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Schattenschwingen Bd. 1 Schattenschwingen

Schattenschwingen Bd. 1 Schattenschwingen

Titel: Schattenschwingen Bd. 1 Schattenschwingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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Freundschaft zunutze machte - ganz egal, wie sehr Sam mich anzog.
    Dafür gelang es meiner Mutter, einen Blick auf unseren Besucher zu werfen, als sie ihm die Tür öffnete - wenn auch nur einen ganz kurzen. Denn Rufus stürzte bereits wie ein Irrer die Treppe hinunter, um seinen neuen Freund so schnell wie möglich abzufangen. Bevor meine Mutter auf die Idee kommen konnte, Sam reinzubitten, schlug Rufus auch schon die Eingangstür hinter sich zu. Ich bekam nicht mal Sams Stimme zu hören. Eigentlich hatte ich im Stillen gehofft, dass Rufus ein bisschen auf sich warten lassen würde. Als Reza mein enttäuschtes Gesicht sah, schenkte sie mir ein spitzbübisches Lächeln, bei dem sich die Fältchen um ihre Augen vertieften und das sie sehr nett aussehen ließ.
    »Das war also der berühmte Sääääm. Nicht viel dran an dem Jungen, der sollte mal ordentlich bemuttert werden.« Kaum waren die Worte draußen, biss sie sich auf die Unterlippe.
    An diesem Nachmittag dachte ich einfach, dass sie es für ebenso unpassend wie ich hielt, Witze über Sam und seinen altmodischen Namen zu machen. Samuel - der von Gott Erbetene. Das erbetene Kind. Auf die Idee, dass der mitleidige Ausdruck in ihrem Gesicht mit etwas anderem zu tun haben könnte, kam ich nicht. Es brauchte deutlichere Worte, bis ich verstand, dass Sams Leben nicht halb so strahlend war wie die Aura, die ihn umgab. Ehrlich gesagt, konnte ich es selbst dann noch kaum begreifen, als mein Vater es am Abend ziemlich deutlich auf den Punkt brachte.
    Mein Vater war einfach wundervoll, in so ziemlich jeder Hinsicht. Ein richtiger Baum, tief verwurzelt in der Erde, dem weder Unwetter noch Trockenheit etwas anhaben konnten. Er war Segler mit Leib und Seele - einer der Hauptgründe, warum wir nach St. Martin gezogen waren, obwohl es eine etwas dröge Kleinstadt war. Gut, sein Job als Meeresbiologe an der kleinen ortsansässigen Uni hatte sicherlich auch etwas damit zu tun. Seine Leidenschaft für das Meer sah man Daniel jedenfalls an: Er war kräftig gebaut, stets braun gebrannt und obwohl ihm von seiner einstigen Lockenpracht lediglich ein Silberkranz geblieben war, sah er trotz seiner fünfzig Jahre gut aus.
    Während beim Abendessen der Brotkorb herumgereicht wurde, erzählte Rufus vom Thaiboxen-Training, von dem er recht spät zurückgekommen war. Schließlich erwähnte er nebenbei, dass er sich für Samstagabend mit Sam und noch ein paar anderen Jungen aus ihrem Jahrgang verabredet hatte. »Kein großes Ding, nur Rumhängen, Filme gucken. Wir wollen anschließend nicht einmal losziehen.«
    Meine Eltern und ich blickten gleichzeitig auf. Ich, weil Sams Name gefallen war, und meine Eltern, weil Rufus freiwillig an einem Wochenende nicht groß ausgehen wollte. Eigentlich sah er in den letzten Monaten nämlich eher zu, dass er die Abende auf Partys verbrachte, wo es ordentlich zur Sache ging - wenn man dem Schultratsch Glauben schenken durfte.
    Mein Vater räusperte sich. »Du willst dich tatsächlich mit Jonas Bristols Jungen treffen? Hältst du das für eine gute Idee?«
    Rufus wurde schlagartig rot im Gesicht, doch noch schneller setzte er eine trotzige Miene auf. »Was hat denn Sams Vater damit zu tun, dass wir uns zum Filmgucken bei Luca treffen?«
    »Ganz einfach: Ich kenne Jonas Bristol vom Hafen, er arbeitet dort gelegentlich. Du bist ihm dort doch auch schon über den Weg gelaufen, oder?«
    Bei dieser Anspielung schluckte Rufus deutlich, als wäre die Erinnerung alles andere als angenehm.
    »Jonas Bristol ist ein Säufer und ein Schläger«, fuhr mein Vater fort, »wobei ich nicht sagen kann, welche dieser beiden Unarten bei ihm ausgeprägter ist. Es ist fast so, als würde er nur darauf warten, dass ihm endlich mal einer begegnet, der nicht nur stärker ist als er, sondern auch noch rücksichtsloser. Ich würde es diesem Mistkerl fast wünschen.«
    Rufus gab ein wütendes Schnaufen von sich. »Und was kann Sam dafür, dass sein Vater so ein mieser Penner ist? Er wohnt ja nicht einmal mehr bei ihm, sondern bei seiner älteren Schwester Sina.«
    Ich begriff kaum, worüber die beiden sprachen, obwohl mir auch schon die eine oder andere Geschichte über diesen gewalttätigen Menschen namens Jonas Bristol zu Ohren gekommen war. Es hieß, seine Frau hätte sich mitten in der Nacht davongemacht, während er seinen Rausch ausschlief. Grün und blau geschlagen hätte er sie. Sie wäre im Nachthemd weggelaufen, jemand hatte sie an der Bushaltestelle gesehen. Ihre kleinen

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