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Schattenwende

Schattenwende

Titel: Schattenwende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Seck
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sich zeigte: höchst brisanten – Neuigkeiten einzuholen und sich dann gezwungenermaßen für den Tag abzumelden. Bis nach Hause würde er es auf keinen Fall mehr schaffen, also würde er sich einen Unterschlupf suchen müssen. Dabei glitt sein Blick zufällig über den Zettel, den Daphne ihm in die Hand gedrückt hatte. Er griff danach.
    „113 S Central Ave“, las er und ließ den Wisch dann achtlos in die Ablage fallen. Der Stadtteil, in dem sie wohnte, war nah gelegen, viel näher als sein Haus. Dorthin hätte er noch mindestens dreißig Minuten Fahrt vor sich. Das würde er nie rechtzeitig schaffen.
    Zugegebenermaßen kannte er sich in South Los Angeles ziemlich gut aus. Er und seine Gruppe bevorzugten Nahrungsorte, an denen sie kein Aufsehen erregten, da die Leute mit ihren eigenen, in den meisten Fällen kriminellen Machenschaften beschäftigt waren. Doch er würde niemandem sonst raten, sich freiwillig dort aufzuhalten, denn South Central wimmelte nur so von Verbrechern, Zuhältern und Drogendealern.
    Reagan verzog keine Miene, als die heruntergekommenen Häuser an ihm vorbeiglitten. Es war noch früh und viele würden den Rausch der vergangenen Nacht noch ausschlafen müssen. So war es verhältnismäßig still und friedlich.
    Nach einer Weile bog er in die von Daphne angegebene Straße und erspähte ihr zerschrottetes Auto am Rande des Gehweges. Er stoppte den Hummer und ließ ihn einige Meter entfernt stehen, sodass er von ihrer Wohnung aus nicht zu sehen war. Seltsamerweise war seine Neugier geweckt.
    Der Sonnenaufgang kitzelte ihn schon unangenehm auf der Haut, darum beschleunigte er seinen lautlosen Schritt und umrundete ihre Wohnung. Die Minuten drängten und er duckte sich tiefer in den Schatten der Häuser, während er seine Sinne auf die Suche nach Daphne schickte.
    Vorhin hatte er nur schwach auf ihren Duft geachtet, da seine Gedanken ganz woanders gewesen waren. Aber nun nahm er ihn deutlich wahr und ein Ruck ging durch seinen Körper. Die süßliche Mischung aus Vanille und Zimt würde ihn direkt zu ihr führen.
    Reagan atmete ein und schlich geräuschlos zum gepflasterten Hinterhof. Die meisten Fensterläden waren noch geschlossen, nur einer im Erdgeschoss stand bereits offen. Das Schlafzimmer, wie er mit einem raschen Blick erkannte. Mit geübtem Handgriff hob er das Fenster an, hängte es aus den Angeln und öffnete es. Mit einem Satz sprang er auf die Fensterbank und landete von dort aus auf dem weichen Teppichboden, der seinen Aufprall abdämpfte.
    Daphnes Schlafzimmer war spärlich eingerichtet. Spärlich, aber mit einem gewissen Charme. Sie hatte aus dem Raum das herausgeholt, was unter den offensichtlich eher ärmlichen Voraussetzungen möglich gewesen war. Neben dem schmalen Holzbett befand sich noch eine Kommode im Zimmer, die nahe der Tür platziert war. In dergegenüberliegenden Ecke stand ein roter Sessel vor einem schmalen Bücherregal, das fast schon unter der Last der Bücher, die es zu tragen hatte, zusammenbrach. Die Wände waren in einem Bordeauxrot gestrichen und verliehen dem Raum eine warme Atmosphäre. An den Wänden hingen ein paar lang gezogene schwarz-weiße Zeichnungen von verschiedenen Menschen, die Reagan nicht kannte. Nicht, dass er ein ausgesprochener Kunstliebhaber gewesen wäre, aber wenn man schon so lange lebte wie er, kannte man zwangsläufig viele Künstler und ihre Werke. Vielleicht hatte sie diese hier selbst gemalt?
    Reagan hatte keine Zeit, sich die Bilder eingehender anzusehen, denn in diesem Moment zog ein kaum wahrnehmbares Geräusch seine Aufmerksamkeit auf sich. Leise stahl er sich näher zur angelehnten Tür heran und öffnete sie mit einem Ruck.
    Im ersten Moment entging ihm die eingerollte Gestalt beinah, die sich im Flur vor der Haustür zusammengekauert hatte. Doch als Reagan die Umrisse der zierlichen Frau ausmachte, stockte ihm der Atem. Lange schwarze Locken umschmeichelten ihren Körper und sie verschmolz mit der Finsternis ihrer fast völlig verdunkelten Wohnung. Auf den ersten Blick war Daphne vielleicht keine klassische Schönheit, doch jetzt wunderte Reagan sich, wie er diese verletzliche Anmut vorhin hatte übersehen können.
    Vorsichtig näherte er sich. Sie bemerkte ihn nicht, denn ihr Gesicht war gesenkt. Ihre Arme hatte sie um sich geschlungen und ein jämmerliches Schluchzen zerriss ihre Brust.
    Reagan fragte sich, wer ihr wehgetan haben mochte, und ein heißer Zorn übermannte ihn bei diesem Gedanken. Es geschah so schnell und so

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