Schattenschwestern - Feehan, C: Schattenschwestern - Conspiracy Game
nicht so wie alle anderen sein kann. Niemand sonst hätte gewusst, dass ich so lange unter Wasser bleiben kann, nicht einmal meine Brüder. Warum? Was bin ich? Was bist du?«
3
JACKS BLICKE STREIFTEN unruhig durch den Wald. »Wir müssen in Bewegung bleiben. Die Rebellen suchen mich, und sie werden ihre Suche nicht aufgeben.«
»Antworte mir«, beharrte Briony. Er wankte auf den Füßen und merkte es nicht einmal. Der Mann würde zusammenbrechen, und es war ganz ausgeschlossen, dass sie ihn einfach liegen ließ. Ihn sterben ließ.
»Schattengänger sind körperlich weiterentwickelt, und ihre Sinneswahrnehmungen sind gesteigert.«
Ihr Herz pochte heftig. »Wie ist es dazu gekommen?«
Jack machte einen Schritt, und seine Beine gaben unter ihm nach. Briony fing ihn auf, bevor er auf den Boden fiel. Er versuchte sie fortzustoßen. »Lauf weiter. Bleib ständig in Bewegung. Schlage einen Bogen durch den Wald, bis du den Stadtrand erreicht hast. Sie werden Ausschau halten. Bewege dich auf den Bäumen voran, wenn es sein muss, aber verschwinde von hier.«
»Ach, halt den Mund.«
Belustigung schlich sich in seine Augen. »Ich glaube nicht, dass mir schon mal jemand gesagt hat, ich solle den Mund halten.« Sein Arm legte sich um ihre Schultern, und ein Finger strich ihr die nassen Haarsträhnen hinter das Ohr.
»Ich habe einen ganzen Schwung Brüder. Lass es dir also nicht zu Kopf steigen. Warum sind Männer eigentlich
solche Idioten?« Als ob sie ihn jetzt im Stich lassen könnte. Ihre Brüder hätten genau dasselbe zu ihr gesagt. Sie blies sich die Haare aus den Augen und sah sich um. Jack war ein stämmiger Mann. Er hatte zu viel Blut verloren, und seine Haut war glühend heiß, ein klarer Hinweis darauf, dass er Fieber hatte. »Okay, du Macho, du wirst dich jetzt auf mich stützen, und dann werden wir uns auf den Rückweg zur Stadt machen. Und vergeude deine Energie nicht darauf, Einwände zu erheben. Tu einfach, was ich sage.«
Ihr schwirrte der Kopf angesichts der Möglichkeiten, die sich ihr plötzlich eröffneten. Konnte es sein, dass sie körperlich weiterentwickelt und ihre Sinneswahrnehmungen gesteigert worden waren? Irgendwie war das einleuchtender als die Vorstellung, sie sei von Geburt an anders gewesen als ihre Mitmenschen. Sie konnte schneller rennen, höher springen, länger unter Wasser bleiben und Dinge tun, die kein anderer tun konnte, dem sie je begegnet war. Aber wie war es dazu gekommen? Und wann? Für all die Besuche bei ihrem ganz speziellen Arzt, den sie verabscheute und doch stets aufgesucht hatte, weil ihre Eltern immer darauf bestanden hatten, begann sich plötzlich eine Erklärung abzuzeichnen.
Sie schlang Jack einen Arm um die Taille und lud sich den größten Teil seines Gewichts auf. Wenn sie nicht genetisch weiterentwickelt gewesen wäre, wie hätte sie dann einen Mann von seiner Größe mehr oder weniger tragen können? Er wog das Doppelte von ihr. »Wie sind wir weiterentwickelt worden?«
»Durch Dr. Whitney.«
Ihr Mund wurde trocken. Diesen Namen kannte sie. Sie wusste, dass er derjenige war, der sie zur Adoption freigegeben
und die einzelnen Schritte ihrer Ausbildung festgelegt hatte und ihr ganzes Leben lang für ihre ärztliche Versorgung und die ihrer Familie aufgekommen war. Ihr leiblicher Vater? War er überhaupt ihr Vater gewesen? Was war sie? Eine Art monströses Experiment?
Weitere Fragen schossen ihr durch den Kopf. Warum waren sie beide hier in Kinshasa? War es reiner Zufall, dass Jack und ihr Bruder Jebediah gemeinsam beim Militär gedient hatten? Wie hoch war die Wahrscheinlichkeit, dass sie alle in Afrika zusammentrafen, insbesondere, wenn man bedachte, dass jemand eine astronomische Summe dafür hingeblättert hatte, dass sie hergekommen waren?
Briony riskierte einen schnellen Blick auf Jacks Gesicht. Seine Züge waren von Schmerz und Leid verheert, und doch sah er gut aus, hatte ein maskulines, scharf geschnittenes Gesicht. Es schien aus Stein gemeißelt zu sein, nicht aus Fleisch und Blut, sondern hart und verwittert, während es dennoch seine Attraktivität beibehalten hatte. Er hielt seinen Blick nach vorn gerichtet und lief mit gleichmäßigen Schritten, doch er stützte sich zunehmend schwerer auf sie. Der langsame Blutverlust forderte in Verbindung mit der Erschöpfung und den entsetzlichen Wunden seinen Tribut. »Lauf weiter. Setz immer schön einen Fuß vor den anderen.« Je näher sie der Stadt kamen und je kürzer die Strecke wurde, auf der sie ihn
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