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Schau Dich Nicht Um

Titel: Schau Dich Nicht Um Kostenlos Bücher Online Lesen
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Anstrengung beinahe zusammengebrochen. Noch immer fühlte sie schmerzhaft den Draht um ihren Hals, der sich immer tiefer in ihr Fleisch einzufressen schien, als sei er ein Teil von ihr geworden, obwohl er gar nicht mehr da war. Sie hatte das Gefühl, in der Schlinge eines Henkers zu hängen, sie hatte das Gefühl, daß jeden Moment ihr Genick brechen würde.
    Plötzlich hörte sie ihn stöhnen, drehte sich herum, sah ihn benommen auf dem Boden liegen, sah die schwarzen spitzen Stiefel, die engen Jeans, das dunkle T-Shirt, die braunen Autohandschuhe, die seine großen Hände umhüllten, das lange schmutzige Haar, das ihm in Strähnen über dem Gesicht lag und alles verbarg außer dem schrecklichen Grinsen.
    Ich bin der Tod, sagte dieses Grinsen selbst jetzt noch. Ich bin gekommen, dich zu holen.
    Rick Ferguson.
    Sie schrie unwillkürlich auf. Hatte sie ernstlich geglaubt, er werde brav und folgsam in ein Flugzeug nach Kalifornien steigen und aus ihrem Leben verschwinden? War dieser Abend nicht vom Moment ihrer ersten Begegnung vor mehreren Monaten an unvermeidlich gewesen?
    Ein Wirrwarr von Bildern überflutete ihr Gehirn, während sie zusah, wie er sich mühte, wieder auf die Beine zu kommen - Adlerklauen,
Hammerfäuste, Schleudergriffe. Dann fiel ihr die Grundregel ein - abhauen, solange es möglich ist. Vergiß alle Heldentaten und lauf. Das ist für Frauen meistens die beste Hilfe.
    Aber Rick Ferguson war schon wieder auf den Beinen und kam auf sie zu. Er versperrte ihr den Weg zur Wohnungstür. Schrei! befahl ihre innere Stimme. Schrei, verdammt noch mal! »Hohh!« brüllte sie und sah, wie er, einen Moment lang erschrocken, zusammenzuckte. »Hohh!« brüllte sie wieder, noch lauter diesmal, und dachte an den Revolver, der in ihrem Nachttisch lag, überlegte, ob sie versuchen sollte, ihn zu holen, während sie den Blick auf der Suche nach einer Waffe durch das dunkle Zimmer schweifen ließ.
    Aber ihr Gebrüll hatte die falsche Wirkung. Es schien Rick Ferguson erst wieder lebendig zu machen. Sein gemeines Grinsen explodierte in ein lautes Lachen. »Es geht nichts über einen guten Kampf«, sagte er.
    »Bleiben Sie ja weg«, warnte sie.
    »Connie war keine richtige Gegnerin. Die ist einfach zusammengeklappt und krepiert. Nicht die Bohne Spaß. Ganz anders als bei dir«, sagte er zu ihr. »Dich umzubringen, wird die reine Freude.«
    »Gleichfalls«, sagte Jess, bückte sich blitzschnell, packte den leeren Vogelkäfig und schleuderte ihn Rick Ferguson an den Kopf. Volltreffer, sah sie. Aus der Wunde in seiner Stirn rann Blut über sein Gesicht. Sie machte auf dem Absatz kehrt und rannte aus dem Zimmer.
    Wohin wollte sie? Was wollte sie tun, wenn sie dort war?
    Nie war ihr der Weg zu ihrem Schlafzimmer so weit erschienen. Sie raste durch den Flur und hörte, daß er nur Schritte hinter ihr war. Sie mußte sich ihren Revolver holen. Sie mußte den Revolver in die Hand bekommen, ehe er sie von neuem angreifen konnte. Und sie mußte ihn gebrauchen. Sie mußte schießen.
    Sie stürzte zu dem kleinen Nachttisch, riß die oberste Schublade auf, wühlte verzweifelt nach der Waffe. Sie war nicht da. »Gottverdammich,
wo bist du?« schrie sie und kippte den Inhalt der Schublade auf den Boden.
    Die Matratze! dachte sie und fiel auf die Knie, um unter die Matratze zu greifen, obwohl sie sich deutlich erinnerte, daß Don sie ermahnt hatte, die Waffe dort nicht zu verstecken. Aber es konnte ja sein, daß sie sich täuschte. Es konnte ja sein, daß sie die Waffe doch unter der Matratze gelassen hatte.
    Aber dort war sie auch nicht. Verdammt noch mal, wo war sie?
    »Suchst du vielleicht das hier?« Rick Ferguson stand an der Tür und ließ den Revolver an einem behandschuhten Finger baumeln.
    Ganz langsam stand Jess auf. Ihre Knie zitterten. Er richtete den Revolver direkt auf ihren Kopf. Ihr Herz raste; in ihren Ohren dröhnte es; die Tränen liefen ihr über das Gesicht. Wenn sie doch nur einen klaren Gedanken fassen könnte! Wenn sie doch nur machen könnte, daß ihre Knie zu zittern aufhörten...
    »Nett von dir, mich in dein Schlafzimmer einzuladen«, sagte er und ging langsam auf sie zu. »Wo du deine Höschen aufbewahrst, weiß ich natürlich schon.«
    »Mach sofort,’ daß du hier rauskommst!« schrie Jess ihn an, wütend bei der Erinnerung an ihre zerrissene Unterwäsche, entsetzt beim Anblick ihres Bluts auf der weißen Bettdecke.
    Er lachte. »Du bist echt eine freche Kröte, was? Ehrlich, ich bewundere deinen Mumm.

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