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Schattensturm

Schattensturm

Titel: Schattensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Saumweber
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sich zur Bürotür des Kardinals und trat nach kurzem Klopfen ein.
    Matthäus’ Arbeitszimmer war geschmackvoll eingerichtet, mit holzgetäfelten Wänden, Möbeln aus Mahagoni und weich gepolsterten Ledersesseln. Aus den hinter großen Zimmerpflanzen versteckten Lautsprechern quoll gedämpft gregorianische Kirchenmusik, die zu den weniger anrüchigen Leidenschaften des höchsten Inquisitors gehörte. Auf seinem Schreibtisch standen Tastatur und Flachbildschirm des darunter verborgenen Rechners, eine Telefonanlage sowie ein Stapel Papiere. Es wirkte unaufgeräumter als sonst.
    Kardinal Matthäus war ein Mann Anfang Sechzig, mit kantigem, glatt rasiertem Gesicht und ernst gescheiteltem grauen Haar. Er trug eine schwarze Anzugshose mit einem weißen Hemd. Die purpurne Krawatte um seinen Hals war der einzige Hinweis auf seine Zugehörigkeit zur Inquisition.
    »Christopher.« Der Kardinal stand auf, trat ihm entgegen und reichte ihm die Hand.
    »Eure Eminenz«, erwiderte Christopher, nachdem er sich über den Kardinalsring gebeugt hatte.
    »Setz dich, Christopher.« Matthäus ging zurück hinter seinen Schreibtisch und ließ sich in den Sessel sinken. »Kann ich dir etwas zu trinken anbieten?«
    »Danke.« Er schüttelte den Kopf und setzte sich ebenfalls.
    Der Kardinal ließ sich über die Sprechanlage ein Wasser kommen. Sie schwiegen, bis einer der Zwillinge Glas und Flasche auf dem Schreibtisch abgestellt hatte und wieder gegangen war.
    »Nun, Christopher«, fragte Matthäus, als sich die Tür hinter dem Agenten geschlossen hatte, »wie ist es dir ergangen? Wir haben lange nicht mehr gesprochen. Deinen Bericht aus dem Kosovo habe ich gelesen. Was ist mit Maria?«
    »Sie hat sich noch nicht zurückgemeldet?« Er ließ sich nichts anmerken, aber tatsächlich traf ihn die Nachricht mehr, als er erwartet hätte.
    »Nein. Meine Berichte sagen, dass sie kurz in Trondheim gesehen wurde, offenbar, um sich mit dir zu treffen, aber seitdem ist sie verschwunden.«
    Christopher nickte.
    Maria hätte nicht in Norwegen auftauchen dürfen. Ihr Auftrag war es gewesen, die Mission auf dem Kosovo abzuschließen und sich dann direkt bei einem Kontaktmann in Rom zurückzumelden. Der Kosovo war beinahe abgeschlossen gewesen, sie hatten das Netzwerk der Schatten nahezu vollständig analysiert und waren bereit gewesen, sie zu eliminieren. Eine Aufgabe, die Maria auch selbstständig hätte lösen können. Niemand wusste, ob sie das getan hatte. Sie war seit ihrem Besuch in Norwegen verschwunden.
    »Wenn wir sie finden«, erklärte Matthäus, »muss sie zum Schweigen gebracht werden.«
    Christopher nickte noch einmal. Ihr Verschwinden war ein deutliches Anzeichen dafür, dass sie den Konzern verraten hatte. Es gab nur eine Strafe für Verräter der Inquisition.
    »Erzähle mir mehr über Norwegen.«
    »Otta war ein Fehlschlag«, begann Christopher ohne Umschweife.»Die drei anderen Aufträge habe ich, soweit es mir möglich war, ausgeführt.«
    »Dieser Heidenpriester lebt also noch immer?«
    »Ja, Eure Eminenz. Der Keltenkult ist dort so weit fortgeschritten, dass er nicht mehr durch den Tod einer Einzelperson zu stoppen ist – im Gegenteil: Der Priester ist so angesehen, dass er zum Märtyrer wird, wenn er bei einem Anschlag ums Leben kommen würde. Einen Unfall vorzutäuschen hätte mehr Zeit in Anspruch genommen, als ich zur Verfügung hatte.«
    »Ja …« Matthäus nickte nachdenklich, während er seine Lesebrille aus einer Schublade zog und sie bereit legte. »Und was ist mit dem Rest?«
    Christopher ließ sich seine Überraschung nicht anmerken. Eigentlich hätte er nicht erwartet, so glimpflich davonzukommen. Er hatte zwar bisher noch nie versagt, aber er kannte Geschichten von anderen Inquisitoren. Eine Züchtigung war das
Mindeste,
womit er gerechnet hätte. Doch Matthäus’ Gedanken waren woanders, bei den Städten, der zweiten Hälfte seiner Mission.
    »Die Städte«, fuhr er in seinem Bericht fort, »sind Pulverfässer, denen nur noch ein kleiner Funken zum Ausbruch fehlt. Bergen steht ein Krieg zwischen Renegaten und Schatten bevor. Hamburg erhält Menschentransporte aus Afrika. Berlin befindet sich am Rande eines Volksaufstandes.«
    Nach einer kurzen Pause setzte Matthäus die Brille auf und ergriff Schreibblock und Papier. »Erzähl mir mehr davon.«
    »Vor Bergen wurde letzte Woche ein gesunkener Frachter aus dem Sund gezogen, bis an den Rand gefüllt mit ertrunkenen Illegalen aus Somalia. Ich habe die Sache ein wenig

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