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Schau Dich Nicht Um

Titel: Schau Dich Nicht Um Kostenlos Bücher Online Lesen
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Gott, o Gott.
    »Wie bist du überhaupt hier hereingekommen?« fragte sie und wußte selbst nicht, woher ihre Stimme kam. Es schien ihr, als sei ihre Stimme etwas von ihr Losgelöstes, etwas, das sich von ihr abgetrennt hatte und nun in freier Form im Raum schwebte.
    »Das Schloß, das ich nicht aufkriege, ist noch nicht erfunden«, sagte er und lachte wieder, offensichtlich zufrieden mit der Entwicklung der Dinge. »Und die Frau, in die ich nicht reinkomme, ist auch noch nicht erfunden«, fügte er grinsend hinzu. Er spannte den Hahn des Revolvers. »Also, du hast dreißig Sekunden Zeit, dich auszuziehen und aufs Bett zu legen.«
    Jess sagte nichts mehr. Ihre Kehle war plötzlich so trocken, daß ihre Stimmbänder ihr den Dienst versagten.
    Irgendwo neben sich hörte sie das Ticken ihres Weckers. Es klang wie das Ticken einer Zeitbombe, die jeden Moment losgehen konnte. So endet es also, dachte sie, unfähig zu schlucken, zu atmen, gelähmt von Angst und Schrecken.
    Wie würde es sein? Würde ein weißes Licht aufflammen, würde ein Gefühl des Wohlbefindens und des Friedens sie überkommen, wie das häufig von denen berichtet wurde, die behaupteten, tot gewesen und zurückgekehrt zu sein? Oder würde Schwärze sie einhüllen? Das Nichts? Würde sie einfach aufhören zu sein? Würde sie, wenn alles vorbei war, sich allein finden, oder würden ihre Lieben dasein, sie zu empfangen? Sie dachte an ihre Mutter. Würde sie sie endlich wiedersehen dürfen, endlich erfahren, was für ein Schicksal ihr widerfahren war? War es für sie auch so gewesen? Mein Gott, dachte Jess, und ihre Brust tat ihr so weh, als wollte sie bersten, hat sie vor ihrem Tod den gleichen Schmerz und den gleichen Schrecken erlebt? Hat sie das durchmachen müssen?
    Sie fragte sich, wie es ihren Vater und ihre Schwester treffen würde.
    Wenn sie nichts von ihr hörten, sie nicht erreichen konnten,
würde Barry ihnen wahrscheinlich versichern, Jess schäme sich einfach zu sehr, um sich zu melden; sie habe wahrscheinlich ein paar Tage freigenommen und sei weggefahren; sie sei viel zu egozentrisch, um sich klarzumachen, daß sie ihnen damit weh tat; sie wolle sie auf einer unbewußten Ebene vielleicht sogar bestrafen. Es würde Tage dauern, ehe sie ihr Verschwinden ernst nehmen, die Polizei alarmieren, ihre Wohnung durchsuchen lassen würden. In ihrer Wohnung würde man unübersehbare Spuren eines Kampfes finden. Man würde das Blut auf ihrer Bettdecke analysieren und feststellen, daß es von ihr stammte. Nichts würde auf gewaltsames Eindringen in ihre Wohnung hindeuten. Man würde keine Fingerabdrücke finden. Don würde den Verdacht auf Adam lenken. Bis endlich alles geklärt war, würde Rick Ferguson über alle Berge sein.
    »Ich möcht’s dir nicht noch mal sagen müssen«, sagte Rick Ferguson.
    Jess holte einmal tief Atem, dann zog sie sich ihren Pullover über den Kopf. Die kleinen Härchen auf ihren Armen sträubten sich protestierend. Ihre Haut begann zu brennen, als hätte sie Fetzen von ihr zusammen mit dem Pullover heruntergezogen, als hätte man sie bei lebendigem Leib gehäutet. Der Pullover fiel zu Boden.
    »Hübsch, hübsch«, sagte er. »Ich hab immer ’ne Schwäche für schwarze Spitze gehabt.« Er wies mit der Pistole auf ihre Hose. »Jetzt den Rest.«
    Jess beobachtete den Fortgang der Szene wie aus großer Distanz. Wieder erinnerte sie sich der Erfahrungen derer, die behaupteten, tot gewesen und ins Leben zurückgekehrt zu sein. Berichteten sie nicht alle, sie hätten ihren leiblichen Körper verlassen und seien zur Decke hinaufgeschwebt, um von dort aus zu beobachten, was sich ereignete? Vielleicht ging das ihr jetzt genauso. Vielleicht war sie gar nicht aus dem Wohnzimmer geflohen. Vielleicht hatte der Draht ihren Hals durchschnitten und sie getötet. Vielleicht war sie längst tot.

    Oder vielleicht habe ich doch noch Zeit, mich zu retten, dachte sie, als ein plötzlicher Adrenalinschub sie aus ihren morbiden Überlegungen riß und sie überzeugte, daß sie noch am Leben war, daß sie vielleicht doch noch etwas tun konnte. Nutzt alles als Waffe, was ihr zur Hand habt, hörte sie Dominic sagen, während ihre Finger sich um den Bund ihrer langen Hose schlossen. Was denn zum Beispiel? dachte sie verzweifelt. Meinen Büstenhalter vielleicht? Sollte sie versuchen, den Mann mit ihrem Spitzenbüstenhalter zu erdrosseln? Oder ihn in Kaschmir zu ersticken?
    Wie wär’s mit den Schuhen? überlegte sie und nahm langsam die Hände von ihrer

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