Schattenwandler: Kane (German Edition)
zurück. Deine Bestrafung folgt später.“
„Aber ich habe nichts getan“, protestierte Kane, getrieben von plötzlicher Furcht.
„Aber du hättest etwas getan, Kane. Mach es nicht noch schlimmer, indem du dich selbst belügst. Schieb nicht mir die Rolle des Bösewichts in die Schuhe, wie die anderen es so gern tun. Das macht es für uns beide nur noch schmerzlicher.“
Kane sah ein, dass Jacob recht hatte, und eine neue Woge von Schuldbewusstsein überkam ihn.
Mit einem entschlossenen Seufzer schloss er die Augen und konzentrierte sich.
Schon kam der Begleiter des Rotschopfs wieder über die Straße getrottet und rief lächelnd nach ihr.
„Hey, wo warst du denn? Als ich um die Ecke gebogen bin, warst du plötzlich weg.“
„Tut mir leid, Charlie, ich war abgelenkt und habe nicht gemerkt, dass du weitergegangen bist.“
Charlie hakte sich bei seiner Freundin unter, begann wieder von dem dämlichen Film zu erzählen, auf den er sich so freute, und zog sie mit sich. Die beiden Dämonen, die nur wenige Zentimeter von ihm entfernt standen, nahm er nicht wahr. Sein Geschwätz reizte Kane, und dass er sie mit diesem Mann einfach so davonziehen lassen musste, brachte sein Blut in Wallung. Aber was blieb ihm anderes übrig? Sie war tabu für ihn, und falls er versuchen würde, etwas zu tun, würde Jacob ihn aufhalten. Gütiges Schicksal, ein Kampf mit dem Vollstrecker? Selbst der uralte Gideon hätte Kanes mächtigem Bruder nichts entgegenzusetzen.
„Gut“, lobte Jacob. Er hatte ja keine Ahnung, wie viel Überwindung es Kane kostete, hierzubleiben und sie in die gefahrvolle Nacht ziehen zu lassen mit ihrem lächerlichen Gefährten, der nicht mal ansatzweise begriff, wie wundervoll sie eigentlich war.
Kane seufzte. Wie unerfreulich sich alles entwickelt hatte. Er befand sich in einer fatalen Lage und musste auch noch die Frau einem Blödmann überlassen, der sie nicht zu schätzen wusste, der nicht ahnte, welche wunderbaren, qualvollen Gefühle ihre bloße Gegenwart in einem männlichen Wesen zu wecken imstande war.
„Sie ist so wunderschön. Hast du ihr Lächeln bemerkt? Ich wollte sie doch nur lächeln sehen, bis …“ Kane warf einen Blick auf den Vollstrecker und wurde rot. Das hatte er eigentlich gar nicht laut aussprechen und seinem Bruder gestehen wollen –nicht aus Furcht vor den Konsequenzen, mit denen er nun ja sowieso rechnen musste, sondern weil er die Gefühle, die er für seine rothaarige menschliche Peinigerin empfand, nicht entweihen wollte. Sie gehörten nur ihm und gingen niemanden etwas an. „Jacob, ich hätte nie gedacht, dass mir so etwas passieren könnte. Du musst mir glauben.“
Jacob sollte nicht denken, dass Kane seinen geliebten Bruder absichtlich in diese schwierige Situation gebracht hatte.
„Ich glaube dir“, erwiderte Jacob nach einem kurzem Zögern, das Kane deutlich machte, wie hart er trotz seiner vorgeschützten Gleichgültigkeit innerlich kämpfte. „Mach dir keine Sorgen, Kane. Ich kenne dein wahres Wesen. Es ist für uns alle schwer, mit dem Fluch zu leben.“ Dann veränderte sich sein Tonfall und wurde wieder ganz sachlich. „Aber jetzt geh bitte nach Hause. Abram erwartet dich dort bereits.“
Kane schob die erneut aufwallende Angst weg, Jacob zuliebe, denn obwohl der Vollstrecker seine Gedanken vor ihm verbarg, wusste er, wie schmerzlich die Situation ihn traf. „Du musst deine Pflicht tun. Das verstehe ich, Jacob.“
Kane nickte dem Vollstrecker noch einmal brüderlich zu, vergewisserte sich dann, dass sie nicht beobachtete wurden, und teleportierte sich in einer Wolke aus Schwefel und Rauch von hier fort.
Es kostete ihn seine ganze Kraft, und er musste seine ganze Selbstbeherrschung aufbringen, um nicht von dem Weg abzuweichen, den Jacob ihm auferlegt hatte.
Kapitel 1
Er litt Höllenqualen.
Der Schmerz raste süß und qualvoll zugleich durch sein Blut, marterte seine Muskeln und machte seine Selbstbeherrschung fast vollständig zunichte. Kane unterdrückte ein Stöhnen, damit die anderen ihn nicht hörten, sank auf dem Stuhl vornüber und stützte die Ellbogen auf die Knie.
Unerträglich. Was für eine Katastrophe. Wenn sein Herz in dieser Geschwindigkeit weitertrommelte, würde er die kommenden Stunden nicht überleben.
Frieden , flüsterte es in seinem Kopf, du musst Frieden finden. Denk doch nach. Du bist an ihrer Seite. Du hättest es nie für möglich gehalten, dass es noch einmal so weit kommt. Du hast gedacht, du dürftest dich ihr nie
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