfte neben ihr ins Bett, nicht unter die Decke, sondern darauf, um ihr eine gewisse Intimsphäre zu gestatten, aber keine wirkliche Erlösung von dem sexuellen Verlangen, das seine Krallen in sie schlug. Für einen kurzen Augenblick fiel der Mondschein auf ihn, und seine Augen schimmerten silbern und so eiskalt und bar jeglichen Gefühls, als hätte er sich von ihr zurückgezogen.
»Du hast wieder in diesem Buch gelesen, stimmt’s?«, fragte sie vorwurfsvoll.
»Es ist ein gutes Buch und sehr informativ, insbesondere mit all den neuen Ergänzungen. Ich glaube, wir sollten versuchen, ein Buch zu finden, in dem es ausdrücklich darum geht, Zwillinge auszutragen.«
»Du bist unglaublich boshaft. Du weißt doch, dass ich nicht einmal an Zwillinge denken will. Jedes Mal, wenn du es erwähnst – und deinen Bruder hast du dazu gebracht, es auch zu tun –, bekomme ich Bauchschmerzen.«
Seine Augen lachten. Sie lachten tatsächlich. Briony stockte der Atem. Wie konnten Augen, die so ausdruckslos und kalt und bar jeglichen Gefühls waren, von einem Moment zum nächsten strahlen, hell und warm, und mit derart zügelloser Leidenschaft über sie gleiten?
»Jack.« Sie sprach seinen Namen aus und hörte selbst, wie wehmütig ihre Stimme klang.
Er hörte es auch. Sie beobachtete den Wandel, der sich auf seinem Gesicht vollzog. Es wurde hart, es wurde ausdruckslos, der Glanz verschwand. Er ließ sich dicht neben ihr wieder auf die Matratze sinken, und sie fühlte, dass sein Körper bebte.
»Briony.« Jacks Stimme klang gepresst, vielleicht eine Spur zu heiser, aber keineswegs teilnahmslos oder ungezwungen – nicht, wenn er einen letzten Versuch unternahm, das Richtige zu tun. »Ich will, dass du mich ausreden lässt und mir ausnahmsweise gut zuhörst.«
Ihre Hand fand seine in der Dunkelheit. Trost? Ein Angebot? Furcht? Er wusste es nicht, da er sich ihr nicht öffnete. Das konnte er sich gar nicht leisten, denn das, was er ihr zu sagen hatte, würde sie vertreiben. Es wäre ihm unerträglich gewesen, ihr Grauen vor ihm zu fühlen, ihren
Ekel vor ihm – Ekel vor dem Ungeheuer, das er in Wirklichkeit war. Ihre
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